Das mit Hilfe des NASA-Röntgenteleskops Chandra entdeckte heiße Gas
scheint dabei wie Nebel in Kanälen zu liegen, die von der Schwerkraft der
Dunkelmaterie geformt werden. "Die Chandra-Beobachtungen, zusammen mit
Messungen im ultravioletten Bereich des Lichtes, bedeuten einen großen
Wissenssprung über die Entwicklungsgeschichte des Universums während der letzten
zehn Milliarden Jahre", erläutert Fabrizio Nicastro vom Harvard-Smithsonian
Center for Astrophysics die Bedeutung der Ergebnisse.
Vier unabhängige Forschergruppen haben in der letzten Zeit das
Röntgenteleskop dazu benutzt, um dem intergalaktischen Gas auf die Spur zu
kommen. Dieses oft mehrere Millionen Grad heiße Gas gehört zu einem gewaltigen
System aus dunkler Materie und heißem Gas und prägt quasi die kosmische
Landschaft. Allein in der Gaskomponente dürfte sich mehr Materie befinden als in
allen Sternen des Universums zusammen. "Wir hatten aus der Urknalltheorie und
durch Beobachtungen des frühen Universums sehr deutliche Hinweise darauf, dass
dieses Gas auch heute noch existieren muss, aber bislang war es uns nicht
gelungen, es aufzuspüren", so Claude Canizares vom Massachusetts Institute of
Technology (MIT).
Das heiße Gas, das jetzt von Chandra entdeckt wurde, kann den
Astronomen auch als Indikator für die vermutete dunkle Materie dienen. So könnte
eine Art Karte der Dunkelmaterie-Verteilung im Universum entstehen, was für das
Verständnis der Entwicklung des Weltalls von großer Bedeutung wäre. Die kühlere
Komponente des Gases war mit Hilfe von Ultraviolett-Teleskopen entdeckt worden,
doch ist der heißere Anteil nur mit Röntgen-Teleskopen wie Chandra
aufzuspüren. Dabei nutzen die Forscher zwei unterschiedliche Methoden: Zum einen
wurde ermittelt, wie sehr das Gas das Licht eines fernen Quasars verdunkelt, es
also durch Elemente wie Sauerstoff im Gas absorbiert wird. Daraus können die
Forscher bestimmen, welche Temperatur das Gas hat und wie groß Dichte und Masse
ist.
Durch Beobachtung zweier verschiedener Quasare gelang zwei Forschergruppen
die Entdeckung von Teilen der intergalaktischen Gasschwaden. Dabei stellte sich
heraus, dass in einer dieser Gas-Filamente unsere Milchstraße und die
Andromeda-Galaxie eingebettet zu sein scheint. Andere liegen einige Milliarden
Lichtjahre von der Erde entfernt. Diese Ergebnisse bestätigen frühere Arbeiten,
bei denen die Röntgenstrahlung untersucht wurde, die das heiße Gas selbst
aussandte.
Während der ersten Milliarden Jahre des Universums hat sich nach Ansicht der
Wissenschaft nur rund 20 Prozent der Materie unter dem Einfluss ihrer
Schwerkraft zu Gruppen und Haufen von Galaxien zusammengetan. Der gesamte Rest
sollte - zusammen mit der dunklen Materie - in einem Netz von Filamenten
enthalten sein, das die Galaxiengruppen und Galaxienhaufen verbindet. Dieses Gas
dürfte nach der Theorie so heiß sein, dass es für optische Teleskope sowie für
Infrarot- und Radioteleskope unsichtbar ist. "Aus Computersimulationen wissen
wir, dass das meiste fehlende Gas in Filamenten verborgen sein muss", so Smita
Mathur von der Ohio State University. "Die meisten dieser Filamente sind zu
leuchtschwach um sie zu entdecken, aber es scheint so, dass wir endlich
wenigstens ein paar Schatten gesehen haben."