Neue Aufgabe für alte TV-Satelliten
Redaktion / DLR
astronews.com
24. Januar 2007
Was passiert mit Fernsehsatelliten, die nicht mehr benötigt
werden? Sie umrundeten bislang viele Jahre lang nutzlos weiter die Erde. Beim
Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat man sich nun über eine sinnvollere
Verwendung für Satellitenveteranen Gedanken gemacht: Sie sollen für den
Radioempfang im Auto eingesetzt werden.
Für die Messfahrten verwendeten die DLR-Wissenschaftler ein
Fahrzeug mit einem Radom für die Satelliten-Empfangsantenne.
Foto: DLR |
Nicht mehr benötigte Fernsehsatelliten müssen nicht länger sinnlos ihr Dasein im
Erdorbit fristen, sondern können Autofahrern über viele weitere Jahre
Radioempfang bieten. Diese Vision von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums
für Luft- und Raumfahrt (DLR) nimmt nun Formen an. "Ku-Mobil" heißt das von der
Europäischen Weltraumorganisation ESA geförderte Projekt, welches das
DLR-Institut für Kommuniktion und Navigation zusammen mit Partnern morgen im
European Space Research and Technology Centre (ESTEC) im niederländischen
Noordwijk abschließend vorstellen wird. Die Informations-Übertragung erfolgt bei
diesem Projekt im so genannten Ku-Frequenzbereich um elf Gigahertz.
Das System ähnelt den mobilen Satellitenradios in den Vereinigten Staaten, die
bereits von mehr als zehn Millionen Teilnehmern genutzt werden. Diese
funktionieren ähnlich wie normale Radios, da sie die empfangenen Informationen
direkt auf den Lautsprecher geben, ohne sie zwischen zu speichern. Dieses
Ausstrahlungskonzept wurde von den DLR-Wissenschaftlern radikal verändert: Sie
hatten die Idee, selbstständige Beiträge wie Nachrichten, einzelne Musiktitel
oder Interviews unabhängig voneinander zu versenden.
Ein solcher dateibasierter Ansatz beginnt sich derzeit im Internet unter dem
Stichwort "Podcast" zu etablieren. Bei einem solchen Konzept ist kein
unterbrechungsfreier Datenstrom mehr erforderlich, für den in den USA mehr als
eine Milliarde Dollar in leistungsstarke Satellitensysteme und Infrastruktur
investiert wurde.
Das Konzept der DLR-Wissenschaftler, das vorhandene und ausgediente Satelliten
nutzt, ist somit deutlich kostengünstiger und bietet auch dann ein Programm,
wenn ein Kontakt zum Satelliten nur zeitweise vorhanden ist: Hat der Empfänger
des Autos Kontakt zu dem Satelliten, werden die Radio-Beiträge als Datei-Pakete
empfangen und auf der Festplatte des Empfängers gespeichert. Eine mitgeschickte
Programmdatei entscheidet, in welcher Reihenfolge die Dateien für einen
bestimmten Sender abzuspielen sind und was bei Fehlen einer Datei stattdessen zu
spielen ist. So stehen dem Nutzer beispielsweise in einer Tiefgarage, in der für
gewöhnlich jedes herkömmliche Radio streikt, Musiktitel und allgemeine Beiträge
aus dem Speicher in bester Audioqualität zur Verfügung.
Mit einem "personalisierten Rundfunkprogramm" ist auch die Kombination
unterschiedlicher Zugangsmedien möglich. Die Lieblingsmusik des Benutzers könnte
beispielsweise von einer eingelegten CD oder einem MP3-Spieler kommen, und
zwischen den Musikstücken würden aktuelle Nachrichten oder andere Beiträge via
Satellit eingeblendet. Neben den reinen Audio-Programmen werden auch Bilder,
Karten, Video-Clips und web-basierte Inhalte übertragen.
In einem von SES GLOBAL geführten Konsortium zusammen mit den Partnern SES
ASTRA, BMW, Dornier-Consulting, der Deutschen Welle, dem Institut für
Rundfunktechnik, TriaGnoSys, der Universität Braunschweig und dem Frauenhofer
Institut für Integrierte Schaltung wurde diese Vision nun Wirklichkeit. Im
Auftrag der ESA wurde gemeinsam ein Demonstrator entwickelt und das Konzept auf
mehreren Fahrten in und um München, Luxemburg, Amsterdam bis nach Kopenhagen vom
DLR erfolgreich getestet.
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