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RADIOASTRONOMIE
Der schärfste Blick ins Weltall
Redaktion
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23. Juli 2002

Um immer mehr Details im All erkennen zu können, würde man immer größere Teleskope benötigen. Radioastronomen schalten daher schon seit längerem Antennen auf verschiedenen Kontinenten zusammen und erhalten so ein riesiges virtuelles Radioteleskop. Wie leistungsfähig diese Technik ist, beweisen unlängst veröffentlichte Beobachtungen: Sie stellen den bislang schärfsten Blick ins Weltall dar.

VLBI

Das Netzwerk für die neuen Millimeter-VLBI-Beobachtungen bei einer Frequenz von 147 GHz. Bild:  Max-Planck-Institut für Radioastronomie
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Radioteleskope auf beiden Seiten des Atlantiks miteinander kombiniert, ergeben ein riesiges virtuelles Radioteleskop von mehreren Tausend Kilometern Durchmesser. Bei 2 mm Wellenlänge wurden kürzlich verschiedene aktive Galaxienkerne und Quasare in mehreren Milliarden Lichtjahren Entfernung beobachtet. Die neuen Messungen erreichen mit 18 Millionstel Bogensekunden einen neuen Weltrekord an Winkelauflösung. Damit lassen sich kleinste Strukturen in diesen kosmisch weit entfernten Objekten untersuchen. Die erzielte Trennschärfe ist in etwa vergleichbar mit der Fähigkeit, Radiosignale von zwei direkt nebeneinander liegenden Handys auf dem Mond voneinander unterscheiden zu können.

Um derart hochauflösende Beobachtungen zu ermöglichen, werden weltweit Radioantennen zu einem Riesenteleskop zusammengeschaltet. Beobachtungen mit einem globalen Netzwerk von Radioteleskopen können seit vielen Jahren bereits im Zentimeter-Wellenlängenbereich routinemäßig durchgeführt werden. An der Beobachtungstechnik der VLBI (Very Long Baseline Interferometry) nimmt auch das 100-m-Radioteleskop in Effelsberg des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn regelmäßig teil, und steigert so die Messempfindlichkeit entsprechend seiner großen Sammelfläche wesentlich.

Die vorliegenden neuen Beobachtungen bei 2 mm Wellenlänge wurden im Juli 2002 von Dr. Thomas Krichbaum vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie stellvertretend für eine internationale Wissenschaftlergruppe mit ca. 20 Mitgliedern auf einer Tagung des Europäischen VLBI-Netzwerks in Bonn im Gustav-Stresemann-Institut präsentiert. Zum ersten Mal wurden jetzt bei der zuvor noch nicht beobachtbaren sehr hohen Frequenz von 147 GHz (entsprechend 2 mm Wellenlänge) kosmische Messsignale auf transatlantischen Basislinien empfangen und ausgewertet.

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Schon die VLBI-Beobachtungen im Millimeter-Bereich mit irdischen Teleskopen liefern die schärfsten astronomischen Bilder, wesentlich schärfere Bilder als Weltraum-VLBI oder Interferometrie mit optischen Teleskopen. Seit ein paar Jahren werden Millimeter-VLBI Beobachtungen bei Wellenlängen bis hin zu 3 mm schon regelmäßig durchgeführt. Diese Beobachtungen, bei denen auch das 100-m-Radioteleskop sehr erfolgreich teilnimmt, erlauben unter anderem die Kartierung von hochrelativistischen Plasma-Jets in Galaxienkernen.

Die Beobachtungstechnik bei noch kürzeren Millimeter-Wellenlängen ist noch in der Entwicklung und liefert mit der Erweiterung des Messbereichs hin zu 2 mm eine nochmalige deutliche Steigerung der "Abbildungs-Schärfe" von VLBI: Durch eine transatlantische Zusammenschaltung des 30-m-Radioteleskop auf dem Pico Veleta in Südspanien, des 10-m-Heinrich-Hertz-Teleskop auf dem Mount Graham in Arizona (das gemeinsam vom MPI für Radioastronomie und der University of Arizona betrieben wird) und des 12-m-Radioteleskop auf dem Kitt Peak in Arizona, wurden zum ersten Mal korrelierte Signale von Quasaren bei einer Wellenlänge von 2 mm auf bis zu 8500 km langen Basislinien erhalten. Die entsprechende räumliche Auflösung liegt bei nur 18 Mikrobogensekunden, das entspricht dem 100millionsten Teil vom scheinbaren Durchmesser des Mondes am Himmel. "Das ist so, als ob man zwei direkt nebeneinander liegende Tischtennisbälle auf dem Mond deutlich getrennt sehen könnte" sagt Dr. Arno Witzel, Forschungsgruppenleiter am MPI für Radioastronomie in Bonn.

Diese Messmethode eröffnet faszinierende Aussichten für die Zukunft: es werden detaillierte Abbildungen der innersten Strukturen in weit entfernten Quasaren und Aktiven Radiogalaxien möglich. In nahen Galaxien wird man auf eine räumliche Auflösung von nur wenigen Lichttagen kommen. Damit lassen sich die noch immer weitgehend unverstandenen Prozesse der Energieerzeugung in den Zentren solcher "kosmischer Energie-Giganten" entschlüsseln.

Und auch in unserer eigenen Galaxie gibt es noch einiges zu entdecken: In den 25.000 Lichtjahren Entfernung zum Zentrum unserer Milchstraße käme man mit der jetzt erreichten Winkelauflösung bis an die Innenkante der so genannten Akkretionsscheibe, die das zentrale Schwarzen Loch umgibt. Das entspricht einer räumlichen Auflösung von nur noch 20 Sonnendurchmessern in dieser Entfernung. Die direkte Abbildung von Strukturen ganz nahe am Ereignishorizont schwarzer Löcher rückt somit in den Bereich des Möglichen. "Damit könnten wir relativistische Effekte wie die Verzerrung der Raumzeit in der Nähe von supermassiven Schwarzen Löchern vielleicht schon in den nächsten 10-20 Jahren direkt beobachten", so Thomas Krichbaum.

Links im WWW
Max Planck-Institut für Radioastronomie
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