So entstand der "Mann im Mond"
von Stefan
Deiters
astronews.com
15. Februar 2006
Lange haben Forscher gerätselt, wie der "Mann im Mond", eine
Formation von dunklen Flächen auf der Mondoberfläche, die irgendwie
an einen Smiley erinnert, entstanden ist. Jetzt fanden amerikanische Wissenschaftler Hinweise
darauf, dass ein gewaltiger Einschlag auf der erdabgewandten Seite des Mondes
dafür verantwortlich sein könnte.
Entstand der "Mann im Mond"
durch einen gewaltigen Einschlag auf der
erdabgewandten Seite des Mondes? Foto: NASA
Darstellung der im Mondinneren gefunden
Strukturen auf der erdabgewandten und
-zugewandten Seite. Bild: Laramie Potts,
Ohio State University [Großansicht]
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Die frühen Apollo-Missionen brachten einen überraschenden Sachverhalt
über unseren Trabanten ans Licht: der Mond ist nicht wirklich rund. Auf der
erdzugewandten Seite ist er ein wenig ausgebeult, auf der erdabgewandten Seite
ein wenig eingedellt. Lange Zeit haben Forscher daher vermutet, dass diese Form
des
Mondes auf den Einfluss der Anziehungskraft der Erde zurückzuführen ist. Doch nun fanden Laramie Potts
und Ralph von Frese von der Ohio State University Hinweise darauf, dass sich
dieses Phänomen durch einen gewaltigen Einschlag auf dem Mond erklären lässt.
Die Forscher haben Daten der Mondsonden Clementine und Lunar
Prospector ausgewertet, um mehr über das Innere unseres Trabenten zu
erfahren. Sie erwarteten, unter der Oberfläche Spuren der Einschläge zu finden,
die zu den sichtbaren Kratern gehören - allerdings nur im so genannten
Mantel, jener Schicht zwischen äußerer Kruste und dem inneren Metallkern des
Mondes.
Zunächst sah es ganz so aus, als würden die Daten genau dies ergeben, wenn es
da nicht diese merkwürdige Beule gegeben hätte. Diese lag direkt unter einem
Krater auf der erdabgewandten Seite des Mondes in über 1.000 Kilometern Tiefe.
Der Mantel war dort aufgewölbt und reichte in den Mondkern. "Normalerweise geht
man nicht davon aus, dass ein Einschlag auf der Oberfläche bis zum Mondkern
reicht", so von Frese.
Doch damit nicht genug: Auf der "anderen Seite" des Kerns und damit auf der
erdzugewandten Seite fand sich auch eine Beule. Doch diesmal reichte der Kern in
den Mantel herein. Es sah genau so aus, als wäre Kernmaterial des Mondes von der
erdabgewandten Seite auf die erdzugewandte Seite gedrückt worden. Darüber fand
sich ein aufgewölbter Mondmantel und schließlich eine Ausbuchtung auf der
Mondoberfläche.
Für die Wissenschaftler aus Ohio kann dies kein Zufall sein: Ein großer
Asteroid, so ihre Schlussfolgerung, muss den Mond auf der erdabgewandten Seite
vor langer Zeit getroffen haben. Dadurch wurde eine Stoßwelle erzeugt, die durch
den Mondkern zur anderen Seite des Mondes lief. Ein ähnliches Ereignis
könnte sich, allerdings etwas früher, auch auf der erdzugewandten Seite
abgespielt haben.
Dies alles geschah nach Ansicht der Forscher vor rund vier Milliarden Jahren
und damit zu einer Zeit, als der Mond noch geologisch aktiv, Kern und Mantel
also noch nicht fest waren. Zudem war der Mond damals der Erde deutlich näher,
so dass der Einfluss der Schwerkraft der Erde auf den Mond deutlich größer war.
Als Magma durch den Einschlag an die Oberfläche gelangte, wurde es dort von der
Anziehungskraft der Erde gehalten. Die gewölbte Oberfläche wurde so konserviert
und zeugt bis heute von den damaligen Ereignissen.
Und die damaligen Einschläge könnten auch für prominente Oberflächenstrukturen
verantwortlich gewesen sein, wie etwa den so genannten "Mann im Mond". Die diese
Struktur bildenden Mondmeere bestehen aus mit Magma gefüllten Mondkratern.
Bislang war es nicht klar, wie das Magma auf die Mondoberfläche gelangt ist. Die
gewaltigen Einschläge würden eine Erklärung liefern: Sie könnten einen geologischen "Hotspot" erzeugt haben, wo Magma durch
Brüche in der Kruste an die Oberfläche gelangen kann.
Auch auf der Erde finden sich solche "Hotspots", etwa die Inselkette von
Hawaii. So fragen sich die Forscher aus Ohio jetzt, ob auch für solche noch heute
aktiven "Hotspots" Asteroideneinschläge in der frühen Erdgeschichte verantwortlich
sein könnten. "Sicherlich gab es auch auf der Erde viele Einschläge", so von
Frese. "Zwar sind die Hinweise nicht mehr so deutlich zu sehen, doch gibt es
Hotspots wie Hawaii. Und einige Hotspots haben auch Entsprechungen auf der
anderen Seite der Erde." Die Wissenschaftler wollen nun diese These durch eine
genauere Untersuchung des Chicxulub-Kraters in Mexiko überprüfen, der durch
einen Einschlag vor rund 65 Millionen Jahren entstanden sein soll, der auch als
Ursache für das
Aussterben der Dinosaurier gilt.
Doch vieles über die Zusammensetzung des Mondes ist bis heute unbekannt: Zwar
hat man eine Vorstellung darüber, wie der Mond entstand und wie sein Aufbau
ausgesehen haben muss, doch könnten Einschläge, wie sie jetzt entdeckt wurden,
alles durcheinander gebracht haben. Erst eine Mondstation und deutlich mehr
Gesteinsproben vom Mond dürfte wirklich Aufschluss über die Zusammensetzung
unseres Trabanten und seine Geschichte geben.
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