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CRISTA
Rückblick auf zwei erfolgreiche Missionen
Redaktion
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6. Januar 2005

Zwei Mal startete das deutsche Forschungsprojekt CRISTA an Bord eines Space Shuttles in All. Etwas mehr als zehn Jahre nach dem ersten Flug ziehen die beteiligten Forscher nun eine durchweg positive Bilanz der beiden Missionen, die so viele Daten lieferten, dass immer noch nicht alles ausgewertet ist.

CRISTA

Der deutsche Satellit ASTROSPAS mit dem eingebauten CRISTA-Gerät am Fangarm der Discovery. Foto: Bergischen Universität Wuppertal / idw

Eine Bestandsaufnahme des 26 Millionen Euro teuren Weltraumforschungsprojekts CRISTA steht kommende Woche im Mittelpunkt einer wissenschaftlichen Konferenz der Arbeitsgruppe Weltraumforschung der Bergischen Universität Wuppertal, die gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, dem Deutschen Fernerkundungs-Datenzentrum und dem Deutschen Wetterdienst durchgeführt wird. Die Tagung in Wuppertal dient der Bestandsaufnahme des bisher Erreichten und der Vorbereitung künftiger Arbeiten.

Anlass der Weltraumkonferenz ist das 10jährige "Jubiläum" des ersten CRISTA-Fluges mit dem Space Shuttle Atlantis der NASA am 3. November 1994. Einschließlich des zweiten Fluges im August 1997 mit dem Spaceshuttle Discovery (beide Missionen erfolgten in einem Satelliten der früheren Deutschen Aerospace, heute Astrium) hat das CRISTA-Gerät eine erhebliche Menge an Daten geliefert, obwohl die Flüge des Space Shuttle jeweils nur eine knappe Woche dauerten.

Auswertung und Veröffentlichung dieser Daten sind noch längst nicht abgeschlossen. Bisher gab es bereits mehr als 120 Beiträge in wissenschaftlichen Fachzeitschriften und zehn in populärwissenschaftlichen Periodika. CRISTA hat insgesamt rund 26 Millionen Euro gekostet und wurde überwiegend aus Bundesmitteln finanziert. Die Atmosphären-Tagung wird gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR, dem Deutschen Fernerkundungs-Datenzentrum DFD und dem Deutschen Wetterdienst DWD veranstaltet. Die vier Institutionen kooperieren bei der Erforschung der mittleren Erdatmosphäre (10 bis 100 Kilometer).

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Die CRISTA-Ergebnisse zeichnen sich durch eine große Vielfalt der Themen aus. Gelegentlich war das Gerät als "Hans-Dampf-in-allen-Gassen" bezeichnet worden, was die Wuppertaler Weltraumforscher als großes Kompliment auffassten. Mehrere Beiträge beschäftigen sich mit dem Ozon- und Klima-Problem. Die wichtigsten CRISTA-Ergebnisse liegen aber auf dem Gebiet der so genannten Atmosphärendynamik, die sich mit Windsystemen, Wellenbewegungen und Turbulenzen befasst. Alle genannten Phänomene führen zu Transporten von Luftmassen in der Atmosphäre, die nicht nur in Bodennähe sehr wichtig sind. Beispielsweise ist das Ozon in der mittleren Atmosphäre nicht dort am dichtesten, wo es erzeugt wird (über den Tropen), weil es nämlich von dort wegtransportiert wird.

Auch die Tropopause, also die Oberkante der Wolken in ca. 15 Kilometern Höhe, spielt beim Klimaproblem eine wichtige Rolle. Hier wurde die Turbulenz der Atmosphäre gemessen, die unter anderem für die Ausbreitung von Spurengasen (Schadstoffen) wichtig ist. Ein Ergebnis: Es wurden etwa 500 Prozent mehr Turbulenz festgestellt als bisher angenommen. Schwerewellen, eine von vielen Sorten von Wellen in der Atmosphäre (ähnlich wie im Ozean), beschleunigen oder bremsen die Winde im Höhenbereich zwischen 10 bis 100 Kilometern; CRISTA hat erstmals diese Beschleunigungen quantitativ nachgewiesen.

