Schwergewichtiges Paar in M33
von Stefan Deiters astronews.com
18. Oktober 2007
Schwarze Löcher, so die Theorie der Astronomen, lassen sich
in zwei Gruppen unterteilen: die supermassereichen Schwarzen Löcher, die sich im
Zentrum der meisten Galaxien verbergen und die stellaren Schwarzen Löcher, die
am Ende der Entwicklung eines massereichen Sterns stehen. Jetzt haben
Wissenschaftler das bislang massereichste Exemplar eines stellaren Schwarzen
Lochs aufgespürt, das zudem noch einen äußerst massereichen Begleiter hat.
So stellt sich ein Künstler das Paar aus
Schwarzem Loch und Riesenstern vor.
Bild:
NASA / CXC / M.Weiss [Großansicht]
Bild von M33 X-7, das aus Röntgendaten
(blau) von Chandra und Hubble-Daten erstellt
wurde.
Bild:
NASA / CXC / CfA / P.Plucinsky et al. (Röntgen);
NASA / STScI / SDSU /J.Orosz et al. (optisch)
[Großansicht] |
Der neue Rekordhalter ist Teil eines Doppelsternsystems in M33, einer uns
relativ nahegelegenen Galaxie in etwa drei Millionen Lichtjahren Entfernung.
Durch die Kombination von Daten des Röntgenteleskops Chandra und des
Gemini-Teleskops auf Hawaii gelang es den Astronomen nun, die Masse des auch als
M33 X-7 bekannten Schwarzen Lochs zu bestimmen: es ist 15,7-mal massereicher als
unsere Sonne und damit das massereichste stellare Schwarze Loch, das bislang entdeckt
wurde.
Stellare Schwarze Löcher sind Produkte der Entwicklung eines massereichen Sterns:
Während ein Stern wie unsere Sonne am Ende seines Lebens zu einem Weißen Zwerg
wird, explodieren massereichere Sterne in einer sogenannten Supernova-Explosion.
Am Ende bleibt ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch zurück, das zwar ein
Vielfaches der Masse unserer Sonne aufweisen kann, damit aber immer noch
deutlich masseärmer ist als die Schwarzen Löcher, die sich im Zentrum von
Galaxien finden. Diese haben die Millionen bis Milliarden-fache Masse unserer
Sonne.
"Diese Entdeckung wirft eine ganze Reihe von Fragen auf, etwa die, wie solche
großen stellaren Schwarzen Löcher überhaupt entstehen konnten", erläutert Jerome Orosz von der San Diego State University die Bedeutung des Fundes.
Orosz ist Hauptautor eines Artikels über M33 X-7, der in der heutigen Ausgabe
der Wissenschaftszeitschrift Nature erscheint.
M33 X-7 ist Teil eines bemerkenswerten Doppel"stern"systems: Der
Begleitstern des Schwarzen Lochs verdeckt M33 X-7 alle dreieinhalb Tage. Der
Begleiter hat die 70-fache Masse unserer Sonne und ist damit selbst schon
außergewöhnlich massereich und der massereichste bislang entdeckte Begleitstern eines Schwarzen
Lochs in einem Doppelsternsystem.
"Wir haben hier einen gewaltigen Stern mit einem gewaltigen Schwarzen Loch
als Begleiter", meint Mitautor Jeffrey McClintock vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. "Eventuell wird der Riesenstern auch in einer Supernova
explodieren und dann haben wir hier ein Paar aus Schwarzen Löchern".
Der Fund bereitet den Astronomen allerdings auch einiges Kopfzerbrechen: Mit den
konventionellen Modellen über die Entwicklung von massereichen Sternen ist die
Existenz eines massereichen Schwarzen Lochs in einem dichten Orbit um einen
massereichen Stern nur schwer zu erklären: Damit nämlich der eine Stern schon
als Supernova explodiert sein kann, muss er eine noch größere Masse gehabt haben
als sein ohnehin schon schwergewichtiger Begleiter. Je massereicher ein Stern
ist, desto schneller verläuft seine Entwicklung.
Und genau hier liegt das Problem: Ein Stern, der so massereich ist, dass er
deutlich vor dem noch vorhandenen Stern explodiert ist, dürfte einen so großen
Durchmesser gehabt haben, dass der jetzige Abstand zwischen den beiden Partnern dafür
nicht ausgereicht hätte. Die Sterne hätten somit eine gemeinsame äußere Hülle
haben müssen. Dabei, so die Theorie, geht in der Regel aber so viel Masse aus
dem System verloren, dass kaum noch ein Schwarzes Loch mit der 15,7-fachen Masse
unserer Sonne entstehen konnte.
Der Vorgängerstern des Schwarzen Lochs, so haben die Wissenschaftler berechnet,
muss also vor der Explosion zehn Mal weniger Masse verloren haben als die
Modelle vorhersagen. Wenn also äußerst massereiche Sterne weniger Masse
verlieren als angenommen, könnte dies die extrem helle Supernova 2006gy
erklären, von der die Forscher annehmen, dass sie einen Stern mit der 150-fachen
Masse der Sonne als Auslöser hatte (astronews.com berichtete).
"Supermassereiche Sterne können deutlich konventioneller sein als manche Leute
denken und bis zum Ende ihres Lebens den größten Teil ihrer Masse behalten", so
Orosz. "Das wiederum kann große Auswirkungen auf die Schwarzen Löcher haben, die
aus diesen stellaren Zeitbomben entstehen."
Die gute Massenbestimmung des Schwarzen Lochs und seines Begleiters wurde nur
möglich, weil M33 X-7 das erste Schwarze Loch ist, das regelmäßig von seinem
Begleiter verdeckt wird. Wolfgang Pietsch vom Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik in Garching bei München hatte mit Hilfe des
Röntgenteleskops Chandra festgestellt, dass der massereiche Begleiter
des Schwarzen Lochs regelmäßig die Röntgenstrahlung "verdunkelt", die von der
Akkretionsscheibe der Schwerkraftfalle ausgeht. "Wegen seiner Eigenheiten ist
das Schwarze Loch ein wunderbarer Prüfstein für die Astrophysik", so Pietsch.
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