Die Quelle des Sternenstaubs
von Stefan
Deiters
astronews.com
6. November 2006
Mithilfe des Spitzer-Weltraumteleskops fanden
amerikanische Astronomen eine bislang unbekannte aber sehr effektive Quelle
kosmischen Staubs: Im Kugelsternhaufen M15 entdeckten sie große Mengen dieses
Stoffes, der für unsere Existenz so entscheidend ist. Die Rolle von massearmen
Sternen bei der Produktion von Sternenstaub scheint somit bislang unterschätzt
worden zu sein.
Spitzers Blick auf M15. Im oberen Bild ist
hauptsächlich das Licht heißer Sterne zu sehen,
im unteren Bild die Emission des kalten Staubs.
Die riesige Staubwolke (rot) ist deutlich zu
erkennen. Fotos:
M. Boyer, C. Woodward, University of Minnesota
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Wir alle bestehen aus Sternenstaub. Unsere Existenz verdanken wir dem Tod von
fernen Sonnen, die ihr nukleares Leben in einer gewaltigen Supernova-Explosion
beendet und dabei große Mengen an Staub ins All geblasen haben. Aus diesem
Material entstanden dann vor über vier Milliarden Jahren die Sonne, die Erde und
letztlich auch die Menschen. Diese recht poetische Vorstellung, dass aus dem
gewaltsamen Ende eines Sterns neue Sonnen und schließlich auch Leben entsteht,
hat nur ein Problem: Es gibt zu viel Staub im Universum als dass
Supernova-Explosionen komplett dafür verantwortlich sein können.
Neue
Beobachtungen des Spitzer-Weltraumteleskops helfen nun aber dieses Problem
zu lösen: Astronomen der University of Minnesota haben mit Spitzers Hilfe
Staub an einem Ort entdeckt, an dem nie zuvor Staub gefunden wurde. Ihr Fund
deutet darauf hin, dass masseärmere Sterne, die nicht als Supernova enden, eine
wichtige Rolle bei der Staubproduktion im All spielen.
Obwohl der nukleare Tod von diesen Sternen nicht so spektakulär wie eine
Supernova-Explosion ist, könnte ihre Staubproduktion doch entscheidend für die
Entstehung von Sternen wie unserer Sonne sein. Die Suche nach Staubquellen im All
hilft den Wissenschaftlern aber nicht nur, den Ursprung unseres eigenen
Sonnensystems besser zu verstehen, sondern liefert auch Hinweise darauf, wo man
nach gerade neu entstehenden Planetensystemen suchen sollte.
Astronomie-Doktorandin Martha Boyer und ihr Betreuer Charles "Chick" Woodward
haben erstmals Staub in einem Kugelsternhaufen entdeckt, also einer Ansammlung
von alten Sternen, die alle etwa ein Alter von 12,5 Milliarden Jahren haben.
Kugelsternhaufen gehören zu den ältesten Bestandteilen unserer Milchstraße. Alle
Sterne in ihnen wurden in etwa zur selben Zeit geboren. So finden sich auch in
dem untersuchten Haufen M15 viele Sterne, die etwas die Masse
unserer Sonne haben. Einige von ihnen haben gerade das Ende ihres
nuklearen Lebens erreicht: Sie blähen sich zu Roten Riesen auf und blasen dabei
Teile ihrer äußeren Hülle ins All. Darin befinden sich die Saatkörner für kosmischen Staub.
Überraschend an den Beobachtungen von M15 ist die Tatsache, dass relativ viel
Staub entstehen konnte, obwohl die Sterne relativ wenig schwere Elemente
besitzen. Dabei sind Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff aber notwendig, um
Staubkörner entstehen zu lassen. Die Sterne in M15 aber gleichen mehr den ersten
Sternen im Universum: Sie bestehen überwiegend aus Wasserstoff und Helium.
Höherwertige Elemente sind noch nicht entstanden.
Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen könnte sein, dass sich in Sternen mit
einer größeren Häufigkeit an schweren Elementen Kohlenstoff und Sauerstoff
an der Oberfläche oft zu Kohlenmonoxid verbinden. In den Sternen von M15 gibt es
aber kaum Sauerstoff, so dass mehr Kohlenstoff zur Bildung von Staub zur Verfügung steht.
"Unsere Arbeit könnte zeigen, dass Staub sehr effektiv von diesen massearmen
Sternen produziert werden kann, obwohl die Sterne keine schweren Elemente
haben", erläutert Boyer. "Dieser Staub verbindet sich dann mit anderem
interstellarem Gas und irgendwann entstehen daraus wieder Sternen und Planeten.
Vor 13 Milliarden Jahren sahen vielleicht alle Sterne so aus wie die in M15. Nur
befanden sie sich nicht Haufen, sondern einfach überall und haben während ihrer
Roten Riesenphase Staub ins All geblasen."
Entsteht irgendwo ein neues Sonnensystem, könnte das Material eine Mischung
aus dem Staub von Roten Riesen und dem von Supernova-Explosionen sein. Doch
besonders aus einem Grund ist die Entdeckung wichtig: "Die Mehrheit der Sterne
im Universum sind massearme Sterne. Deswegen ist es entscheidend zu wissen, dass
sie auch Staub produzieren. Sie sind vielleicht sogar die Hauptproduzenten."
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