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SCHWARZE LÖCHER
Beim Essen sind sie alle gleich
von Stefan Deiters
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19. Juni 2008

Die massereichsten Schwarzen Löcher scheinen sich beim Verschlingen von Gas aus ihrer Umgebung genauso zu verhalten, wie ihre deutlich masseärmeren Brüder. Dies ergaben nun neue Beobachtungen des NASA-Röntgenteleskops Chandra und von erdgebundenen Teleskopen. Der Fund gilt auch als Bestätigung von Aussagen, die aus Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie über Schwarze Löcher abgeleitet werden können.

M81

Die Galaxie M81 in einem Bild, das aus Beobachtungen in diversen Wellenlängenbereichen zusammengestellt wurde. Daten von Chandra (Röntgenbereich) erscheinen blau, von Hubble (sichtbares Licht) grün, von Spitzer (Infrarot) rosa und von GALEX (ultraviolett) lila. Der Ausschnitt zeigt eine Vergrößerung des Zentrums im Röntgenbereich. Bild: NASA / CXC / Wisconsin / D.Pooley & CfA / A.Zezas (Röntgen);  NASA / ESA / CfA / A.Zezas (optisch); NASA / JPL-Caltech / CfA / J.Huchra et al. (UV); NASA / JPL-Caltech / CfA (IR)  [Großansicht]

Der jetzt vorgelegte Vergleich der "Tischmanieren" von supermassereichen und stellaren Schwarzen Löchern basiert auf einer umfangreichen Beobachtungskampagne des Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie M81 in rund zwölf Millionen Lichtjahren Entfernung. Das dortige Schwarze Loch hat etwa die 70 Millionen-fache Masse der Sonne und zieht durch seine enorme Anziehungskraft Gas mit hoher Geschwindigkeit ins Innere der Galaxie. Das Gas wird dabei aufgeheizt und sendet Strahlung aus, die etwa mit dem Röntgenteleskop Chandra beobachtet werden kann.

Im Gegensatz zu diesem supermassereichen Schwarzen Loch bringen es die stellaren Schwarzen Löcher nur auf eine Masse von um die zehn Sonnenmassen. Diese Schwarzen Löcher "ernähren" sich, indem sie Gas von einem nahen Begleitstern absaugen. So unterscheiden sich sowohl die Umgebungsbedingungen dieser beiden Schwarzen Loch-Typen als auch der Ursprung des Materials, das die Schwarzen Löcher verschlingen. Die Frage, die sich die Wissenschaftler nun stellten, war, ob beiden Typen trotzdem das Material auf die gleiche Weise aufnehmen, ihr sogenanntes Akkretionsverhalten also identisch ist.

Um darauf eine Antwort zu finden, nutzte das Forscherteam detaillierte neue Beobachtungen sowie ein theoretisches Model und verglich die Eigenschaften des Schwarzen Lochs in M81 mit denen von stellaren Schwarzen Löchern. Das Ergebnis: Unabhängig von der Größe des Schwarzen Lochs scheinen die Objekte auf die gleiche Weise Material zu verschlingen und dabei auch eine ähnliche Verteilung von Strahlung im optischen, Röntgen- und Radiobereich auszusenden.

Dies passt gut zu Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie, nach der Schwarze Löcher im Grunde genommen recht einfache Objekte sein sollten, deren Auswirkungen auf die umgebende Raumzeit nur durch ihre Masse und ihre Drehrichtung bestimmt werden. Dieses Prinzip scheint sich also auch trotz großer Unterschiede in der Umgebung und komplizierter Umweltbedingungen zu bewahrheiten.

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"Das bestätigt, dass das Verhalten von Schwarzen Löchern bei der Aufnahme von Material sehr ähnlich sein kann, unabhängig von der Größe der Schwarzen Löcher", erläutert Sera Markoff von Astronomischen Institut der Universität von Amsterdam, die die Studie leitete. "Wir haben immer erwartet, dass das ist, konnten das aber bislang nicht wirklich nachweisen."

Das Modell von Markoff und ihren Kollegen geht davon aus, dass Material, das in einer dünnen Scheibe um das Schwarze Loch kreist, hauptsächlich Röntgenstrahlung und Strahlung im sichtbaren Bereich des Lichtes aussendet. Ein Bereich mit heißem Gas um das Schwarze Loch sorgt für ultraviolette und Röntgenstrahlung. Ein großer Anteil der Radio- und Röntgenstrahlung kommt zudem von gebündelten Teilchenstrahlen, sogenannten Jets, die vom Schwarzen Loch erzeugt werden. Um die einzelnen Strahlungsquellen zu unterscheiden, sind Beobachtungen in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen nötig.

"Als wir uns die Daten angesehen haben, erkannten wir, dass unser Modell sowohl für das riesige Schwarze Loch in M81 als auch für die deutlich kleineren Kerle gut funktioniert", erklärt Teammitglied Michael Nowak vom Massachusetts Institute of Technology. "Alles um die großen Schwarzen Löcher sieht genau gleich aus, nur ist es fast 10 Millionen Mal größer."

Unter den Schwarzen Löchern, die gerade dabei sind Material zu verschlingen, ist M81 eines der leuchtschwächsten, weil es vermutlich nicht mit ausreichend Material gefüttert wird. Trotzdem ist es wegen seiner relativen Nähe eines der hellsten Objekte dieser Art und kann deswegen gut und detailliert beobachtet werden.

Die Astronomen hoffen, anhand der jetzt vorgelegten Ergebnisse auch Aussagen über die Eigenschaften einer weiteren Klasse von Schwarzen Löchern machen zu können, für deren Existenz sich in den vergangenen Jahren immer mehr Indizien angesammelt haben. Ihre Massen liegen zwischen den gewaltigen Massen der supermassereichen Schwarzen Löcher und denen der stellaren Schwarzen Löcher. astronews.com hatte mehrfach über mögliche Kandidaten berichtet.

Für ihre Studien nutzten Markoff und ihr Team außer Chandra auch drei Radioteleskop-Arrays, zwei Millimeter-Teleskope sowie für Beobachtungen im optischen Bereich das Lick Observertory. Die Beobachtungen wurden zur gleichen Zeit gemacht, um die Ergebnisse nicht durch Helligkeitsschwankungen zu beeinflussen, die entstehen können, wenn das Schwarze Loch mal mehr und mal weniger Material aufnimmt.

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siehe auch
Schwarze Löcher: Neues Messverfahren spricht für Mittelklasse - 18. Mai 2007
Schwarze Löcher: Neue Hinweise auf Mittelklasse - 9. Januar 2006
Chandra: Neuer Typ von Schwarzen Löchern entdeckt - 13. September 2000
Schwarze Löcher: Die neue Mittelklasse - 25. August 2000
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