Wie junge Sterne ihre Umgebung formen
von
Hans Zekl
für
astronews.com
21. November 2005
In einer 210.000 Lichtjahre entfernten Satellitengalaxie unserer
Milchstraße, der kleinen Magellanschen Wolke, liegt ein äußerst aktives
Sternentstehungsgebiet. In diesem befindet sich der Sternhaufen NGC 346, den das
Hubble-Weltraumteleskop nun genauer unter die Lupe nahm. Das Bild zeigt
eine eigentümliche Umgebung mit zahlreichen gerade entstehenden Sternen.
Hubbles Blick auf den Stenhaufen NGC 346 in der kleinen
Magellanschen Wolke. Foto: NASA, ESA und A. Nota
(ESA/STScI) [Großansicht] |
NGC 346 besteht eigentlich aus drei Haufen, in denen sich zusammen dutzende
heißer, massereicher Sterne befinden. Die Existenz dieser Sterne deutet darauf
hin, dass die
Haufen noch jung sind. Die Hubble-Beobachtungen, die von einem
internationalen Team aus Italien, der USA, Schweiz und England unter der Leitung
von Dr. Antonella Nota von der europäischen Raumfahrtbehörde ESA und dem
Space Telescope Science Institute in den USA durchgeführt wurden, zeigen nun
zahlreiche Einzelheiten und weitere junge Sterne in der Umgebung von NGC 346,
die nicht älter als drei bis fünf Millionen Jahre sind.
Tatsächlich sind sie noch gar keine fertigen Sterne, weil sie sich noch nicht
soweit entwickelt haben, um in ihrem Inneren das nukleare Feuer zu entzünden und
aus Wasserstoff Helium zu erzeugen. Noch ist ihre Kinderstube hinter dichten
Staub- und Gaswolken verborgen. Erst wenn die Jungsterne genügend Leuchtkraft
entwickelt haben, sind sie in der Lage das Material aus ihrer näheren Umgebung
zu beseitigen.
Sterngeburten
sind auch immer Mehrfachgeburten. Jedes mal entsteht ein ganzer Sternhaufen, der
sich aus unterschiedlich großen und hellen Sternen zusammensetzt. Besonders dramatische Vorgänge spielen sich ab, wenn ein solcher Haufen viele
massereiche und somit sehr heiße und helle Sternen enthält. Sie strahlen
hauptsächlich im UV-Bereich des elektromagnetischen Spektrums.
Diese Strahlung
ist kurzwelliger als das sichtbare Licht und für unsere Augen unsichtbar.
Allerdings spüren wir ihre unangenehme Eigenschaften hin und wieder im Sommer
als Sonnenbrand. Ähnlich ergeht es dem Gas und Staub in einem
Sternentstehungsgebiet. Die energiereiche Strahlung der heißen Sterne löst die
dichteren Bereiche auf und erzeugt dabei spektakuläre Strukturen.
In dem Sternhaufen NGC 346 konzentrieren sich mehr als die Hälfte aller
bekannten Sterne diesen Typs in der Kleinen Magellanschen Wolke. Myriaden
kleinerer und kompakter Haufen sind ebenfalls in der Region zu finden und einige
von ihnen sind gleichfalls in Staub und leuchtendem Gas eingebettet.
Offensichtlich sind diese lokalen Verdichtungen Überreste der ursprünglichen
größeren Molekülwolke, aus der auch NGC 346 entstand.
Die Kleine und die Große Magellanschen Wolken sind von der Südhalbkugel als
diffuse blasse Wolken zu erkennen. Sie befinden sich auf einem Kurs, der sie in
ferner Zukunft mit der Milchstraße verschmelzen lässt. Das Hubble-Weltraumteleskop
hat in den beiden kleinen Begleitgalaxien viele Sternentstehungsgebiete
entdeckt. Die Sternkinderstuben in den beiden Magellanschen Wolken sind für
Wissenschaftler besonders wichtige Laboratorien.
In der Milchstraße liegen die
jungen Sternhaufen in der Milchstraßenebene und ihr Licht wird durch den darin
vorhanden Staub abgeschwächt. Dagegen befindet sich zwischen den Magellanschen
Wolken und uns so gut wie kein störendes Material. Astronomen können deshalb
dort die Entstehung der Sterne in allen Einzelheiten verfolgen.
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