Spiderman statt
John Glenn
von Stefan Deiters astronews.com
17. Juli 2007
Seit über 40 Jahren reisen Menschen nun schon ins Weltall,
die Raumanzüge, die sie dabei tragen, haben sich allerdings nur sehr wenig
geändert. Die klobigen Anzüge bieten bei Außenbordeinsätzen zwar einen gewissen
Schutz, machen die Astronauten aber auch relativ unbeweglich. Eine Professorin
vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) will das nun ändern und
verspricht einen Anzug, der mehr an Spiderman erinnert als an den
US-Weltraumveteranen John Glenn.
Dava Newman im von ihr entwickelten BioSuit.
Daneben ein Bild eines herkömmlichen Raumanzugs.
Foto: MIT / Donna Coveney |
Dava Newman, Professorin für Luft- und Raumfahrt am angesehenen
amerikanischen Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat eine
Mission: Sie will Astronauten von ihren klobigen Raumanzügen befreien und sie
durch eine Kleidung ersetzen, die den gleichen Schutz bei größtmöglicher
Beweglichkeit bietet. BioSuit nennt die Forscherin den neuen Anzug aus
Lycra und Nylon und was sie jetzt der Öffentlichkeit vorstellte, erinnert mehr
an den Anzug eines Superhelden als an den des amerikanischen Weltraumveteranen
John Glenn.
Herkömmliche Weltraumanzüge, so Newman, "ermöglichen einfach nicht die
Mobilität und Gelenkigkeit die Astronauten bei Missionen benötigen, bei denen
nicht nahezu Schwerelosigkeit herrscht. Wir müssen bei unserem Design wirklich
auf mehr Beweglichkeit achten." Newman arbeitet zusammen mit ihrem Kollegen Jeff
Hoffman, ihren Studenten und einer örtlichen Designfirma seit sieben Jahren an
ihrem Projekt eines neuen Raumfahrtanzugs für die Missionen des 21.
Jahrhunderts. Zwar sind die jetzt vorgestellten Prototypen noch nicht
weltraumfähig, zeigen aber schon, was die Forscher erreichen wollen: Leichte,
hautenge Anzüge, die auf Mond und Mars echte Beweglichkeit erlauben würden.
Die Entwicklung der neuen Anzüge ist kompliziert, aber, so Newman, dringend
nötig, da die jetzt vorhandenen Anzüge bei einer Mission zum Mars kaum zu
gebrauchen wären. Bis zum Start einer Marsmission könnten die neue
Dienstkleidung der Astronauten aber fertig sein, wenn es auch noch einige
Schwierigkeiten zu meistern gilt. Newman setzt nämlich bei ihrem BioSuit auf ein
radikal anderes Konzept als konventionelle Raumanzüge. Letztere werden unter Druck gesetzt, um so den Astronauten vor dem ihn umgebenden luftleeren
Raum zu schützen.
Newman will darauf verzichten und setzt auf mechanischen Gegendruck, der die
selbe Aufgaben erfüllen soll. Dazu muss man dicke Schichten aus speziellen
Material um den Körper des Astronauten wickeln. Der Trick ist nun, den Anzug
sowohl hauteng aber trotzdem noch elastisch zu halten, damit die Beweglichkeit
erhalten bleibt. Die Vorteile des neuen Anzugs liegen, so Newman, auf der Hand:
In den klobigen herkömmlichen Anzügen würden die Astronauten 70 bis 80 Prozent
ihrer Energie darauf verwenden, quasi gegen ihren Raumanzug anzukämpfen, um
diesen zu verformen. "In solchen Anzügen kann man Arme oder Beine nicht
viel bewegen."
So lange man in einem Orbit um die Erde kreist, bei seinem Einsatz im All
also quasi schwerelos ist, könnte man mit diesen Einschränkungen noch gut
leben. "Es ist aber etwas ganz anderes, wenn man auf dem Mond oder auf dem Mars
ist, wo man gehen oder laufen muss", gibt Newman zu bedenken. Außerdem sei der BioSuit sicherer: Wird ein herkömmlicher Anzug durch einen Mikrometeoriten
beschädigt, muss der Astronaut unmittelbar ins Raumschiff zurückkehren, da der
Anzug langsam seinen Druck verliert. Der BioSuit hätte dieses Problem nicht.
DDer endgültige BioSuit, so Newman, könnte auch einen Art Hybrid-Modell sein,
das auch Elemente der traditionelle Raumfahrtanzüge übernimmt. So könnten etwa
der Helm und die Körpersektion weiterhin konventionell unter Druck stehen, während
Arme und Beine aus dem neuen Material gefertigt sind. Die MIT-Forscher
konzentrieren sich daher auch auf die Arm- und Beinpartie, die extrem schwierig zu
designen ist. Im Labor wird dazu untersucht, welche Teile der Haut sich bei den
unterschiedlichsten Aktivitäten nicht dehnen, denn dort könnte man das "Skelett"
des Anzugs entlangführen, ohne die Mobilität einzuschränken.
Newman wünscht sich natürlich, dass ihr Raumanzug irgendwann einmal im All
zum Einsatz kommt. Ihre Forschungen könnten aber auch auf der Erde von Nutzen
sein. Komponenten wären beispielsweise zum Training von Sportlern einsetzbar
oder aber könnten behinderten Menschen beim Gehen helfen.
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