GEMINI NORD
Rekordverdächtiger Brauner Zwerg entdeckt
von Stefan
Deiters
astronews.com
23. Mai 2002
Dank der
adaptiven Optik des Gemini Nord Teleskops konnten Astronomen einen
rekordverdächtigen Braunen Zwerg aufspüren: Das Objekt umrundet seinen Partner
in einem Abstand, der nur drei Mal größer ist als die Entfernung der Erde zur
Sonne. Der Fund dürfte auch erheblichen Einfluss auf die Theorie der Stern- und
Planetenentstehung haben.
Das Entdeckungsbild des Braunen Zwergs um den Stern LHS 2397a. Foto:
Gemini Observatory / Melanie Freed, Laird Close, Nick Siegler
University of Arizona / Hokupa'a-QUIRC image, University of
Hawaii, IfA |
Der rekordverdächtige Fund gehört zu einer ganzen Reihe von massearmen
Doppelsternsystemen, die im Rahmen einer Studie mit dem Gemini Nord-Teleskop
auf Hawaii untersucht worden sind. Die
Astronomen hoffen dadurch, neue Daten über die Entstehung von Sternsystemen und
größeren Planeten zu erhalten. "Durch Geminis moderne Aufnahmekapazitäten
konnten wir das Sternenpaar eindeutig auflösen, obwohl die Entfernung der beiden
Objekte nur etwa doppelt so groß ist, wie die Entfernung vom Mars zur Sonne",
erläutert die am Projekt beteiligte Doktorandin Melanie Freed. Der aufgespürte
Braune Zwerg dürfte nach Schätzung der Forscher etwa 38 bis 70 Mal massereicher
sein als unser Jupiter. Die zugehörige Sonne liegt rund 46 Lichtjahre von der
Erde entfernt.
Bisheriger Rekordhalter für einen direkt beobachteten Braunen Zwerg um eine
Sonne war ein Objekt, das 14 Astronomische Einheiten vom Zentralstern entfernt
war. Eine Astronomische Einheit entspricht der durchschnittlichen Entfernung der
Erde von der Sonne, also rund 150 Millionen Kilometer.
Braune Zwerge werden gerne beschrieben als Sterne, die es nicht geschafft
haben "echte" Sonnen zu werden, also ihr nukleares Feuer im Inneren zu Zünden.
Sie sind massereicher als Jupiter, haben haben weniger als acht Prozent der
Masse unserer Sonne. Im Infrarotbereich, der auch bei den Gemini-Beobachtungen
genutzt wurde, kann man diese Objekte am besten
ausmachen, da sie langsam kontrahieren und dabei Wärme abstrahlen. Braune Zwerge
sind vor allem deswegen interessant, weil sie nach Ansicht der Forscher eine Art
Zwischenobjekt zwischen Planeten und Sonnen darstellen und ihr Studium deswegen
Aufschlüsse über die Entstehung von Sternen- und Planetensystemen geben kann.
Astronomenteam der Universität von Arizona, die die erwähnte Studie
durchführte, war interessiert an Sternen, die nur etwa ein Zehntel der Masse
unserer Sonne haben und damit gerade über der Braune Zwerg-Grenze liegen. Zu
ihrer Überraschung entdeckten sie dabei noch elf weitere Paare. Sie scheinen
also in unserer Galaxis nicht gerade selten zu sein. Bisher nahm man an, dass
massearme Sterne häufig Einzelgänger sind, weil sie bald nach ihrer Entstehung
aus dem Sternhaufen, in dem sie geboren wurden, "hinausgekickt" werden. "Nach
Abschluss der Untersuchung scheint klar zu sein, dass die Natur massearme Sterne
nicht benachteiligt was die Bildung von engen Doppelsystemen angeht", so
Teamleiter Dr. Laird Close. Insgesamt hatten die Forscher 64 massearme Sterne
untersucht, von denen sich zwölf als Doppelsysteme entpuppten als sie mit dem
Gemini Nord-Teleskop untersucht wurden. Die Entfernung zwischen den jeweiligen
Partner war dabei deutlich geringer als es die Astronomen erwartet hatten.
Die neuen Beobachtungen scheinen auch darauf hinzudeuten, dass - entgegen der
bisherigen Theorie - massearme Doppelsysteme ähnlich entstehen wie Doppelsysteme
mit massereicheren Partnern. Dies bedeutet auch, dass der Anteil von
Doppelstern-Systemen in einem beträchtlichen Massenbereich sehr ähnlich ist. Und
es gibt eine weitere Überraschung: Beobachtungen von sonnenähnlichen Sternen
haben gezeigt, dass es in einem Radius von rund fünf astronomischen Einheiten
kaum Braune Zwerge gibt. Die Forscher sprachen gar schon von einer
Braunen-Zwerg-Wüste. "Um massearme Sterne gibt es offenbar aber keine Braune-Zwerg-Wüste", so Close. "Jedes Theorie für Stern und Planetenentstehung
muss diese Beobachtungen reproduzieren können."
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