Stärkster Sonnensturm seit 14 Jahren
Redaktion
astronews.com
30. Oktober 2003
Am Geomagnetischen Observatorium des GeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ) wurde
der seit 14 Jahren stärkste Sonnensturm gemessen. Ein große Wolke elektrisch
geladener Teilchen erreichte gestern seit 06:11 Uhr MEZ die Erde. Bemerkenswert
ist auch der riesige Sonnenfleck, der zur Zeit zu beobachten ist. Seine
Ausdehnung umfasst mehr als zehn Erddurchmesser.
Die Sonne - aufgenommen mit der Sonde SOHO gestern am späten
Nachmittag. Foto:
SOHO / ESA / NASA |
Die derzeitigen Vorgänge auf der Sonne sind unerwartet und außergewöhnlich, da
das Maximum der periodischen solaren Aktivität bereits drei Jahre zurückliegt.
Solche geomagnetischen Stürme sind Resultat erhöhter Sonnenaktivität. Wenn es
auf der Sonne zu Materieausbrüchen kommt, werden große Mengen elektrisch
geladener Teilchen in den Weltraum geschleudert. Treffen diese Plasmawolken auf
die Erde, treten sie mit dem natürlichen Erdmagnetfeld in Wechselwirkung,
induzieren Ströme in der Ionosphäre und erzeugen starke und sehr rasche
Schwankungen der Stärke und Richtung des Erdmagnetfeldes.
Dabei kann es zu Störungen und Ausfällen des Funkverkehrs und des Radioempfangs
kommen. Bei starken Ausbrüchen wie dem jetzigen werden auch Satelliten dem
Strahlungsbeschuss ausgesetzt und können dabei gestört oder gar beschädigt
werden.
Auch auf der Erde kann ein starker geomagnetischer Sturm Schäden erzeugen. Beim
letzten großen Ereignis vom 13. März 1989 führte eine solche solare Eruption zum
Zusammenbruch der Stromversorgung in großen Teilen Kanadas. Der größte
Sonnensturm, der in der Geschichte bekannt ist, fand am 1./2. September 1859
statt, als Kurzschlüsse weltweit die gerade eingeführten elektrischen Telegraphieleitungen lahm legten und die Polarlichter sich südwärts bis nach Rom
und Havanna ausdehnten.
In der Anfangsphase des derzeitigen Sturmes änderte sich an der Erdoberfläche
die Stärke des Magnetfeldes in der Horizontalebene innerhalb von 30 Minuten um
ca. 1000 Nano-Tesla. Deutlich wurde der Sturm in einer Änderung der Lage der
Kompassnadel. Diese bewegte sich gestern von 6:47 bis 7:05 Uhr MEZ um rund drei
Grad in östlicher Richtung. Derartig starke Änderungen in so kurzer Zeit sind
außergewöhnlich für Mitteleuropa.
Auch die Messgeräte auf dem GFZ-Forschungssatelliten CHAMP zeigen den starken
geomagnetischen Sturm. Die mehrere Millionen Ampere starken Ströme in der
Ionosphäre/Magnetosphäre haben zu einer Aufheizung der oberen Atmosphäre
geführt, innerhalb der sich die Bahnen vieler Satelliten befinden. Ein ganz
direkter Effekt ist die deutlich stärkere Abbremsung durch die erhöhte
Luftreibung und das damit verbundene Absinken der Flugbahnen. Der
Beschleunigungsmesser des GFZ-Satelliten CHAMP zeigt fast eine Verdoppelung der
Abbremsung nach 7:50 Uhr MEZ am Mittwoch an.
Dieser magnetische Sturm wurde zwar bereits seit Tagen erwartet, allerdings
überraschte die Stärke alle Einrichtungen, die die Vorgänge auf der Sonne
beobachten. Trotz hochgenauer Beobachtungstechnik und ausgeklügelter Methoden
trifft auch die Vorhersage eines solchen Ereignisses nicht immer ein, etwa dann,
wenn die Teilchenwolke an der Erde vorbeifliegt. Wegen der möglichen
Auswirkungen dieser Eruptionen auf die technische Systeme wie Nachrichten- und
Forschungssatelliten, Hochspannungsleitungen und Gas- und Ölpipelines ist die
Überwachung des so genannten Weltraumwetters durch bodengestützte geomagnetische
Observatorien in Kombination mit Forschungssatelliten wie CHAMP notwendig.
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CHAMP, Homepage am GFZ
Potsdam
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