Lebensspuren im Wüstenlack
von Stefan
Deiters
astronews.com
10. Juli 2006
Wie könnte man auf unserem Nachbarplaneten Mars am besten
nach Spuren früheren Lebens suchen, wo sollte man Proben nehmen und welche
Gesteinsarten eignen sich am besten für eine Rückholmission? Diese Frage stellt
sich allen, die Missionen zum Roten Planeten planen. Von Geologen des
Imperial College in London kommt jetzt ein Vorschlag: Lebensspuren könnten
sich im so genannten Wüstenlack finden lassen.
Wüstenlack hat Geologen schon seit Mitte des 19.
Jahrhunderts fasziniert. Foto: Imperial College London |
In den trockensten Regionen der Erde findet sich auf manchen Gesteinen ein
merkwürdig schimmernder Überzug, der von Geologen Wüstenlack genannt wird.
In einer jetzt veröffentlichten Studie haben Geologen des Imperial College in London eine
bemerkenswerte Eigenschaft dieses mysteriösen Gesteinsüberzugs aufgedeckt: In
der Juli-Ausgabe der Fachzeitschrift Geology berichten die Forscher, dass der
Wüstenlack quasi Zeugnis ablegt vom Leben, das um ihn herum existiert hat: Durch
ihn werden nämlich Spuren von DNA, Aminosäuren und anderen organischen
Materialen an das Wüstengestein gebunden.
Wenn man also auf dem Roten Planeten nach Spuren von Leben suchen will, sollte
man nach Gesteinen suchen, die mit marsianischem Wüstenlack überzogen sind.
Diese würden, so die Geologen, auf jeden Fall auf die "Einkaufsliste" einer
Probenrückholmission vom Mars gehören.
Woher dieser schimmernde Überzug, der aussieht, als sei er auf die Felsen gemalt,
stammt, beschäftigt Forscher schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Sogar
Charles Darwin konnte sich der Faszination des Wüstenlacks nicht entziehen und
beauftragte eigens einen Biochemiker mit einer genaueren Analyse. Ursprünglich
dachte man, dass die dunkle Farbe auf das Mineral Manganoxid zurückzuführen ist
und dass jegliche Lebensspuren, die sich im Wüstenlack finden lassen, auf die
Aktivität von Mikroben in diesem Mineral zurückzuführen sind.
Diese Ansicht muss nun revidiert werden: Unter anderem mit einem hochauflösenden
Elektronenmikroskop konnten die Geologen nachweisen, dass Mikroben nicht die
Ursache für die Lebensspuren in dem Maganoxid sind. Zudem stellten sie fest,
dass das wichtigste Mineral in dem Überzug Kieselsäure ist und damit biologische
Prozesse bei der Entstehung des Wüstenlacks keine Rolle spielen sollten. Die
Geologen gehen vielmehr davon aus, dass sich die Kieselsäure von anderen
Mineralien gelöst und sich dann wie ein Überzug über das Gestein gelegt und
dabei organische Spuren eingeschlossen hat.
Somit, erläutert Dr. Randall Perry vom Department of Earth Science and
Engineering am Imperial College in London und Hauptautor der Studie,
könnte Wüstenlack als Indikator für früher vorhandenes Leben in der jeweiligen
Umgebung verwendet werden, da eben keinerlei Leben benötigt wird, um den
Wüstenlack entstehen zu lassen. "Wenn Kieselsäure in ähnlichen Überzügen in der
Marswüste oder in Höhlen existiert, dann könnte sie urzeitliche Mikroben und
chemische Fingerabdrücke von früherem Leben eingeschlossen haben."
Dabei wäre durch die Analyse des mit marsianischem Wüstenlack überzogenen
Gesteins auch ein Rückblick in die Marsgeschichte möglich: "Wüstenlack entsteht
über einen Zeitraum von vielen Zehntausenden von Jahren und die tiefsten und
ältesten Schichten des Lacks könnten zu einer Zeit entstanden sein, als noch
deutlich andere Bedingungen herrschten als in den oberen Schichten", so Perry.
"Gesteine mit Wüstenlack würden also einen faszinierenden Einblick in die
Marsgeschichte geben."
|
Mission Mars - die
astronews.com Berichterstattung über die Erforschung des roten
Planeten |
|