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GRAVITATIONSWELLEN
Virgo startet Suche nach Gravitationswellen
von Stefan Deiters
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23. Mai 2007

Der italienisch-französische Gravitationswellen-Detektor Virgo begann am Freitag mit der Suche nach Gravitationswellen. Zugleich schlossen sich die beteiligten Wissenschaftler dem globalen Detektornetzwerk an, das aus den drei LIGO-Detektoren in den USA sowie dem deutsch-britischen Detektor GEO600 bei Hannover besteht. Die Forscher hoffen auf den ersten direkten Nachweis von Gravitationswellen.

Gravitationswellen

Gravitationswellen sind bislang nur indirekt nachgewiesen worden.   Bild: NASA

Am 18. Mai begann der italienisch-französische Detektor Virgo mit dem ersten "Science-Run". Auf einer Pressekonferenz am gestrigen Dienstag fiel außerdem der Startschuss für einen Datenaustausch zwischen Virgo und den Gravitationswellen-Detektoren LIGO in den USA und GEO600 in Deutschland. Mit der Kooperation wollen die beteiligten Wissenschaftler die Wahrscheinlichkeit erhöhen, möglichst bald Erfolge bei ihrer Suche nach Gravitationswellen vorweisen zu können.

"Jetzt beginnt eine deutlich engere wissenschaftliche Zusammenarbeit", wertete Professor Bernhard Schulz als Vertreter des britisch-deutschen GEO600-Detektors die Aufnahme von Virgo in den Verbund. "Durch den kompletten Austausch unserer Daten und die Koordination unserer Arbeit wird die Empfindlichkeit aller Detektoren deutlich verbessert. Die Wissenschaft ist der große Gewinner."

Erfolge können die Gravitationswellen-Forscher auch gut gebrauchen: Bislang ist es nämlich nicht gelungen, die von Einstein in seiner allgemeinen Relativitätstheorie postulierten Gravitationswellen direkt nachzuweisen. Nur einen indirekten Beweis gibt es und der wurde bereits mit dem Nobelpreis belohnt: Die Astronomen Russell Hulse und Joseph Taylor beobachteten über 25 Jahre die Veränderungen der Bahndaten eines Doppelpulsars. Die von ihnen beobachtete Abnahme der Umlaufgeschwindigkeit der beiden Sterne lässt sich exakt modellieren, wenn man annimmt, dass das System Gravitationswellen abstrahlt und dadurch Energie verliert.

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Gravitationswellen werden von beschleunigten Massen erzeugt. Sie äußern sich als eine Verformung der sogenannten Raumzeit und führen dazu, dass sich der Abstand zwischen zwei Probemasse periodisch ändert. Alles was die Wissenschaftler also tun müssen, um Gravitationswellen nachzuweisen, ist diese Abstandsänderungen zu messen. Um dazu überhaupt eine Chance zu haben, konzentrieren sich die Forscher auf Wellen, die von sehr massereichen und kompakten Objekten stammen und für heftige Unruhe in der Raumzeit sorgen: Kandidaten sind beispielsweise sich schnell umkreisende Neutronensternen, supermassereiche Schwarze Löcher oder auch Supernova-Explosionen.

Doch auch diese Ereignisse liefern - selbst wenn sie sich in unserer Milchstraße ereignen - nur winzige Abstandsänderungen: Auf einer Messstrecke von drei Kilometern müssten die Forscher Änderungen nachweisen, die etwa einem Tausendstel eines Protonendurchmessers betragen. Doch die Gravitationswellen-Forscher haben diese Herausforderung angenommen und auf der ganzen Erde Detektoren errichtet. Ein Riesen-Detektor im All, der aus drei Satelliten besteht, ist auch geplant.

Das Prinzip von Detektoren wie Virgo, LIGO und GEO600 ist ähnlich: Es basiert auf einem Michelson-Interferometer, bei dem ein Laserstrahl geteilt wird und die beiden Teilstrahlen jeweils eine Teststrecke durchlaufen. Am Ende werden sie reflektiert und laufen zurück in einen Detektor. Die Apparatur kann nun so eingestellt werden, dass sich die beiden Lichtwellen im Normalfall überlagern und somit auslöschen. Der Detektor misst also nichts. Kommt aber einer der beiden Lichtstrahlen mit einer Gravitationswelle in Kontakt, stimmt die perfekte Überlagerung nicht mehr und der Detektor registriert ein Signal.

Die Gravitationswellen-Detektoren bestehen somit aus zwei langen, rechtwinklig zueinander angeordneten Tunneln, durch die der geteilte Laserstrahl geschickt werden kann. Die drei amerikanischen LIGO-Detektoren in Washington und Louisiana haben Armlängen von zwei und vier Kilometern, Virgo bei Pisa hat eine Armlänge von drei Kilometern.

Vergleichsweise bescheiden nimmt sich dagegen der britisch-deutsche Detektor GEO600 aus, der - ursprünglich mit einer Armlänge von drei Kilometern geplant - sich aus Kostengründen mit nur 600 Metern Armlänge zufrieden geben musste. Das britisch-deutsche Team aus Forschern der Universitäten in Glasgow, Cardiff und Hannover sowie vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam und Hannover haben dieses Manko aber durch Entwicklung ausgefeilter Detektor-Technologien auszugleichen versucht und beispielsweise die Empfindlichkeit von GEO600 seit 2002 um einen Faktor 3.000 erhöht.

GEO600 dient inzwischen auch als Testanlage für die Gravitationswellen-Detektoren der nächsten Generation. Viele bei Hannover getestete und entwickelte Verfahren, die die Empfindlichkeit der Detektoren weiter erhöhen, werden sich vermutlich in einigen Jahren auch in anderen europäischen Anlagen sowie in Detektoren in den USA wiederfinden. GEO600 ist seit Juni 2006 im Dauereinsatz und soll insgesamt 18 Monate lang ununterbrochen nach Gravitationswellen fahnden.

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siehe auch
Gravitationswellen: Suche nach dem Echo kosmischer Kollisionen - 1. Dezember 2006
Einstein@home: Millionen PCs sollen nach Gravitationswellen suchen - 4. Februar 2005
Gravitationswellen: Neues Zentrum für Gravitationswellen-Astronomie in Hannover - 4. Dezember 2001
Gravitationswellen: Lauschen auf das Echo des Urknalls - 2. Juni 2000
Neutronensterne: Gravitationswellen als Bremse? - 7. September 1999
AstroLinks - Gravitationswellen
Links im WWW

The Virgo Project, französisch-italienisches Projekt
GEO 600, Gravitationswellen-Detektor in Hannover
LIGO Home Page, Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory

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