Roboter-Teleskop im ewigen Eis
Redaktion / idw / AIP
astronews.com
23. März 2007
Potsdamer Astronomen wollen aus dem ewigen Eis nach
extrasolaren Planeten fahnden. Zusammen mit europäischen Partnern planen sie bis
2012 in der Antarktis ein 60cm-Doppelteleskop zu errichten, mit dem dann jeweils
drei Monate lang ununterbrochen beobachtet werden kann. Gleichzeitig soll das
ICE-T getaufte Teleskop auch Beobachtungsdaten aus der Erdatmosphäre liefern.
Entwurf von ICE-T, das Teleskop, das zukünftig in der Antarktis
beobachten soll. Bild: AIP |
Ab 2012 soll ein robotisches 60cm-Doppelteleskop von der Antarktis aus für
das Astrophysikalische Institut Potsdam (AIP) und das Alfred-Wegener-Institut
Bremerhaven und sechs weitere beteiligten Institute in Europa und Australien in
Beobachtungsabschnitten von 3 Monaten pro Jahr nach extrasolaren Planeten
suchen. Vom 26. bis 29. März findet hierzu im EU-Rahmenprogramm ARENA ("Antarctic
Research, a European Network for Astrophysics") eine Konferenz auf Teneriffa
statt, auf der sich Astronomen, Techniker, die Betreiber der schon vorhandenen
italienisch-französischen CONCORDIA-Station und logistische Teams treffen. Dabei
werden die Grundbedingungen für den Aufbau von Teleskopen und deren zukünftigen
Betrieb diskutiert und geplant.
Das Doppelteleskop mit dem Namen ICE-T, was für "International Concordia
Explorer Telescope", ist in vielerlei Hinsicht einzigartig und muss daher
gut geplant werden. Das Teleskop soll am sogenannten Dome C, einem 3.280 Meter
hohem Hochplateau in der Ostantarktis, vollautomatisch optische
Hochpräzisionsphotometrie betreiben. Dome C ist ein Standort zwischen Himmel und
Erde mit einer Umgebungstemperatur zwischen -30°C im Sommer und bis zu -80°C im
Winter sowie praktisch null Prozent Luftfeuchtigkeit - ein also eher
ungemütlicher Ort. ICE-T soll extrasolare Planeten um sonnenähnliche Sterne
suchen und gleichzeitig irdische atmosphärische Daten aufnehmen ohne dass jemand
vor Ort zu sein braucht. Die gleichzeitige Benutzung eines Teleskops für
atmosphärische und astrophysikalische Wissenschaften ist bisher ebenso einmalig.
Das Antarktische Plateau ist hervorragend geeignet, denn es bietet
einzigartige Umweltbedingungen für astronomische Beobachtungen. Es gibt saubere
und extrem trockene Luft, kaum Wind, keine üblichen Tag-/Nacht Zyklen mit der
einhergehenden periodischen Lufterwärmung, und auch keine Luftverschmutzungen.
Erfahrungen mit diesen Umweltbedingungen haben seit 2005 italienische und
französische Wissenschaftler auf ihrer CONCORDIA-Station gesammelt. Sie wollen
nun helfen, ICE-T im Rahmen der EU voranzutreiben.
Und diese Erfahrungen dürften auch nötig sein: Denn natürlich gibt es auch
Probleme mit einem Teleskop in der Antarktis. Das Material ist hohen thermischen
Belastungen ausgesetzt, ganz ähnlich wie im Weltraum. Es gibt mikroskopisch
kleine Eispartikel, sogenannter Diamantstaub, der sich auf die Teleskopoptik
absetzen kann. Doch das größte Problem ist die physische Isolation im Winter.
Winter in der Antarktis ist gleich Nacht. Die Station ist von der Küste über
1.000 Kilometer entfernt und daher im Winter bis zu neun Monate lang nicht bzw.
nur im äußersten Notfall und unter hohem Kostenaufwand erreichbar. Außerdem gibt
es durch Bodenwolken in der Nacht Temperaturschwankungen von 20-30°C, die dazu
führen können, dass sich das Teleskop defokussiert. Diese Probleme sind aber
bekannt und werden in die Planung einbezogen.
Daher wird ICE-T ein robotisches Teleskop nach dem Vorbild STELLA (astronews.com
berichtete) werden, und mit künstlicher Intelligenz ausgestattet werden. Für
drei Monate pro Jahr, also eine Nacht, wird am Himmel in zwei Bandpässen ein
Himmelsausschnitt kontinuierlich beobachtet, ohne dass es zwischendurch hell
wird. "ICE-T soll die präzisesten photometrischen Beobachtungen, die jemals von
der Erde aus gemacht wurden, liefern." erläutert der Projektleiter, Prof. Klaus
G. Strassmeier, einer der beiden wissenschaftlichen Direktoren des AIP und
zuständig für den Fachbereich Kosmische Magnetfelder. Etwa 1,3 Millionen Sterne
in einem Himmelsfeld von etwa 65 Quadratgrad werden gleichzeitig nach
Helligkeitsschwankungen, verursacht durch den Vorübergang eines extra-solaren
Planeten vor der Scheibe seines Muttersternes, abgesucht. Dabei wird auch deren
magnetische Aktivität gemessen. Falls eine Fehlfunktion des Teleskops vorliegt,
stellt sich das Teleskop auf den Himmelssüdpol um und nimmt dann immer noch
100.000 Sterne auf.
Die nächste Schwierigkeit ist die Frage, wohin mit diesen vielen Daten? In
der Antarktis gibt es kein Internet und kein Lichtleiterkabel bis zur Küste,
daher müssen die Daten bis zum Tagbeginn am Teleskop vor Ort gespeichert werden
und können erst dann physisch durch eine Expedition abgeholt werden. Es handelt
sich hier aber um riesige Datenmengen im Bereich von 200 Terabyte (200 Millionen
MegaByte), die selbst nach der Kompression noch 70-100 Terabyte umfassen und
daher noch mal reduziert werden müssen. Ein automatisches
Datenreduktionsprogramm vor Ort übernimmt diese Aufgabe.
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