Auf der Spur der Neutrino-Oszillationen
Redaktion / idw / Universität
Münster
astronews.com
26. Juli 2005
Neutrinos, jene geisterhaften Teilchen, die alles nahezu ungestört durchdringen,
was sich ihnen in den Weg stellt, haben eine weitere verblüffende Eigenschaft:
Sie können sich von einer in eine andere Unterart verwandeln. Die Forscher
sprechen von Neutrino-Oszillationen und genau diese sollen jetzt mit dem
Experiment Opera nachgewiesen werden.
Die Sonne sendet jede Sekunde
Milliarden Neutrinos ins All. Bild: NSSDC/NASA |
Sie gehören zu den geheimnisvollsten Teilchen des Universums: Neutrinos.
Nicht zu fassen, fast ohne Masse, durchdringen sie jegliche greifbare Materie,
ohne Spuren zu hinterlassen. Dabei gehören sie zu den fundamentalen Bausteinen
der Natur und machen wahrscheinlich bis zu 50 Prozent der gesamten Masse des
Universums aus. Um ihre Eigenschaften genauer kennenzulernen, beteiligt sich
Prof. Dr. Dieter Frekers vom Institut für Kernphysik der Universität Münster am
Experiment Opera (Oscillation Project with Emulsion-tRacking Apparatus)
des europäischen Kernforschungszentrums CERN.
Drei Gruppen von Neutrinos sind bekannt: elektronische, deren Quelle unter
anderem die Sonne ist, myonische und Tau-Neutrinos. Ihr Zustand kann von der
einen in die andere Gruppe wechseln. Dieser Oszillation genannte Vorgang belegt
nicht nur, dass Neutrinos überhaupt eine Masse haben - was lange bezweifelt
wurde -, sondern auch, dass die drei Gruppen jeweils unterschiedlich schwer
sind. Opera, das derzeit im italienischen Gran Sasso aufgebaut wird, soll
diese Oszillation erstmals faktisch bestätigen.
Dazu wird ein Strahl von künstlich erzeugten Myon-Neutrinos von dem bei Genf
liegenden CERN auf die Reise geschickt. Je länger die Strecke, die ein Neutrino
durchfliegt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es die Gruppe wechselt.
Da Neutrinos fast jede Materie durchdringen, werden unterirdisch in zwei so
genannten Super-Modulen einige Millionen Bleiplatten abwechselnd mit Fotoplatten
in Gran Sasso angeordnet, mit denen die zu erwartenden Tau-Neutrinos eine
Reaktion eingehen und so nachgewiesen werden können.
Die münsterschen Wissenschaftler um Frekers haben in dem aus gut 30
Arbeitsgruppen bestehenden, internationalen Team drei Aufgaben: Die Auswahl der
Bleiart ist von entscheidender Bedeutung, da das Material selbst nicht
radioaktiv strahlen darf, da sonst die Ergebnisse verfälscht würden. Außerdem
arbeiten sie an einem Gasdetektor mit, der in Hamburg entwickelt wird, um die
Energie der ursprünglichen Myonen genau feststellen zu können. Bereits
abgeschlossen ist die Arbeit an einem speziellen Mikroskop, mit dem die
Fotoplatten ausgelesen werden können.
Gelingt das Experiment, das im kommenden Jahr starten und insgesamt fünf
Jahre laufen soll, können die Wissenschaftler den Charakter der geheimnisvollen
Teilchen ein wenig besser verstehen - und damit beispielsweise auch den Ursprung
und Aufbau des Universums, an deren Entstehung Neutrinos maßgeblich beteiligt
waren.
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