Die Finsternis eines Schwarzen Lochs
von Stefan
Deiters
astronews.com
17. April 2007
Das Röntgenteleskop Chandra hat die Finsternis eines
Schwarzen Lochs in der Galaxie NGC 1365 beobachtet: Eine Gaswolke verdunkelte von der Erde aus
gesehen die helle Röntgenquelle im Zentrum der Galaxie. Für die Astronomen
stellte dies eine einmalige Gelegenheit dar, Kernvorhersagen der Theorie über
diese Objekte zu testen.
Chandras Blick auf NGC 1365. Unten das Bild im
Kontext einer VLT-Aufnahme. Bild: NASA / CXC / CfA
/ INAF / Risaliti (Röntgen); ESO / VLT (optisch) [Großansicht]
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Das supermassereiche Schwarze Loch befindet sich in der Galaxie NGC 1365, die
rund 60 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Diese Galaxie beherbergt
einen so genannten "aktiven Galaxienkern", der oft auch kurz als AGN (für
aktive galactic nucleus) bezeichnet wird. Kennzeichnend für diese aktiven
Galaxienkerne ist ein Schwarzes Loch, das ständig mit Material versorgt wird,
das sich zuvor vermutlich in einer Scheibe um die Schwerkraftfalle sammelt. Kurz bevor
das Material in das Schwarze Loch stürzt, dürfte es auf viele Millionen Grad
aufgeheizt werden und ist bei diesen Temperaturen im Röntgenbereich gut zu
beobachten.
Allerdings ist die Scheibe um das supermassereiche Schwarze Loch viel zu
klein, um von einem Teleskop aufgelöst werden zu können. Doch der Zufall kam den
Astronomen zur Hilfe: Die Scheibe wurde für einige Zeit von einer die Sichtlinie
passierenden Gaswolke verdunkelt, so dass die Astronomen aus den Daten dieser
Finsternis die Größe der Scheibe um das Schwarze Loch abschätzen konnten. "Jahrelang haben wir uns sehr schwer damit getan, die Größe dieser
Röntgenstrahlen-Struktur abzuschätzen", erläutert Guido Risaliti vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im amerikanischen Cambridge und
dem italienischen Institut für Astronomie (INAF). "Der glückliche Zufall dieser
Finsternis hat uns nun diesen Durchbruch ermöglicht."
Das Team hat mit Hilfe des Röntgenteleskops Chandra die Ausmaße
der Röntgenquelle auf die siebenfache Entfernung der Erde von der Sonne
bestimmt. Damit ist diese Quelle zwei Milliarden Mal kleiner als ihre
Muttergalaxie und nur etwa zehn Mal größer als der geschätzte Ereignishorizont
des zentralen Schwarzen Lochs. Diese Daten stimmen gut mit theoretischen
Vorhersagen überein.
"Durch die Finsternis sind wir in die Lage versetzt worden, viel näher am
Schwarzen Loch zu beobachten als es je zuvor möglich war", unterstreicht
Teammitglied Martin Elvis die Bedeutung der Beobachtung. "Material, das sich so dicht am Schwarzen Loch
befindet, wird vermutlich innerhalb der nächsten 100 Jahre den Ereignishorizont
überschreiten und somit aus diesem Universum verschwinden."
Darüber hinaus gelang es Risaliti und seinen Kollegen auch die Entfernung der
Gaswolke zu bestimmen, die die heiße Gasscheibe und das Schwarze Loch verdunkelt
hat: Sie befand sich in einer Entfernung von rund einem Hundertstel Lichtjahr
vom Ereignishorizont des Schwarzen Lochs entfernt und war dem Schwarzen Loch
damit rund 300-Mal näher als im Allgemeinen angenommen wurde. "Aktive
Galaxienkerne gehören mit zu den hellsten Objekten im Weltall und sind besonders
zur Untersuchung des jungen Universums hervorragend geeignet", so Risaliti.
"Deswegen ist das Verständnis ihrer grundlegenden Struktur sehr wichtig.
Offenbar müssen wir noch ein wenig arbeiten, um diese Monster wirklich zu
verstehen."
Chandra hat NGC 1365 insgesamt sechs Mal beobachtet - alle zwei Tage
über einen Zeitraum von zwei Wochen. Bei fünf Beobachtungen war die
hochenergetische Röntgenstrahlung von der zentralen Röntgenquelle sichtbar, bei
der zweiten Beobachtung - also der Finsternis - nicht.
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