Überraschendes unter brodelnder Oberfläche
Redaktion /
Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
10. Oktober 2007
Kein anderer Stern ist besser beobachtet als unsere Sonne
und trotzdem verbirgt sich unter ihrer brodelnden Oberfläche noch so manches
Geheimnis. Auch die Modellierung der Vorgänge auf unserem Zentralgestirn ist
alles andere als einfach. Ein Mathematiker der Universität in Wien hat nun
zusammen mit Astronomen die Granulation auf der Sonne simuliert und dabei
Überraschendes entdeckt.
Granulation (die helle, relativ gleichmäßige
Musterung) und Sonnenflecken (dunkle Stellen)
auf einer Aufnahme des Sonnenteleskops der
königlich schwedischen Akademie der
Wissenschaften. Bild:
V. Zakharov / MPI Sonnensystemforschung |
"Man kann sich das Phänomen ähnlich wie die wallenden Stellen in einem Topf mit kochendem Wasser vorstellen", beschreibt Herbert Muthsam,
Professor am Institut für Mathematik der Universität Wien die so genannte Granulation. Das ist ein Prozess nahe der Sonnenoberfläche, bei dem Strömungen von heißem Wasserstoff und Helium an die Sonnenoberfläche dringen, um dort abzukühlen und wieder nach unten zu sinken.
Drei Jahre lang hat sich Muthsam mit der Modellierung des Vorgangs beschäftigt und die Granulation für die Astronomie in einer höheren Auflösung zugänglich gemacht, als alle bisherigen Rechnungen und alle derzeit existierenden Sonnenteleskope es könnten.
"Die Sonne ist der einzige Stern, den wir zwar gut beobachten können, aber auch da sind unseren Möglichkeiten Grenzen gesetzt",
so Muthsam. Was die Forscher derzeit mit den besten Sonnenteleskopen von der Erde aus
"sehen" bzw. messen können, ist ein kleiner Teil der obersten Schicht des Sterns und manche Wellen, die aus dem Sonneninneren vordringen.
Über viele Prozesse im Inneren, aber auch in der Atmosphäre der Sonne besteht
noch Unklarheit.
Um aus Phänomenen wie der Granulation auf der Sonnenoberfläche Rückschlüsse auf nicht direkt beobachtbare Prozesse im Sonneninneren zu ziehen, brauchen die Astronomen die Simulation dieser Prozesse auf dem Computer. Mit numerischen Methoden der Mathematik haben Muthsam und seine Kollegen im Laufe des Projekts unter anderem Programme speziell für Strömungssimulationen entwickelt. Drei Supercomputer, darunter der Schrödinger-Cluster der Universität Wien, rechneten fast ein Jahr lang Tag und Nacht an den Sonnenmodellen.
Die Berechnungen ergaben durchaus Überraschendes: In einer Animation sieht man eine Art Wand, die sich relativ schnell durch die brodelnde Sonnenoberfläche bewegt und dabei immer deutlicher hervortritt.
"Das sind akustische Pulse, gigantische Wände aus Schall, die durch die Sonne wandern. Diese Pulse hat vor uns noch nie jemand beobachtet", sagt Muthsam.
Die Gruppe untersucht jetzt, wie sich die Granulations-Strömungen, die sich in den Modellrechnungen viel turbulenter darstellen als bisher angenommen, auf die Aufheizung der Chromosphäre und der Korona auswirken.
"Damit sind wir der Beantwortung vieler offener Fragen näher gekommen und haben noch dazu reichlich Tätigkeit für die nächsten Jahre",
so Muthsam.
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