Beim Ozonverlust spielen Wolken eine entscheidende Rolle. CRISTA hat solche Wolken (Polarwirbel, Gebiet des Ozonlochs) erstmals ihrer Größe nach bzw. ihre zeitliche Entwicklung bestimmt. Vom Satelliten aus konnte erstmals ein bestimmter Wolkentyp eindeutig identifiziert werden. In Stratosphäre und Mesosphäre (20 bis 80 Kilometer) konnten erstmals Rauchfahnen-ähnliche Spurengas-Verteilungen und ihre zeitliche Entwicklung nachgewiesen werden. Dies ist für das Verständnis des Transports - auch des Ozons - besonders wichtig.

In der oberen Mesosphäre (70 bis 100 Kilometer) sind Infrarotmessungen schwierig, weil die Luft sehr dünn ist. Die Messungen sind aber umso wichtiger, weil dieser Höhenbereich Rückschlüsse auf die unterste Atmosphäre und so einen Beitrag zum Klimaproblem erlaubt. Erstmals wurden mit CRISTA Messungen der Temperatur und der Spurengase Kohlenmonoxid und Kohlendioxid durchgeführt.

Wie im Ozean gibt es auch in der Atmosphäre Gezeiten, und zwar vor allem in der Mesosphäre (50 bis 100 Kilometer), die alle Verteilungen von Temperatur, Wind und Spurengasen bestimmen. Diese Wellen wurden erstmals von CRISTA mit höchster räumlicher Auflösung gemessen; dabei konnte ein bisher kaum bekannter Wellentyp nachgewiesen werden. In der mittleren Erdatmosphäre (20 bis 50 Kilometer) gibt es - wie an Meeresufern - "Brandungszonen" mit wichtigen Einflüssen auf die Spurengasverteilung, auch des Ozons. CRISTA hat erstmals eine "Brandung" auch in der oberen Atmosphäre (60 bis 90 Kilometer) nachgewiesen und detailliert untersucht.

Das CRISTA-Gerät ist für solche Messungen besonders gut geeignet. Sein "räumliches Auflösungsvermögen" ist enorm, weil die Feinheit des Rasters seiner Messpunkte erheblich größer ist, als bei allen anderen früheren und selbst den gegenwärtigen Satellitengeräten. Ein Gerät mit vergleichbaren Leistungen wurde von der US-Weltraumbehörde NASA im Juli 2004 gestartet, funktioniert aber bisher nicht.

Der Grund für die Überlegenheit von CRISTA ist einerseits die Tiefkühlung (auf minus 270° Celsius) aller optischen Komponenten und andererseits die Verwendung von drei Infrarot-Teleskopen anstelle von nur einem Teleskop bei anderen Satelliten. CRISTA wurde nach seinen Flügen vom Space Shuttle zur Erde zurückgebracht und ist inzwischen im Deutschen Museum in München aufgestellt worden. Seit Mitte Dezember 2004 ist es dort der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die künftigen Arbeiten des genannten Institutsverbunds - mehrere Wissenschaftler aus diesen Gruppen haben ihre wissenschaftliche Laufbahn in Wuppertal begonnen - haben zwei Schwerpunkte: Zum einen wird in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Jülich ein (verkleinerter) Nachbau von CRISTA gebaut ("CRISTA-NF"), der auf dem russischen Höhenforschungsflugzeug GEOPHYSICA im Rahmen des EU-Forschungsprogramms SCOUT im Laufe des Jahres eingesetzt werden soll. Es sind vor allem Messungen in den Tropen und im Tropopausenbereich (bis 20 Kilometer Höhe) vorgesehen.

Zum anderen betreiben die Wuppertaler Atmosphärenforscher bereits seit 1980 ein Infrarot-Gerät, das jede Nacht vom Boden aus die Atmosphärentemperatur in 87 km Höhe misst, das so genannte GRIPS-Gerät (Ground based Infrared P-Band Spectrometer). Diese Messungen zeigen, dass sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten in der mittleren Atmosphäre ein deutlicher Klimawandel vollzogen hat.

Die Wuppertaler Messungen werden seit mehr als einem Jahr durch ein weiteres GRIPS-Gerät ergänzt, das im Observatorium Hohenpeißenberg des Deutschen Wetterdienstes aufgestellt wurde. GRIPS 3, in Wuppertal gebaut, soll in Kürze im Schneefernerhaus auf der Zugspitze in Betrieb genommen werden (durch das DLR). Von dem GRIPS-Messnetz werden unter anderem wichtige Informationen über Wellen in der Atmosphäre erwartet.

siehe auch
CRISTA: Mini-Ozonlöcher und das Wetter in der Mesosphäre - 6. März 2004
Links im WWW
CRISTA, Homepage des Projektes an der Universität Wuppertal
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