CHANDRA
Heißes Gas
überrascht Astronomen
von Rainer Kayser
17. Dezember 2002
Eigentlich
sollte sich das heiße Gas, das von einem kleinen Schwarzen Loch ins All
geschleudert wird, auf seinem Weg langsam abkühlen. Beobachtungen des
Röntgenobservatoriums Chandra zeigen aber nun, dass es auch wieder
aufgeheizt werden kann. Ursache dafür könnte ein kosmischer Verkehrsstau sein.
Chandra-Aufnahme der Umgebung des Schwarzen Lochs SS 433, die
das heiße Gas zeigt (oben) und
eine Skizze des Systems. Im Zentrum der Skizze das Schwarze
Loch, das von einem massereichen Stern gefüttert wird. Bild: NASA / CXC/U.Amsterdam/S.Migliari
et al.
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50 Millionen Grad heiße Gaswolken haben amerikanische Astronomen in der
Umgebung des Schwarzen Lochs SS 433 entdeckt. Die Forscher konnten das heiße Gas
auf Röntgenaufnahmen des Satelliten Chandra nachweisen. Die Wolken sind rund
fünf Billionen Kilometer von
dem Schwarzen Loch entfernt. Die Entdeckung hat die Astronomen überrascht:
Bisherige Beobachtungen hatten gezeigt, dass das von dem Schwarzen Loch
wegströmende Gas abkühlt. Deshalb hatten die Forscher keine derart heißen
Gaswolken in dieser großen Entfernung von dem Schwarzen Loch erwartet. Die
Astronomen glauben nun, dass sich das Gas durch Zusammenstöße kleinerer Wolken
aufheizt.
SS 433 ist ein altes Doppelsternsystem, in dem ein großer, massereicher Stern
und ein Schwarzes Loch sich gegenseitig umkreisen. Die Schwerkraft des Schwarzen
Lochs entreißt dem anderen Stern ständig Materie, die auf Spiralbahnen in einer
Scheibe langsam auf das Schwarze Loch hinabströmt. Ein Teil der Materie wird
dabei durch Magnetfelder gebündelt und in Form enger Strahlen, der so genannten
"Jets", ins All hinausgeschleudert. Frühere Beobachtungen mit Chandra und
mit dem Weltraumteleskop Hubble hatten gezeigt, dass das Gas in diesen Jets
langsam abkühlt.
Die neuen Beobachtungen zeigen nun jedoch überraschend, dass es in großer
Entfernung von dem Schwarzen Loch wieder zu einer starken Aufheizung kommt. Die
Astronomen vermuten eine Art "kosmischen Verkehrsstau" als Ursache dieser
Aufheizung. Beobachtungen im sichtbaren Licht haben nämlich gezeigt, dass das
Gas nicht kontinuierlich ins All strömt, sondern alle paar Minuten in kleinen
Paketen herausgeschleudert wird. Mehrere Monate lang sausen diese "Blobs" dann
ungehindert mit rund einem Viertel der Lichtgeschwindigkeit durchs All. Dann
jedoch beginnen schnellere Pakete langsamere einzuholen - es kommt zu
Kollisionen, in deren Folge sich das Gas neu aufheizt.
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