NEPTUN
Frühlingsbeginn auf dem achten Planeten
von Stefan
Deiters
astronews.com
16. Mai 2003
Auf dem
fernen Neptun scheint der Frühling zu beginnen: Das ist das Ergebnis von über
sechsjährigen Beobachtungen amerikanischer Wissenschaftler mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops.
Zu erkennen ist eine deutliche Aufhellung in der südlichen Hemisphäre des
Planeten. Frühlingsgefühle dürften auf Neptun aber trotzdem kaum aufkommen, ist
der Planet doch der kälteste unter den großen Planeten des Sonnensystems.
Neptun im Sommer letzten Jahres. Foto:
NASA, L. Sromovsky und P. Fry (University of Wisconsin-Madison) [Weitere
Bilder] |
Sechs Jahre lang hat eine Gruppe von Wissenschaftlern von der University
of Wisconsin in Madison und dem NASA Jet Propulsion Laboratory im
kalifornischen Pasadena den Riesenplaneten beobachtet und dabei eine deutliche
Veränderung in den Wolkenstrukturen auf der Südhalbkugel des Neptun
festgestellt: "Die Wolkenbänder sind breiter und heller geworden", erläutert
Lawrence A. Sromovsky von der University of Wisconsin, der als ein
Experte für die Atmosphäre des Neptun gilt. "Diese Veränderungen scheinen eine
Reaktion auf die jahreszeitlichen Veränderungen des Sonnenlichts zu sein,
genauso wie wir das von der Erde her kennen." Die Wissenschaftler berichten über
ihre Entdeckung in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Icarus.
Neptun ist bekannt für seine extremen Wetterbedingungen mit gewaltige
Sturmsystemen, in denen Windgeschwindigkeiten von deutlich über 1.000 Kilometern
pro Stunde auftreten können. Allerdings war die Existenz von jahreszeitlichen
Veränderungen auf Neptun bislang unbekannt. Dies entdeckte man erst durch die
wiederholte Beobachtung des achten Planeten mit dem Hubble-Weltraumteleskop
in den Jahren 1996, 1998 und 2002, bei denen jeweils eine gesamte
Rotationsperiode des Neptun beobachtet wurde. So bemerkte man die allmählichen
Veränderungen in den Wolkenbändern. Dieser Befund stimmt mit einer Beobachtung
überein, die von der Erde aus gemacht wurde: Neptun scheint nämlich seit 1980
langsam immer heller zu werden. Auch die zunehmende Wolkenaktivität konnte mit
Infrarot-Bildern von der Erde aus nachvollzogen werden.
"Im Sommer 2002 ist Neptun ganz deutlich heller als 1996 oder 1998", so
Sromovsky. "Und er ist dramatisch heller im nahen Infrarot. Die verstärkte
Wolkenaktivität, die erstmals 1998 entdeckt wurde, hat sich 2002 noch
verdeutlicht." Auch Neptun sollte wie die Erde über vier Jahreszeiten verfügen:
"Auf jeder Halbkugel sollte es einen warmen Sommer und einen kalten Winter geben
sowie die Übergangsjahreszeiten Herbst und Frühling." Nur sind im Vergleich zur
Erde die Jahreszeiten auf Neptun erheblich länger: Da der Planet rund 165 Jahre
für einen Sonnenumlauf benötigt, dauern die Jahreszeiten mehr als 40 Jahre.
Sollten also die Forscher hier wirklich ein saisonales Phänomen beobachtet
haben, dürfte sich der Planet auch noch die nächsten 20 Jahre weiter aufhellen.
Bemerkenswert ist nach Ansicht der Forscher allein schon die Tatsache, dass
es überhaupt jahreszeitliche Schwankungen auf Neptun gibt, da die Sonne vom
Neptun aus gesehen etwa 900 Mal schwächer ist als auf der Erde. Denn genau diese
Wärmeenergie der Sonne ist für die jahreszeitlichen Veränderungen
verantwortlich, in dem sie für Bewegung in der Atmosphäre, Kondensation und
verstärkte Wolkenbildung sorgt. "Neptuns nahezu konstante Helligkeit in
niedrigen Breiten macht uns aber recht sicher, dass wir wirklich saisonale
Veränderungen sehen", erläutert Sromovsky. "Denn solche saisonalen Veränderungen
sollten sich gerade in hohen Breiten abspielen und am Äquator recht gering
sein."
Trotzdem ist den Forschern Neptun weiterhin ein Rätsel: Der Planet verfügt
über eine interne Wärmequellen, die auch erheblichen Einfluss auf das
Wettergeschehen haben dürfte. "Es sieht so aus", folgert Sromovsky, "dass nur
eine winzige Menge von Energie notwendig ist, um die Maschinerie in der
Neptunatmosphäre in Gang zu setzen. Und diese Maschinerie muss verdammt gut
geölt sein, denn sie produziert jede Menge Wetter mit äußerst geringen
Reibungsverlusten."
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