GALAXIEN
Junge Sterne
in alter Galaxie entdeckt
von Stefan
Deiters
astronews.com
27. Juni 2002
Mit Hilfe von
zwei der leistungsfähigsten Teleskope der Welt hat ein internationales
Astronomenteam eine verblüffende Entdeckung gemacht: In alten elliptischen
Riesengalaxie spürten die Forscher relativ junge Sternhaufen auf - bislang hatte
man angenommen, dass es in solchen Galaxien nur alte Sterne gibt.
Die Galaxie NGC 4365 und die Verteilung von alten (rote Kreise)
und jungen (blaue Kreise) Sternhaufen.
Bild:
ESO
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Zu verstehen, wie Galaxien entstehen und sich entwickeln, gehört zu den
spannendsten Gebieten der astronomischen Forschung. Vor allem interessiert die
Wissenschaftler wann der Großteil der Sterne im Universum entstanden ist: Gleich
zu Beginn, in einem gewaltigen Sternentstehungsausbruch oder zu einem
deutlich späteren Zeitpunkt? Ein Hinweis zur Klärung dieser Frage war die
Beobachtung von gewaltigen Galaxienkollisionen, die immer wieder dazu führen,
dass es in der so neu entstehenden Galaxie eine heftige Phase von
Sternentstehung gibt. Allerdings scheinen sich die meisten Sterne inzwischen in
großen elliptischen Galaxien zu befinden, von denen die Astronomen bislang
annahmen, dass sie zu den ältesten Bestandteilen im Universum gehören und sich
hier nur alte Sterne finden lassen.
Diese elliptischen Galaxien scheinen in einem diffusen rötlichen Licht, was
bislang als Anzeichen dafür gedeutet wurden, dass sie aus alten Sternen
bestehen, die viele Milliarden Jahre alt sind. Doch könnten sich eventuell unter
diesen Sternenveteranen junge Vertreter befinden, die man bislang nicht
aufspüren konnte? Um diese Frage zu klären nutzte ein Team aus europäischen und
amerikanischen Astronomen das Hubble-Weltraumteleskop und das Very
Large Telescope der ESO, um nach massereichen Sternhaufen in elliptischen
Galaxien zu fahnden, die man in gewisser Weise als Indikatoren für die Phasen
der Sternentstehung in der jeweiligen Galaxie ansehen kann. Hätte es in ihr nur
eine Phase der Sternentstehung gegeben, sollte man nur etwa gleich alte so
genannten Kugelsternhaufen in dieser Galaxie aufspüren können.
Als die Forscher jedoch die Galaxie NGC 4365 im Virgo-Haufen untersuchten,
fanden sie Kugelsternhaufen, die nur wenige Milliarden Jahre alt zu sein
schienen. Die ältesten Sterne der Galaxie waren mehr als zwölf Milliarden Jahre
alt. Die Astronomen konnten drei Gruppen von Kugelsternhaufen in NGC 4365
unterscheiden: Eine Gruppe von Haufen, die relativ alt und metallarm war, dann
eine alte und metallreiche Gruppe sowie eine Gruppe aus jungen und metallreichen
Haufen.
"Wir brauchten die Kombination von Hubble und VLT um diese
Beobachtungen überhaupt machen zu können", so Markus Kissler-Patig von der ESO.
"Als wir diese jungen Haufen gefunden hatten, beobachteten wir sie
spektroskopisch mit einem weiteren Weltklasse-Teleskop, dem
10-Meter-Keck-Teleskop auf Hawaii und das hat unsere Ergebnisse bestätigt."
Die Resultate sind besonders deswegen bedeutend, da man bislang davon
ausgegangen war, dass die Sterne in diesen elliptischen Galaxien ausschließlich
in der Frühphase des Universums entstanden sind. Somit scheint nun zumindest
sicher zu sein, dass einige alte Galaxien ihre wahre Natur verbergen können und
in Wirklichkeit weitere Sternentstehungsphasen durchlaufen haben. Für die
Erforschung der frühen Geschichte der Galaxien im Universum eine wertvolle
Information.
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