Astronomen beobachten Geburt von Riesenstern
Redaktion
astronews.com
14. Mai 2004
Viele Jahre haben Astronomen gerätselt, wie eigentlich Sterne mit mehr
als der zehnfachen Masse unserer Sonne entstehen können. Denn das
einfache Modell, das etwa bei sonnenähnlichen Sternen hervorragend
funktioniert, kann die Entstehung von Sternenriesen nicht erklären. Mit
Hilfe des Very Large Telescopes (VLT) der europäischen
Südsternwarte (ESO) gelang es Astronomen nun, die Geburt eines
Riesensterns direkt zu beobachten.
Die dunklen Bereiche oberhalb und unterhalb des hellen
Mittelpunkts sind die Schatten der rotierende Scheibe aus Staub
und Gas, die sich trichterförmig verjüngt. Die hellen Bereiche
stammen von Gas, das senkrecht zur Scheibe ausgestoßen wird. Foto:
idw / Ruhr-Universität Bochum / Rolf Chini [Großansicht] |
Eine jahrelange Diskussion unter Astronomen beendet nun die spektakuläre
Beobachtung eines internationalen Forscherteams um Prof. Dr. Rolf Chini vom
Astronomischen Institut der Ruhr-Universität Bochum: Die Astronomen wurden als
erste "Augen"zeugen der Geburt eines Sterngiganten. Mit ihrer direkten
Beobachtung im Infrarotbereich wiesen sie nach, dass sich in der Entstehung
befindliche massereiche Sterne trotz des enormen Strahlungsdrucks, der schon
früh von ihnen ausgeht, Gas und Staub aus ihrer Umgebung einverleiben und so
wachsen. Möglich ist das durch eine spezielle Geometrie der sie umgebenden
Scheibe aus Gas und Staub. Über ihre Beobachtung berichten die Forscher in der
aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.
Die Größe von Sternen im Weltall variiert vom Winzling bis zum Giganten: Die
Masse eines Sterns kann vom 0,1- bis zum 100-fachen der Masse unserer Sonne
betragen. Massearme Sterne - wie auch die Sonne - bilden sich durch die
Zusammenballung von Wolken aus Gas und Staub. Der so genannte Protostern wächst
auf diese Weise so lange, bis die Temperatur, die sich durch den Druck in seinem
Inneren erhöht, ausreicht, um die Kernfusion zu zünden. Restliches Material aus
der Staubwolke sammelt sich zu einer Scheibe um den Stern, aus der sich dann
Planeten bilden können. Dieses Bild wurde in den letzten Jahren durch zahlreiche
Beobachtungen für sonnenähnliche Sterne bestätigt.
Strittig war jedoch bislang, wie sich große, massereiche Sterne bilden können.
Theoretische Überlegungen ergaben, dass das anders funktionieren müsste als bei
massearmen: Mit zunehmender Sternmasse, die einen größeren Druck und höhere
Temperaturen in einer früheren Phase des Sternwachstums mit sich bringt, setzt
die Kernfusion im Inneren des Sterns früher ein. Dadurch entsteht früh ein
großer so genannter Strahlungsdruck, der von innen her auf den umgebenden Staub
trifft und ihn auseinander treibt.
"Der neue Stern sprengt so seine eigene
Hülle, sodass kein Material mehr zur Oberfläche des Sterns gelangt und er
eigentlich nicht mehr wachsen kann", erklärt Chini. Die Bildung von Sternen über
zehn Sonnenmassen sollte daher nicht mehr möglich sein. Da es sie aber
nachweislich gibt, behalfen sich die Astronomen mit verschiedenen Theorien. Als
ein Ausweg wurde etwa vorgeschlagen, dass massereiche Sterne vielleicht durch
die Verschmelzung von Sternen geringerer Masse gebildet werden könnten.
Wie es wirklich zu massereichen Sternen kommt, zeigten die Beobachtungen des
Forscherteams mit einem modernen 8-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte
auf dem Paranal in Chile im Infrarotbereich. Sie beobachteten, dass ein
protostellares Objekt von etwa 20 Sonnenmassen von einer riesigen rotierenden
Staubscheibe umgeben ist, deren spezielle Geometrie es erlaubt, ständig weiteres
Material auf den Protostern zu transportieren: "Die Scheibe liegt um den Äquator
des Protosterns und verjüngt sich trichterförmig von außen nach innen. Von der
schmalen Seite der Scheibe aus fällt weiterhin Staub auf den Stern, etwa 30
Prozent davon gelangt bis zur Oberfläche und lässt den Stern weiter wachsen. Die
restlichen 70 Prozent werden vom Strahlungsdruck ins All geschleudert,"
erläutert Chini. Die Staubscheibe ist über 200-mal größer als unser Sonnensystem
und stellt ein Gasreservoir von wenigstens 100 Sonnenmassen dar - genügend
Material, um den entstehenden Stern in einigen 1000 Jahren zu einem wahren
Giganten anwachsen zu lassen.
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ESO, Europäische Südsternwarte |
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