Wie konstant leuchtet die Sonne?
Redaktion /
Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
20. Dezember 2007
Wenn im Januar die Raumfähre Atlantis mit dann rund
einem Monat Verspätung zur Internationalen Raumstation ISS startet, dürften sich
auch Wissenschaftler aus Heidelberg freuen: Die Forscher entwickelten nämlich
mit SOLSPEC ein Instrument, das von der ISS aus die Strahlungsleistung der Sonne
messen soll. Die Apparatur kann auf eine mehr als dreißigjährige
Entwicklungsgeschichte zurückblicken.
Zukünftig im Blick von SOLSPEC: unsere Sonne. Foto:
SOHO (ESA & NASA) |
Wenn das Space Shuttle Atlantis tatsächlich wie vorgesehen am 10.
Januar 2008 von der Startrampe 39A im Weltraumbahnhof Cape Canaveral mit einem
weiteren Segment für die Internationale Raumstation abhebt, dürfte auch einigen
Heidelberger Wissenschaftlern ein Stein vom Herzen fallen, dass das europäische
Weltraumlabor Columbus nun endlich auf dem Weg zur ISS ist.
Zusammen mit dem Weltraumlabor wird nämlich auch SOLSPEC, ein
Sonnenspektrometer, zum Einsatz kommen, das auf eine mehr als dreißigjährige
Entwicklungsgeschichte zurückblicken kann.
Das Experiment wurde von Prof. Dietrich Labs und Dr. Holger Mandel von der
Landessternwarte in Heidelberg zusammen mit französischen und belgischen
Partnern entwickelt und wird zur Messung der Strahlungsleistung unserer Sonne im
Wellenlängenbereich zwischen 180 und 3200 Nanometern verwendet. Der
Heidelberger Beitrag umfasste dabei Arbeiten zur Kalibration des Instruments mit
einem so genannten Schwarzen Körper, einer hoch genauen Strahlungsquelle, die
bei Temperaturen von mehr als 3000 Grad Celcius eine präzise Eichung der in
SOLSPEC mitfliegenden Vergleichslichtquellen gewährleistet.
Bis vor wenigen Jahrzehnten waren nur erdgebundene Messungen des
Sonnenspektrums möglich, die infolge der Filterwirkung unserer Erdatmosphäre
aber nur einen kleinen Bruchteil der Sonnenstrahlung erfassten. So wurden die
ersten Messungen bereits in den fünfziger Jahren von Prof. Labs mit kleinen
Teleskopen auf dem Jungfraujoch durchgeführt.
Doch erst mit Beginn des Raumflugzeitalters wurde das komplette
Sonnenspektrum zugänglich. So misst SOLSPEC neben dem sichtbaren Bereich auch
den Infrarot- und Ultraviolettanteil der Strahlung und ermöglicht damit eine
Bestimmung der Solarkonstanten und deren zeitliche Variation. Für diese
Messungen interessieren sich nicht nur Astronomen, sondern auch Klimatologen,
denn letztendlich ist die Sonne für alles Leben auf der Erde der wichtigste
Himmelskörper.
Aus historischen Quellen ist bekannt, dass schon das Klima des letzten
Jahrtausends erhebliche Schwankungen aufgewiesen hat. So kam es während des 15.
und 17. Jahrhunderts über jeweils mehrere Jahrzehnte zu deutlichen
Kälteeinbrüchen und im 11./12. Jahrhundert zu einer ausgeprägten Wärmeperiode,
die erstmals die Besiedlung Grönlands und die Entdeckung Amerikas durch die
Wikinger erlaubte. Noch weiter zurück liegen die großen Eiszeiten, bei denen
weite Teile Europas unter einem dicken Eispanzer begraben lagen. Die mittlere
Jahrestemperatur der Erde war hierbei nur wenige Grade niedriger als heute.
Mit Hilfe von Eiskernbohrungen und Isotopenanalysen lässt sich zwischen der
Sonnenaktivität und Temperaturschwankungen auf der Erde eine enge Korrelation
sogar über einen Zeitraum von mehreren hunderttausend Jahren nachweisen. Die bei
den SOLSPEC-Missionen überdeckte Zeitdauer erscheint mit 35 Jahren dabei eher
gering. Der Erstflug erfolgte im Jahr 1983 mit dem europäischen Weltraumlabor
Spacelab 1, zusammen mit dem ersten (westdeutschen)
Wissenschaftsastronauten Ulf Merbold.
In den Folgejahren kam das Experiment noch mehrfach zum Einsatz. Zunächst im
Rahmen dreier ATLAS-Missionen der NASA in den Jahren 1992, 1993 und
1994, bei denen auf einer im Space Shuttle fest eingebauten Palette
mehrere Sonnenexperimente gleichzeitig eingesetzt wurden. Diese Flüge waren
jedoch auf die jeweilige Space Shuttle-Mission abgestimmt und deshalb
auf eine typische Dauer von ein bis zwei Wochen begrenzt.
Erst mit der freifliegenden Raumplattform EURECA der europäischen
Raumfahrtbehörde ESA, die im August 1992 mit einem Shuttle ins All
transportiert und im Juli 1993 von einem zweiten Shuttle wieder
eingefangen wurde, konnten erstmals Messungen über einen längeren
zusammenhängenden Zeitraum durchgeführt werden. Die Ergebnisse zeigten eine
erstaunliche Konstanz der Sonnenstrahlung im visuellen und infraroten
Spektralbereich, aber deutliche Schwankungen bei kürzeren Wellenlängen.
Doch genau diese Strahlung ist für die komplexe Wechselwirkung verschiedener
Vorgänge in der Hochatmosphäre unserer Erde von großer Bedeutung, so dass
SOLSPEC nun zusammen mit einigen weiteren Experimenten im SOLAR-Modul auf der
internationalen Raumstation über mehrere Jahre eingesetzt werden soll. Auf die
Ergebnisse sind alle Beteiligten schon heute gespannt.
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