Neuer Stern gibt Rätsel auf
von Rainer Kayser
20. Juni 2006
Astronomen haben im Sternbild Bootes einen neuen Stern
entdeckt, der auf den ersten Blick wie eine Supernova in einer fernen Galaxie
aussah. Doch inzwischen wissen die Wissenschaftler überhaupt nicht mehr, was sie
von dem Fund halten sollen: Das Objekt verhält sich weder wie eine normale
Supernova, noch wie ein veränderlicher Stern oder ein entfernter Quasar.
Der bekannte Krebsnebel ist der Überrest einer Supernova-Explosion aus dem Jahr 1054. Foto: NASA, ESA, J. Hester und A. Loll (Arizona
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Als am 22. Februar im Sternbild Bootes (Bärenhüter) ein neuer Stern
aufleuchtete, dachten die Astronomen zunächst an eine Supernova in einer fernen
Galaxie. Doch das Objekt verhielt sich nicht wie erwartet: Seine Helligkeit
stieg zu langsam und es behielt im Gegensatz zu einer Supernova seine Farbe
unverändert bei. Bislang haben die Forscher keine Erklärung für das Objekt. Sie
hoffen nun, dass weitere Beobachtungen dabei helfen, die Natur des neuen Sterns
zu enträtseln.
"Es könnte ein variabler Stern in der Milchstraße sein, eine Supernova oder
eine Quasar", erklärte Kyle Dawson vom Lawrence Berkeley National Laboratory
gegenüber dem Wissenschaftsmagazin New Scientist, "aber keine dieser
Erklärungen macht wirklich Sinn." Denn kein veränderlicher Stern, keine
Supernova und kein Quasar habe bislang ein ähnliches Verhalten gezeigt. Dawson
ist Mitglied des "Supernova Cosmology Projects", in dessen Rahmen die Astronomen
nach Sternexplosionen in fernen Galaxien suchen. Aus der Helligkeit und der
Entfernung der explodierenden Sterne lassen sich zum Beispiel Rückschlüsse auf
den Verlauf der Expansion des Weltalls ziehen.
Doch Supernovae erreichen normalerweise nach 20 Tagen ihre maximale
Helligkeit - das rätselhafte Objekt im Bootes benötigte 100 Tage. Im Prinzip
könnte die Lichtkurve des Objekts durch die kosmische Expansion um einen Faktor
5 gestreckt worden sein. Doch dies würde auf eine Entfernung von rund zwölf
Milliarden Lichtjahren führen. Bei einer solchen Entfernung müsste eine
Supernova sehr viel heller als üblich sein. Gegen eine Supernova spricht auch,
dass sich die Farbe des Objekts bislang nicht verändert hat. Bei einer Supernova
führen die Änderungen der Temperatur im Verlauf der Explosion jedoch zu
charakteristischen Farbänderungen.
Könnte es sich also um ein ungewöhnliches Objekt innerhalb unserer
Milchstraße handeln? Dagegen spricht, dass sich im Spektrum des Objekts
Absorptionslinien mit einer Rotverschiebung von 0,54 finden. Dieser Wert
entspricht einer Entfernung von 5,5 Milliarden Lichtjahren. Das Objekt muss
folglich mindestens so weit von uns entfernt sein, damit sein Licht das
absorbierende Gas in dieser Entfernung durchqueren konnte. Im Juni will Dawson
den rätselhaften neuen Stern erneut beobachten. Vielleicht, so hofft der
Astronom, finden sich dann Veränderungen im Spektrum, die Hinweise auf die Natur
des Objekts geben.
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