Den Geheimnissen der Venus auf der Spur (2)
Zurück zum ersten Teil:
Treibhauseffekt und Superrotation
Zusammenstellung aus Aufnahmen mit dem
UV-Filter der Venus Monitoring Camera (VMC) auf
Venus Express, die kurzzeitige Veränderungen in
den Wolken- und Dunstbändern der Südpolregion
des Planeten zeigt.
Bild: ESA /
MPS / DLR / IDA
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Das DLR-Institut für Planetenforschung führt die systematische Prozessierung
der VMC-Bilddaten durch und erstellt kartographisch präzise Mosaike aus den
Einzelbildern. Das Spektrometer VIRTIS (Visible and InfraRed Thermal Imaging
Spectrometer) an Bord von Venus Express hat die Fähigkeit, die Atmosphäre
des Planeten dreidimensional zu untersuchen. Das heißt, VIRTIS kann in
bestimmten Wellenlängen des nahen Infrarots in die Tiefen der Wolken schauen,
was Aussagen über Phänomene in verschiedenen Höhen, bis hinunter zur Oberfläche
erlaubt.
In zwei Beiträgen für das Wissenschaftsmagazin Nature werden neue
Erkenntnisse zur Zusammensetzung der oberen Atmosphäre vorgestellt. Mit Daten
von VIRTIS können nun zum Beispiel detaillierte Angaben zur Verteilung des
Sauerstoffs in der Gashülle der Venus gemacht werden, dessen Konzentration mit
zunehmender Tageslänge steigt und während der Nacht wieder abfällt. Ferner ist
die Dynamik der Wolken in dem Wirbelsystem über dem Südpol untersucht worden –
nicht nur in ihrer räumlichen Verteilung und der zeitlichen Veränderung, sondern
auch in ihrer Tiefenstruktur. Mit VIRTIS konnte die unteren Ausläufer des
Wirbelsystems bis zu einer Höhe von 50 Kilometern beobachtet werden.
Daten von VIRTIS und VMC sind auch zur Erkundung der Zusammensetzung der
Venusoberfläche geeignet. Das Spektrometer hat seit April 2006 mehr als tausend
Bilder der Südhalbkugel aufgenommen. VIRTIS nimmt dabei im Gegensatz zu VMC
nicht nur Daten für das atmosphärische Fenster bei der in beiden Instrumenten
verfügbaren Wellenlänge von 1,02 Mikrometern (tausendstel Millimeter) auf,
sondern über den gesamten Spektralbereich bis fünf Mikrometer. Mit diesen Daten
ist es möglich, den Einfluss der Wolken auf das Messergebnis zu reduzieren und
"wolkenfreie" Bildkarten der Oberflächentemperatur zu errechnen.
"Wir verfeinern gegenwärtig diese Daten, indem wir störende Signale der
Atmosphäre heraus rechnen", erklärt Nils Müller vom DLR. "Aus den minimalen
Abweichungen zwischen gemessenen und modellierten Oberflächentemperaturen werden
wir dann Rückschlüsse auf die Eigenschaften und Mineralogie der Oberfläche
ziehen können", erklärt Müller weiter. Damit wäre es erstmals möglich,
verschiedene Minerale der Venusoberfläche anhand ihres Infrarotspektrums zu
kartieren. Gemeinsam mit Kollegen anderer wissenschaftlicher Einrichtungen wird
das VIRTIS-Team am DLR die Ergebnisse in Kürze veröffentlichen.
Will man die Daten von VIRTIS und VMC interpretieren, um auf mögliche
Gesteine auf der Oberfläche zu schließen, stellt sich eine ganz grundlegende
Frage: Verändern sich bei fast 500 Grad Celsius heißen Gesteinen die spektralen
Eigenschaften von Mineralen, also ihr Reflexionsverhalten gegenüber
unterschiedlichen Wellenlängen? Dieser Frage geht das DLR mit seinem Planetaren
Emissivitätslabor (PEL) nach. Mit dem PEL kann die so genannte Emissivität von
Mineralien und Gesteinen vermessen werden, die angibt, wie viel thermische
Strahlung ein Material bei einer bestimmten Temperatur abgibt. Diese Eigenschaft
und vor allem ihre Abhängigkeit von der Wellenlänge unterscheiden sich von
Gestein zu Gestein und kann damit zur Identifikation genutzt werden. Dies wird
auch von einem Spektrometer-Experiment auf der ESA-Mission Mars Express genutzt,
das durch Messungen an Mars-relevanten Mineralen im PEL unterstützt wird.
"Wie so vieles an der Venus, sind auch vergleichbare Messungen bei diesem
Planeten ungleich komplizierter als am Mars", sagt Dr. Alessandro Maturilli, der
die PEL-Experimente am DLR durchführt. "Zum einen muss die Emissivität im sehr
nahen Infrarot bei 1,0 Mikrometer gemessen werden. Hier dominiert aber
eigentlich das reflektierte Licht die Messungen. Deshalb führen wir auf der
Venus die Messungen von VIRTIS und VMC auf der Nachtseite durch, und auch im
Labor müssen störende Strahlungsquellen eliminiert werden: Die Gesteinsproben
befinden sich während der Messung in totaler Dunkelheit." Zum anderen herrschen
auf der Venus permanent Temperaturen von fast 500 Grad Celsius. Bei dieser Hitze
können sich die Eigenschaften von Gesteinen ändern und dies kann Einfluss auf
ihre spektralen Signaturen haben.
"Zu diesem Thema gibt es bisher kaum systematische Untersuchungen, wir
betreten hier unbekanntes Terrain", sagt Helbert, der Leiter des Labors. Das PEL
wird für diese Arbeiten derzeit mit einem speziellen Induktions-Heizsystem
erweitert, das es erlauben wird, Proben in kurzer Zeit auf mehr als 500 Grad
Celsius zu erhitzen. Schließlich braucht man Proben die möglichst ähnlich denen
auf der Venus sind.
Einige solcher Proben befinden sind seit kurzem im DLR-Labor: Sie wurden von
Dr. Jörn Helbert während der Dreharbeiten zu einer Venus Express-Dokumentation
der ESA auf der italienischen Insel Vulcano gesammelt. Weiteres Material wird
vom Vernadski-Institut in Moskau im Rahmen einer internationalen Kooperation mit
dem DLR und dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau
zur Verfügung gestellt. Die enge Kooperation zwischen Datenauswertung und
begleitenden Labormessungen sind der Schlüssel zum Verständnis der
Oberflächenzusammensetzung der Venus aus den Infrarotdaten von VIRTIS und VMC.
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