In den vergangenen Jahren wurde eine ganze Reihe von winzigen
Monden entdeckt, die - teilweise auf recht exotischen Bahnen - die großen
Planeten unseres Sonnensystems umkreisen. So bringt es Jupiter inzwischen
auf 60 Monde, Saturn auf 31 und Uranus auf 21 Trabanten. Die Monde gelten
gemeinhin als eingefangene Asteroiden und die Astronomen sind sich sicher, dass
ein Verständnis dieser Vorgänge wichtige Hinweise über die Frühphase der
Planetenentstehung in unserem Sonnensystem liefern kann.
Im Gegensatz zu den so genannten regulären Monden, die ihre Planeten auf
nahezu kreisförmigen Bahnen umrunden und in der sehr frühen Phase des
Sonnensystems entstanden sind, bewegen sich die kleineren irregulären Monde auf
sehr unkreisförmigen, also elliptischen Bahnen und können recht weit von "ihrem"
Planeten entfernt sein. So entstand bald die These, dass sie ursprünglich die
Sonne umrundeten, dann aber von dem massereichen Planeten in einen Orbit
gezwungen, also im Prinzip eingefangen wurden.
So einfach sich dieses Einfangen im Grundsatz anhört, so schwierig ist das
Verfahren, wenn man sich detailliert damit auseinandersetzt. Außerdem erstaunte
die Astronomen der Sachverhalt, dass einige der kleinen Monde in
entgegengesetzer Richtung zu den meisten übrigen Monden um ihren jeweiligen
Planeten kreisten, also einen so genannten prograden Orbit hatten und damit in
der selben Richtung den Planeten umlaufen wie sich der Planet selbst dreht.
Um den Ursprung des Mondeinfangs genauer zu untersuchen, wandten die
Mathematiker Stephen Wiggins und Andrew Burbanks von der Universität in Bristol
sowie die theoretischen Chemiker David Farrelly and Sergey Astakhov von der
Utah State University ihre chaos-theoretischen Modelle an, mit denen sie chemische
Reaktionen simulierten. Den Forschern war nämlich
aufgefallen, dass die Problematik recht ähnlich ist und sie sogar von der Lösung
des planetaren Problems etwas für ihre chemischen Fragestellungen lernen
konnten.
"Als wir angefangen haben, uns mit dem Einfang-Problem der irregulären Monde
zu beschäftigen, stellten wir fest, dass vor uns noch niemand versucht hatte,
dass Problem mit dreidimensionaler Chaos-Theorie zu lösen", so Stephen Wiggins.
"Die meisten Arbeiten in diese Richtung beschäftigten sich mit dem Verhalten der
Monde nach dem Einfang-Vorgang. Als wir den Wechsel-Prozess untersuchten, mit
dem die Monde von ihrem Orbit um die Sonne auf eine Umlaufbahn um den Planeten
gezwungen werden, entdeckten wir, dass dabei Chaos eine Rolle spielt."
Die Modelle der Forscher erwiesen sich dabei als außerordentlich
erfolgsversprechend: Sie konnten nicht nur die tatsächlich gefundenen Positionen
der irregulären Monde erklären, sondern lieferten zudem noch Hinweise auf neue
Regionen, in denen eventuell weitere Monde zu finden sind. Dies könnte
zukünftige Suchen nach diesen winzigen Trabanten deutlich beschleunigen. Die
Modelle der Wissenschaftler zeigten zudem, dass die Monde, die in einen prograde
Orbit um ihren Planeten eingefangen werden, eine Tendenz dazu haben, anfangs
ihrem Planeten sehr nahe zu kommen. Damit haben sie aber einen größere Chance
mit den großen regulären Monden zu kollidieren, was die große Anzahl von
irregulären Monden mit "normalen" Orbits erklären könnte.