Messungen am Doppel-Pulsar
von Rainer Kayser
15. September 2006
Wissenschaftler sind von Natur aus kritisch und so ist es
nur zu verständlich, dass zahlreiche Forschergruppen nach Möglichkeiten suchen,
die Vorhersagen von Einsteins Relativitätstheorie zu bestätigen oder aber
etwaige Widersprüche aufzudecken. Ein Doppel-Pulsar bot Astronomen nun genau
diese Möglichkeit: Messungen an dem System bestätigten jedoch die Vorhersagen
Einsteins mit einer Genauigkeit von 0,05 Prozent.
Der Doppel-Pulsar bietet den Astronomen eine einmalige
Möglichkeit zum Test von Einsteins Theorie. Bild: Michael
Kramer, Jodrell Bank Observatory |
Zwei ultragenaue Uhren, die sich auf engen Bahnen in einem starken
Schwerefeld umkreisen - damit ließe sich die Allgemeine Relativitätstheorie
Albert Einsteins hervorragend testen. Die Physiker brauchen von einem solchen
Experiment nicht länger träumen. Die Natur liefert es ihnen frei Haus: 2.000
Lichtjahre von der Erde entfernt umkreisen sich zwei Pulsare, extrem dichte
Gestirne, die regelmäßig Radiosignale aussenden. Ein internationales
Forscherteam berichtet in der Online-Ausgabe des Fachblatts Science von
einer dreijährigen Vermessung des Pulsarsystems. Die Ergebnisse bestätigen mit
einer Genauigkeit von 0,05 Prozent die Allgemeine Relativitätstheorie.
"Die
Allgemeine Relativitätstheorie beschreibt das System, so weit wir es bislang
kennen, im Rahmen der Messgenauigkeit absolut perfekt", fasst Ingrid Stairs von
der University of British Columbia im kanadischen Vancouver das Ergebnis
der Beobachtungen zusammen, die sie gemeinsam mit Kollegen aus Australien,
Großbritannien, Italien und den USA durchgeführt hat. Der Doppelpulsar PSR
J0737-3039 ist ein einzigartiges System, weil beide Pulsare so orientiert sind,
dass sich ihre Radiopulse auf der Erde empfangen lassen. Dadurch lassen sich die
Bahnen der beiden Himmelskörper, die sich in einem Abstand von nur einer Million
Kilometer umkreisen, genau vermessen.
Pulsare sind Neutronensterne, ultradichte Sternenleichen, die bei einem
Durchmesser von rund 20 Kilometern die Masse einer Sonne enthalten. Sie senden
stark gebündelte Radiostrahlen aus, die durch die schnelle Rotation der
Neutronensterne wie die Strahlen eines Leuchtturms durch das All schwenken. Wird
die Erde von diesen Strahlen getroffen, so registrieren die Astronomen mit ihren
Antennen regelmäßige Radiopulse. Die beiden Pulsare von PSR J0737-3039 besitzen
Perioden von 22 Millisekunden und 2,7 Sekunden und umkreisen einander in 2,4
Stunden.
Durch die rasante Bewegung der Pulsare auf ihren Bahnen schwanken von der
Erde aus gesehen ihre Perioden: bewegen sie sich auf die Erde zu, dann folgen
die Pulse schneller aufeinander, bewegen sie sich von der Erde weg, dann
verlangsamt sich die Periode. Aus der Beobachtung dieser Variationen konnten
Stairs und ihre Kollegen die genauen Bahnparameter des Systems bestimmen und mit
den Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie vergleichen. Es handelt sich
um den bislang genauesten Test dieser Theorie in starken Gravitationsfeldern.
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