Chaos nach 40 Millionen Jahren?
von Stefan Deiters astronews.com
8. Mai 2008
Gleich zwei aktuelle Arbeiten befassen sich mit der Zukunft
des Sonnensystems und dem daraus resultierenden Schicksal der Erde. Und nicht
alle Prognosen der Forscher sehen gut aus für unseren Heimatplaneten. So könnte
theoretisch das Sonnensystem in vielen Millionen Jahren so durcheinander
geraten, dass die Erde mit Mars oder Merkur kollidiert und so sämtliches Leben
auf der Erde vernichtet wird.
Endet das Leben auf der Erde durch eine Kollision mit Merkur
oder Mars? Bild:
NASA / JPL-Caltech / T. Pyle (SSC/Caltech)
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Gleichmäßig wie ein Uhrwerk scheinen die Planeten um die Sonne zu
kreisen - doch der Schein trügt: Astronomen trauen sich nämlich nur zu,
die Planetenbahnen für die kommenden 40 Millionen Jahre vorherzusagen. Was
danach passiert, ist nicht sicher. Das liegt daran, dass es ausgesprochen
kompliziert, ja unmöglich ist, die Kräfte zu berechnen, die alle Objekte im
Sonnensystem aufeinander ausüben und dadurch gegenseitig ihre Bahn beeinflussen.
Das liegt daran, dass es ausgesprochen kompliziert ist, die Kräfte zu berechnen,
die alle Objekte im Sonnensystem aufeinander ausüben und dadurch gegenseitig
ihre Bahn beeinflussen.
Zwei neue Studien zeigen jetzt, dass in ferner Zukunft auch sehr chaotische
Zeiten anbrechen könnten, die das Leben auf der Erde schon früher als bislang
erwartet beenden könnten. Bislang galten die Folgen der beginnenden Roten
Riesenphase unserer Sonne immer als begrenzender Faktor für das Leben auf
unserer Heimatwelt.
Zwei Forschergruppen haben sich nun der Frage der Zukunft unseres
Sonnensystems angenommen und dessen Entwicklung in der Zeit nach 40 Millionen
Jahren simuliert. Ihr Ergebnis: Mit großer Wahrscheinlichkeit bleibt alles so
wie es ist. Mit einer Chance von ein bis zwei Prozent allerdings, könnte es zu
einer Kollision der Erde mit Merkur oder Mars kommen, wodurch sofort sämtliches
Leben auf der Erde ausgelöscht würde. Schon einmal, in der Anfangsphase unseres
Sonnensystems, ist ein marsgroßes Objekt mit der Erde kollidiert. Aus den
Trümmern der damaligen Kollision entstand dann der Mond (astronews.com
berichtete mehrfach über entsprechende Forschungsergebnisse).
Die Astronomen gelangten zu ihren Resultaten über die ferne Zukunft des
Sonnensystems durch eine Reihe von Computersimulationen: Jaques Laskar von der
Sternwarte in Paris hat mit seinen Modellen 1.001-mal die Entwicklung unseres
Sonnensystems durchgerechnet – jedes Mal mit leicht unterschiedlichen
Startbedingungen. In ein bis zwei Prozent der Simulationen wurde die Bahn des
sonnennächsten Planeten Merkur durch den Einfluss des Gasriesen Jupiter immer "unkreisförmiger".
Die sogenannte Exzentrizität der Merkurbahn erreichte einen Wert von 0,6 und
mehr. Eine Exzentrizität von "null" beschreibt eine perfekt Kreisbahn, "eins"
eine Parabel.
"Irgendwann gerät der Merkur dabei in die Nähe der Venusbahn", erläuterte
Gregory Laughlin von der University of California in Santa Cruz, der
sich auch mit Fragen der Bahnstabilität in unserem Planetensystem beschäftigt
hat, in der Fachzeitschrift New Scientist. "Wenn sich die
Bahnen erst einmal kreuzen, kommt man schnell in eine wirklich chaotische
Situation. Da können dann die schlimmsten Dinge passieren." Unmittelbar
betroffen davon wären zunächst Merkur und Mars, da sie mit gerade einmal sechs
bzw. elf Prozent der Erdmasse am leichtesten aus ihrer Bahn zu bringen sind.
Doch diese außer Kontrolle geratenen Planeten könnten im Sonnensystem einiges
anrichten: In einer Simulation der Forscher wurde Merkur in 1,3 Milliarden
Jahren in die Sonne geschleudert. In einem anderen Szenario wurde zunächst Mars
aus dem Sonnensystem katapultiert und später kollidierten Merkur und Venus. "Es
könnte alles mögliche passieren", so Laughlin im New Scientist. "Und
jedes Mal sind die Einzelheiten total verschieden."
Ein Kollision von Mars oder Merkur mit der Erde wäre natürlich für das Leben
auf unserer Heimatwelt das unangenehmste Szenario. Doch die Chancen stehen gut,
dass die Erde auch die Zeit nach 40 Millionen Jahren wohlbehalten übersteht:
Nach Laughlins Berechnungen sollte unser Sonnensystem mit einer
Wahrscheinlichkeit von 98 bis 99 Prozent auch noch in fünf Milliarden Jahren
zuverlässig wie ein Uhrwerk funktionieren.
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