Sorgt Eisen-Schnee für Magnetfeld?
von Stefan Deiters astronews.com
9. Mai 2008
Außer der Erde verfügt nur noch der sonnennächste Planet
Merkur über ein globales Magnetfeld, das die Wissenschaft jedoch seit seiner Entdeckung vor
ein Rätsel stellt. Die meisten
bisherigen Modelle nämlich können dieses schwache Magnetfeld nicht erklären. Amerikanische
Wissenschaftler glauben nun, dass eine Art Eisen-Schnee im Inneren des Planeten
eine wichtige Rolle spielen könnte.
Neue Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich tief im flüssigen
Inneren des sonnennächsten Planeten Merkur eine Art Eisen-Schnee bildet, der langsam in
Richtung Planetenkern "fällt". Die Bewegung dieses Eisen-Schnees, so glauben
amerikanische Wissenschaftler, könnte für das mysteriöse Magnetfeld des Merkur
verantwortlich sein, das Forschern seit seiner Entdeckung Kopfzerbrechen
bereitet. In einem Fachartikel für die Geophysical Research Letters
beschreiben die Wissenschaftler die Ergebnisse von Laborexperimenten, in denen sie die Verhältnisse
im Inneren des Merkur nachgestellt haben.
"Der schneiende Kern des Merkur eröffnet ganz neue Möglichkeiten, wie
Konvektion entstehen und ein globales Magnetfeld erzeugen kann", erläutert Jie
Li, Professorin für Geologie an der University of Illionois in Urbana-Champaign.
Unter Konvektion versteht die Wissenschaft den Wärmetransport durch die Bewegung
von Teilchen - im Gegensatz zur Wärmeleitung oder Wärmestrahlung. "Unsere
Ergebnisse haben direkte Auswirkungen auf das Verständnis der Eigenschaften und der
Entwicklung des Merkurkerns und auch über die Kerne anderer Planeten und Monde."
Merkur ist, von der Erde abgesehen, der einzige Planet im Sonnensystem, der
über ein globales Magnetfeld verfügt. Es wurde in den 1970er Jahren von der
NASA-Sonde Mariner 10 entdeckt und ist etwa Hundert mal schwächer als das
Magnetfeld der Erde. Die meisten Modelle über den Aufbau des Merkur hatten
bislang Probleme, das schwache Magnetfeld des sonnennächsten Planeten zu erklären.
Die Forscher nehmen an, dass der Kern des Merkur hauptsächlich aus Eisen
besteht, er aber auch Schwefel enthält, was den Schmelzpunkt des Eisens
verringert. "Aktuelle Radarmessungen der Rotation von Merkur haben
Unregelmäßigkeiten gezeigt, die darauf hindeuten, dass der Kern des Merkur
zumindest teilweise geschmolzen ist", erläutert Bin Chen, der in Urbana-Champaign gerade seine Doktorarbeit anfertigt. "Aber ohne seismologische
Daten wissen wir sehr wenig über den Kern des Planeten." astronews.com hatte vor
einem Jahr über die Radarbeobachtungen berichtet.
Um die Vorgänge im Inneren von Merkur besser zu verstehen, haben die
Wissenschaftler im Labor untersucht, wie sich ein Gemisch aus Eisen und Schwefel
bei hohem Druck und hoher Temperatur verhält. Aus den Resultaten entwickelten
die Forscher ein neues Bild über die Vorgänge unter der Merkuroberfläche: Im
äußeren Kernbereich des geschmolzenen Kerns kühlt sich das
Eisen-Schwefel-Gemisch langsam ab. Dabei kondensieren Eisenatome zu einer Art
Schneeflocken aus, die Richtung Planetenzentrum fallen. Dadurch das Eisen-Schnee
ins Zentrum fällt und leichtere, schwefelreiche Flüssigkeit nach oben
steigt, würde, so erläutert Chen, ein Konvektionsstrom entstehen, der für das
schwache globale Magnetfeld des Planeten verantwortlich ist.
"Unsere Ergebnisse liefern ein neuen theoretischen Rahmen, in dem auch die
Beobachtungen der NASA-Merkursonde Messenger betrachtet werden können", so Li.
"Und wir können nun Verbindungen herstellen zwischen den physikalischen
Eigenschaften des sonnennächsten Planeten und der Entstehung und Entwicklung von
erdähnlichen Planeten im Allgemeinen."
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