Mars war überwiegend trocken und kalt
Redaktion / MPG
astronews.com
29. Juli 2005
Der Planet Mars war global gesehen über drei bis vier Milliarden Jahre
hinweg trocken und kalt. Zu diesem Schluss kommt ein Team von Wissenschaftlern,
das Staub analysiert hat, den die beiden Marsrover Spirit und
Opportunity eingefangen haben. Eine wasserreiche Phase in der Marsgeschichte
kann es danach nur in der Frühzeit des Planeten gegeben haben.
Staubwirbel im Gusev-Krater, 456 Tage nach der Landung. Foto:
M. Lemmon, Department of Atmospheric Sciences, Texas A & M
University, USA |
Die beiden NASA Mars Exploration Rovers (MER) Spirit und
Opportunity sind im Januar 2004 auf entgegengesetzten Seiten des Mars
erfolgreich gelandet und noch immer dort unterwegs. Dabei sammeln sie mit
Permanentmagneten auch Staub aus der Marsatmosphäre. Mehrere internationale
Forscherteams, darunter auch Wissenschaftler aus Deutschland, haben jetzt neue
Ergebnisse dieser Mission in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
So
zeigt die Mössbauer-Spektroskopie des aufgesammelten Staubs beträchtliche Mengen
Olivin. Daher lässt sich die Entstehungsgeschichte des Staubs nicht mit dem
Vorhandensein von viel flüssigem Wasser vereinbaren - ein weiteres Indiz für
eine lange trockene Vergangenheit unseres Nachbarplaneten. Flüssiges Wasser an
der Oberfläche des Planeten gab es daher nur in seiner Frühzeit. Seither hat es
nur unter atypischen räumlichen Gegebenheiten auf dem Mars geomorphologische und
mineralogische Spuren hinterlassen.
Die Untersuchung des Staubs auf der Marsoberfläche spielt eine große Rolle
für ein besseres Verständnis der Geschichte dieses Planeten. Der Staub ist ein
Verwitterungsprodukt und hat sich als solches während der gesamten Entwicklung
des Planeten kontinuierlich gebildet. In der Frühzeit des Mars haben vermutlich
Meteoreinschläge, Vulkanismus sowie Verwitterung durch flüssiges Wasser zur
Entstehung von Staubteilchen beigetragen. Doch nach einer Milliarde Jahren war
der größte Teil des flüssigen Wassers von der Mars-Oberfläche verschwunden.
Die Verwitterung ist seither vor allem ein langsam verlaufender, weitgehend
trockener Prozess, getrieben durch tägliche Temperaturveränderungen zwischen -
abhängig von Breitengrad und Jahreszeit - minus 100 und plus 20 Grad Celsius,
Windabrieb, der durch suspendierte Staubteilchen besonders effizient ist,
minimale Taubildung durch Kondensation atmosphärischen Wasserdampfs sowie
intensive Sonneneinstrahlung im energiereichen UV-Bereich. Das Ergebnis dieser
Verwitterungsprozesse ist Staub. Analysiert man heute diesen Staub, so kann man
auf jene Prozesse schließen, die an seiner Entstehung beteiligt waren: Der Staub
trägt also die persönliche Signatur des Planeten Mars.
Die kleinsten Partikel des Staubs mit einer Größe von nicht einmal drei
Mikrometer im Durchmesser sind ständig in der Atmosphäre aufgewirbelt. Größere
Teilchen lagern sich auf der Marsoberfläche ab und werden nur gelegentlich
aufgewirbelt. Je kleiner die Teilchen sind, desto schneller verläuft die
Verwitterung. Deshalb spielt der atmosphärische Staub eine besondere Rolle: In
ihm kommen die dem Mars eigenen Verwitterungsprozesse am deutlichsten zum
Ausdruck.
Darüber hinaus sichern globale Winde und globale Staubstürme, die im
Abstand von einigen Marsjahren - eine strenge Regelmäßigkeit gibt es nicht - den
Planeten von einem Schleier umhüllen, eine nahezu perfekte Durchmischung der
luftgetragenen Staubteilchen. Die Eigenheiten des atmosphärischen Staubes
zeichnen daher ein globales Bild des Planeten, das vom Ort der tatsächlich
durchgeführten Messung verhältnismäßig unabhängig ist, sei es nun Ares Vallis (Mars
Pathfinder), der Gusev-Krater (Spirit) oder die Ebene Meridiani
Planum (Opportunity).
Nun haben frühere Beobachtungen - Viking (1976) und Mars Pathfinder
(1997) - gezeigt, dass alle atmosphärischen Staubteilchen auf dem Mars mehr oder
weniger magnetisch sind. Sie können also mit Hilfe von Permanentmagneten
eingefangen werden und daraufhin mit wissenschaftlichen Instrumenten näher
untersucht werden. Die Mössbauer-Spektren ergaben ein zweiseitiges Bild des
Staubs: Sowohl primäre Minerale (Olivin, Pyroxen und Magnetit) als auch
sekundäre, durch eine komplexe geologische Entwicklung geprägte, nicht
vollständig identifizierte Eisen(III)-haltige Minerale wurden gefunden.
Die Präsenz von Olivin und Magnetit ist nicht überraschend: Sie sind
Bestandteile typischer Olivin-Basalte, wie sie für den Landeplatz im
Gusev-Krater charakteristisch sind. Offensichtlich haben die Staubteilchen diese
Minerale von basaltischen Vorgängern geerbt und dieses Erbe überraschenderweise
bis heute bewahrt. Die sekundären Minerale hingegen, die im Mössbauer-Spektrum
eine geringere, aber nicht verschwindende Rolle spielen, müssen durch chemische
Verwitterungsprozesse entstanden sein. Ob sie ein Überbleibsel aus einer warmen,
wasserreichen Frühzeit des Planeten sind oder im Laufe von Milliarden von Jahren
durch extrem langsame Prozesse gebildet wurden, ist offen.
Was bleibt, ist die mineralogische Verwandtschaft des Staubs mit den
Basaltgesteinen. Die Präsenz leicht verwitterbarer Minerale wie Olivin deutet
auf eine weitgehend trockene Entstehung und Entwicklung des Staubes hin - ohne
Einwirkung von flüssigem Wasser. Der Mars war global gesehen über drei bis vier
Milliarden Jahre hinweg trocken und kalt. Die jetzt vorliegenden experimentellen
Daten erlauben kaum eine andere Interpretation - trotz zahlreicher Ausnahmen und
trotz lokaler Besonderheiten, wie der vermuteten Wasser-Rinnen in den höheren
Breitengraden, der so genannten "gullies", und trotz zahlreicher gravierender
Klimaänderungen.
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