Das dunkle Netz des Universums
von Stefan Deiters astronews.com
22. Februar 2008
Ein internationales Astronomenteam hat gewaltige Strukturen
aus Dunkler Materie gefunden, die das Universum Filament-artig durchziehen. Die
Filamente sind bis zu 270 Millionen Lichtjahre groß. Die Strukturen wurden durch
Analyse von Aufnahmen der weltgrößten Digitalkamera entdeckt, die am
Canada-France-Hawaii-Telescope auf Hawaii montiert ist.
Das Universum (hier ein Bild des
Hubble-Weltraumteleskop) ist von Filamenten aus
Dunkler Materie durchzogen.
Bild:
STScI / NASA |
Schon länger wissen Astronomen, dass unser Universum zum großen Teil aus
etwas besteht, was wir nicht sehen können, sondern das sich nur durch seine
Gravitationswirkung verrät - aus Dunkler Materie. Dieses unsichtbare Material
sammelt sich in riesigen Filament-artigen Strukturen, die das Universum wie ein
Netz durchziehen. Über die genaue Verteilung dieser Strukturen herrscht aber
bislang Unklarheit, genauso wie über die Frage, um was es sich bei der Dunklen
Materie überhaupt handelt.
Jetzt ist einem Astronomenteam gelungen, erstmals Dunklematerie-Strukturen
aufzuspüren, die bis zu 270 Millionen Lichtjahre groß sind. Sie sind damit mehr
als 2.000-mal größer als unsere Michstraße und übertreffen auch die Größe von
zuvor analysierten Strukturen dieser Art um das Dreifache. Um dies zu
bewerkstelligen machten sich die Forscher den schwachen
Gravitationslinsen-Effekt zu Nutze, beobachteten also wie das Licht entfernter
Galaxien auf dem Weg zu uns durch die Dunkelmaterie abgelenkt wird. Die
Wissenschaftler vergleichen das Verfahren mit einer Röntgenaufnahme des
Menschen, durch die die Knochen sichtbar werden. Nur würde sich bei ihnen durch
die von Einstein vorhergesagte Ablenkung des fernen Galaxienlichts die
verborgene dunkle Materie verraten.
Für die umfangreiche und aufwendige Analyse wertete das Team Daten des
Canada-France-Hawaii-Telescope Legacy Survey aus. Insgesamt 19
Wissenschaftler aus elf Instituten haben mehrere Jahre damit verbracht, eine
geeignete Methode zu entwickeln, um die Bilder der Megacam des
Teleskops entsprechend auszuwerten. Die Megacam ist mit 340 Megapixeln
die größte Digitalkamera der Welt.
"Unsere Resultate erweitern unser Wissen über das kosmische Netz dramatisch",
meint Liping Fu vom Institut d'Astrophysique des Paris (IAP). "Wir
konnten damit bestätigen, dass unser Modell des Universums zutreffend ist - auch
auf so großen Skalen." Gerade die Messungen auf so großen Skalen hätten den
Vorteil, dass man sie gut mit theoretischen Modellen vergleichen kann, mit denen
man versucht, die Vergangenheit und Zukunft des Universums zu ergründen.
"Diese Ergebnisse zeigen, dass der schwache Gravitationslinsen-Effekt eine
genaue und zuverlässige Technik für Kosmologen ist", urteilt IAP-Kollege Dr.
Yannick Mellier. Künftige Teleskope und Kameras könnten den gesamten Himmel und
Milliarden von Galaxien mit Hilfe des schwachen Gravitationslinsen-Effektes
analysieren und so wertvolle Daten über die Natur der Dunklen Materie liefern.
Die jetzt vorgestellte Arbeit, die demnächst in der Fachzeitschrift
Astronomy & Astrophysics erscheint, basiert auf der Analyse einer Region,
die etwa dem 300-Fachen des Vollmondes entspricht und in der zwei Millionen
Galaxien zu finden waren.
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