Teilzeit-Pulsar begeistert Forscher
von Stefan
Deiters
astronews.com
9. März 2006
Mithilfe des 76-Meter Radioteleskops der Universität
Manchester in Jodrell Bank haben Astronomen einen recht merkwürdigen Pulsar
aufgespürt: Der rotierende Neutronenstern scheint sich regelmäßig für einen
Monat abzuschalten. Das eigentümliche Verhalten ist für die Wissenschaftler
jedoch eine
einmalige Gelegenheit, die Theorien über diese Objekte zu prüfen.
Bei Pulsaren handelt es sich um äußerst kompakte, magnetische
Neutronensterne, die nach der Explosion eines massereichen Sterns zurückbleiben.
Sie werden oftmals auch als kosmische Leuchtfeuer bezeichnet, da sie sich um die
eigene Achse drehen und dabei
einen eng gebündelten Strahl aus Radiowellen ins All senden. "Mit Pulsaren wird
der Traum eines jeden Physikers war", ist sich Dr. Michael Kramer vom Jodrell
Bank Radioteleskop der University of Manchester sicher. "Sie sind aus der
merkwürdigsten Materie gemacht, die man im Universum findet und rotieren sehr
gleichmäßig, was sie quasi zu kosmischen Uhren macht." Allerdings hat der
"Traum" ein Problem: "Wir wissen nicht, wie diese Uhren funktionieren. Aber der
Fund sollte uns helfen, dieses Problem zu lösen."
Der von Kramer und seinen Kollegen gefundene Pulsar ist nur in Abständen
aktiv: Für ungefähr eine Woche zeigt er das Verhalten eines normalen Pulsars,
doch dann schaltet er sich quasi ab und fängt erst wieder rund einen Monat
später an erneut aktiv zu sein. Mit dieser Eigenschaft ist der Pulsar mit Namen
PSR B1931+24 bislang einmalig und bietet so den Forschern die Möglichkeit, den
Stern in seiner ruhigen und aktiven Periode zu studieren. In seiner Ruhephase ist PSR B1931+24 sehr schwer zu entdecken, was natürlich den Schluss zulässt, dass
es noch sehr viele ähnliche Objekte geben muss, die bislang unentdeckt sind.
"Nach der Entdeckung von Pulsaren haben Theoretiker versucht, ihre
Eigenschaften durch starke elektrische Felder zu erklären, die Teilchen von der
Oberfläche des Neutronensterns in eine den Stern umgebende Wolke aus
magnetisiertem Plasma befördern, in die so genannte Magnetosphäre", erläutert
Kramers Kollege Prof. Andrew Lyne. "Allerdings war es uns für fast 40 Jahre
nicht möglich diese Theorie zu testen."
Im Falle von PSR B1931+24 stellten die Wissenschaftler nun fest, dass die
Drehung des
Sterns offenbar stärker abgebremst wird, wenn der Pulsar aktiv ist. "Wir können
deutlich sehen, dass irgendetwas auf die Bremse tritt, wenn der Pulsar an ist",
so Teammitglied Dr. Christine Jordan. Dieser Bremsmechanismus, so glauben die
Wissenschaftler, muss mit der Erzeugung von Radiowellen zu tun haben. Er wäre
beispielsweise durch einen Teilchenwind erklärbar, der die Magnetosphäre des
Pulsars verlässt und dabei auch Rotationsenergie mitnimmt. Ein solcher
Bremseffekt war von den Theoretikern erwartet worden, doch jetzt ist es erstmals
gelungen, einen direkten Beweis dafür zu finden.
Und die Beobachtungen scheinen die Theorie nahezu perfekt zu bestätigen: Wie
stark die Drehung des Pulsars nämlich abgebremst wird, hängt von der Anzahl von
Ladungen ab, die die Magnetosphäre des Neutronensterns verlassen. Als die
Wissenschaftler die genaue Anzahl berechneten, stellten sie fest, dass sie sich
nur zwei Prozent von der theoretischen Vorhersage unterscheidet. "Wir waren
nahezu geschockt, als wir die Zahl auf dem Computer sahen", so Kramer. "Wenn man
bedenkt, wie komplex ein Pulsar ist, hätten wir nie erwartet, dass die Theorie
über die Magnetosphäre so genaue Aussagen machen kann."
"Es ist schon faszinierend", ergänzt Lyne, "dass man nach fast 40 Jahren
nicht nur ein neues Phänomen bei Pulsaren gefunden hat, sondern dass dies uns auch
eine ganz unerwartete Möglichkeit gibt, eine fundamentale Theorie über
die Pulsare zu testen."
Der erste Pulsar wurde 1967 von Jocelyn Bell
entdeckt, die damals gerade an ihrer Doktorarbeit arbeitete. Sie nutzte das Mullard Radio Astronomy Observatory im
englischen Cambridge. Zusammen mit ihrem Doktorvater Anthony Hewish, der 1974
den Nobelpreis für Physik erhielt, untersuchte sie die entdeckten regelmäßigen
Signale, für die beide zunächst keine Erklärung hatten und sie sogar für
außerirdische Botschaften hielten. Wenig später konnte man aber zeigen, dass
rotierende Neutronensterne für solche Pulse verantwortlich sein können.
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