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EXTRASOLARE PLANETEN
Astronomen entdecken sehr heiße Gasriesen
von Stefan Deiters
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11. Mai 2004

Mit Unterstützung des Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte hat ein internationales Astronomenteam zwei Gasriesen um ferne Sterne aufgespürt, die ihre Sonne in extremer Nähe umkreisen. Die fernen Welten wurden entdeckt, als sie gerade - von der Erde aus gesehen - vor ihrer Sonne vorüberzogen und das Licht des fernen Sterns ein wenig verdunkelten. Sie dürften zu einer neuen Klasse von extrasolaren Planeten gehören.

OGLE-TR-113

OGLE-TR-113 ist ein unscheinbarer Stern im Sternbild Schiffskiel. Hier eine Ausschnitt aus dem Digitized Sky Survey (DSS). Foto: ESO

In den letzten Jahren wurde eines zur Gewissheit: Unser Sonnensystem ist nicht einzigartig in der Milchstraße. Über 100 Sterne wurden inzwischen gefunden, um die Planeten kreisen. Die meisten der fernen Welten wurden mit Hilfe von Geschwindigkeitsmessungen entdeckt, wobei sich die Astronomen die Tatsache zu Nutze machten, dass ein kreisender Planeten an seiner Sonne zerrt und dadurch ein leichtes Wackeln verursacht. Aus diesem versuchen die Astronomen dann, auf den Orbit der fernen Welt und auf ihre Größe zu schließen.

Doch es gibt noch eine andere - etwas direktere Methode - einen fernen Planeten aufzuspüren: Es kann nämlich vorkommen, dass ein Planet gerade - von der Erde aus gesehen - vor seiner Sonne vorüberzieht und dadurch ein wenig Licht des fernen Sterns verdeckt. Solche Transits sind nichts ungewöhnliches und auch in unserem Sonnensystem zu beobachten: Beispielsweise zog im letzten Jahr Merkur vor der Sonnenscheibe vorüber, in diesem Jahr kann man im Juni einen Venustransit beobachten.

Der jetzt veröffentlichte Fund gelang Astronomen im Rahmen des OGLE-Programms, mit dem man ursprünglich nach so genannten Microlensing-Ereignissen suchen wollte. Auf diese Weise hofften die Forscher, die Existenz von massiven, kompakten Objekten im Halo unserer Galaxis aufspüren zu können, die kurz als MACHOs bezeichnet werden. In den letzten Jahren dehnte man die Suche aber auch auf kurzzeitige regelmäßige Verdunklungen von Sternen aus, die man als Vorüberziehen eines Planeten deuten könnte. Und in der Tat entdeckte das OGLE-Team unter ihren beobachteten 155.000 Sternen 137 Kandidaten für einen Planetentransit.

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Diese Kandidaten zeichnen sich alle dadurch aus, das sich die Leuchtkraft der fernen Sonnen kurzzeitig um wenige Prozent verringerte. Ein jupiterähnlicher Planet hat etwa ein Zehntel des Durchmessers eines sonnenähnlichen Sternes und kann somit rund ein Hundertstel der Oberfläche des Sterns verdecken. Doch eine kurzzeitige Verdunklung reicht nicht aus, um sicher auf einen Planeten zu schließen. Hier müssen dann ergänzende Beobachtungen gemacht werden, etwa durch Messungen der Radialgeschwindigkeit der fernen Sonne. Durch die Bestimmung, wie stark und ob überhaupt der entdeckte Begleiter an seinem Mutterstern zerrt, lässt sich dessen Masse abschätzen und damit eine Aussage darüber machen, ob es wirklich ein Planet, ein Brauner Zwerg oder eine zweite leuchtschwache Sonne ist.

Kombiniert man also die Transitmethode mit der Radialgeschwindigkeitsmethode lassen sich deutlich genauere Aussagen über ein fernes Planetensystem machen. Das Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte auf dem Gipfle des Paranal in Chile wurde daher dazu benutzt, um die OGLE-Kandidaten genauer unter die Lupe zu nehmen. Im März machte das VLT-Teleskop Kueyen Beobachtungen bei den 41 besten Kandidaten. Es stellte sich heraus, dass es sich bei den meisten Systemen um Doppelsterne handelte, allerdings im Falle von OGLE-TR-113 und OGLE-TR-132 im südlichen Sternbild Schiffskiel konnten die Astronomen die gesuchten Geschwindigkeitsschwankungen aufspüren. Hier handelte es sich also um Planeten.

OGLE-TR-113 liegt in rund 6.000 Lichtjahren Entfernung und ist etwas größer und massereicher als unsere Sonne. Der den Stern umkreisende Planet ist im Durchmesser rund zehn Prozent größer als Jupiter und 35 Prozent massereicher. Er umrundet seine Sonne alle 1,43 Tage in einer Entfernung, die nur wenig mehr als zwei Prozent der Entfernung der Erde von der Sonne entspricht. Merkur ist 17 Mal weiter von der Sonne entfernt als der Planet um OGLE-TR-113 von seinem Zentralgestirn.

OGLE-TR-132 ist etwa 1.200 Lichtjahre von der Erde entfernt und etwas masseärmer als unsere Sonne. Der den Stern umkreisende Planet dürfte etwa die Größe von Jupiter haben. Auch er ist seinem Zentralstern extrem nah: In einem Abstand von 4,6 Millionen Kilometern - also etwas mehr als drei Prozent der Entfernung der Erde von der Sonne - umrundet er OGLE-TR-132 und benötigt dazu gerade einmal 1,69 Tage.

Zusammen mit einem schon zuvor gefundenen dritten Planeten (OGLE-TR-56) bilden diese fernen Welten eine besondere Klasse von besonders heißen Gasriesen. Mit der Radialgeschwindigkeitsmethode gefundene Planeten, so genannte "heiße Jupiter", hatten eine minimale Umlaufdauer von rund drei Tagen. Die neuen Funde zeigen, dass es tatsächlich, wenn auch nur vereinzelt, Planeten gibt, die ihrer Sonne noch näher sind. Die Astronomen sprechen daher von den "sehr heißen Jupitern".

Mit den neuen Entdeckungen gibt es nun vier Planeten, die mit einem Transitereignis in Verbindung gebracht werden können. Für diese Welten ist somit nicht nur die Masse, sondern auch der Radius bekannt, was wertvolle Informationen über den inneren Aufbau und die Physik der fernen Welten liefern dürfte.

siehe auch
Ferne Welten - die astronews.com-Berichterstattung über die Suche nach extrasolaren Planeten
AstroLinks: Microlensing
Links im WWW
ESO, Europäische Südsternwarte
Optical Gravitational Lensing Experiment (OGLE)
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