VERY LARGE TELESCOPE
Tiefere
Blicke ins All dank MACAO
von Stefan
Deiters
astronews.com
14. Mai 2003
Dank eines
fortschrittlichen Systems adaptiver Optik sind mit dem Very Large Telescope
Interferometer der Europäischen Südsternwarte auf dem Gipfel des Paranal in
Chile in Zukunft deutlich tiefere Blicke ins All möglich: Die MACAO genannte
Optik soll das VLT-Interferometer rund 100 Mal empfindlicher machen. Erste
Testaufnahmen verliefen außerordentlich viel versprechend.
Der Stern HIC 59206 in einer Aufnahme mit dem VLT-Teleskop
Kueyen. Im oberen Bild war das MACAO-System abgeschaltet, die
untere Aufnahme mit MACAO zeigt deutlich, dass es sich um einen
Doppelstern handelt. Foto:
ESO
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Beobachtungen von der Erde aus haben immer mit einem besonderen Problem zu
kämpfen - der Unruhe in der Erdatmosphäre. Diesem Umstand versuchen Astronomen
schon seit längerer Zeit mit Hilfe moderner Technik entgegenzuwirken: Bei der so
genannten adaptiven Optik wird das durch die Turbulenzen in der Atmosphäre
deformierte Bild mit Hilfe eines verformbaren computergesteuerten Spiegels quasi
entzerrt.
Beim neuen Multi Application Curvature Adaptive Optics (MACAO)-System
der Europäischen Südsternwarte ESO steht für die Korrektur der Aufnahmen ein
Spiegel aus insgesamt 60 Elementen zur Verfügung, der an einen speziellen Sensor
gekoppelt ist, der 350 Mal pro Sekunde die Verhältnisse in der Atmosphäre
bestimmt. Damit ist es mit MACAO möglich im nahen Infrarotbereich den Einfluss
der Atmosphäre fast vollständig herauszukorrigieren und das Auflösungsvermögen
um einen Faktor zehn zu verbessern.
Mit der Entwicklung von MACAO wurde 1999 begonnen. Im März 2003 schließlich
kam das Instrument auf dem Gipfel des Paranal an und konnte an die zweite
Teleskopeinheit des VLT Kueyen installiert werden. MACAO soll auch an
eine weitere Teleskopeinheit montiert werden, so dass die Leistungsfähigkeit des
neuen optischen Systems auch für die Zusammenschaltung von Teleskopen, die so
genannte Interferometrie, genutzt werden kann. Dabei wird das Licht zweier oder
mehrerer Teleskope mit Hilfe einer optischen Verzögerungsstrecke so kombiniert,
dass man im Prinzip ein einzelnes Teleskop zur Verfügung hat, dessen
Auflösungsvermögen nur mit einem Instrument erreicht werden könnte, das einen
Durchmesser hat, der der Entfernung der beiden zusammengeschalteten Teleskope
entspricht. Mit Hilfe der adaptiven Optik werden dann das ohnehin schon
gewaltige Auflösungsvermögen des VLT-Interferometers noch zusätzlich um einen
entscheidenden Faktor verbessert (astronews.com berichtete).
Einen Monat lang waren die Techniker in Chile mit der Installation und dem
Testen von MACAO am Teleskop Kueyen beschäftigt, dann kam am 18. April
der große Moment: Zum ersten Mal sollten mit Hilfe des neuen optischen Systems
richtige astronomische Objekte untersucht werden. Darunter befand sich auch der
Stern HIC 59206, der einmal mit und einmal ohne MACAO aufgenommen wurde und dies bei mittleren Sichtbedingungen auf dem Paranal. Der Unterschied zwischen
den beiden Aufnahmen macht die Leistungsfähigkeit des Systems deutlich. Sie
zeigte sich auch bei der Beobachtung von anderen Objekten, deren Qualität einen
Vergleich mit Bildern von Weltraumteleskopen nicht zu scheuen braucht.
Die Kombination von mit MACAO ausgestatteten Teleskopen wird es zukünftig
ermöglichen, rund 100 Mal lichtschwächere Objekte zu beobachten als bislang
möglich und damit entfernte Galaxien oder lichtschwache Objekte in unserer
Milchstraße zu studieren, die bisher für Interferometer-Beobachtungen nicht zugänglich
waren.
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