Im Rätsel um den Ursprung des Lebens auf der Erde scheint ein wichtiger
Lösungsschritt gelungen zu sein. Wissenschaftler der Universität Bremen und
weiterer Hochschulen haben in einem Laborversuch die Entstehungsbedingungen von
Kometen rekonstruiert. Dabei haben sie völlig überraschend die Anwesenheit von
Aminosäuren nachgewiesen. Aminosäuren sind die Grundbausteine allen Lebens auf
der Erde; aus ihnen entwickeln sich die Proteine (Eiweiße), welche elementare
Bestandteile der Zelle sind. Da es im Laufe der Erdgeschichte zahlreiche
Kometeneinschläge auf der Erde gegeben hat, schließen die Forscher aus Bremen,
Leiden, Orleans und Katlenburg-Lindau: Kometen brachten der Erde das Leben. Sie
stellen ihre These in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazin Nature
vor.
Kometen sind die ältesten Reste einer gigantischen Staubwolke, aus der unser
Sonnensystem vor 4,6 Milliarden Jahren hervorgegangen ist. Der Bremer
Wissenschaftler Uwe Meierhenrich und sein Kollege Guillermo Muñoz Caro aus
Leiden stellten in ihrem Laborversuch die chemischen Vorgänge bei der
Kometenentstehung nach. In einer Vakuum-Apparatur installierten sie einen
Aluminiumblock, der mit flüssigem Helium auf zwölf Kelvin abgekühlt wurde. Der
Vakuum-Apparatur führten die beiden Forscher die einfachen chemischen
Verbindungen zu, die in interstellaren Wolken vorkommen: Wasser, Kohlendioxid,
Kohlenmonoxid, Ammoniak und Methanol. Gleichzeitig wurde mit einer UV-Quelle der
Einfluss des Sonnenlichtes berücksichtigt, weil Energie in Form von Lichtquanten
Moleküle in Bewegung versetzen und sowohl molekulare Strukturen aufbrechen als
auch neue Strukturen knüpfen kann. Bei den Laborexperimenten gefroren die
chemischen Verbindungen am Aluminiumblock als dünne Eisschichten.
Nach dem Auswärmen fanden die Forscher in diesen Eisschichten 16 verschiedene
Aminosäuren, von denen einige zum Stoffwechsel des Menschen gehören. Damit liegt
der Zusammenhang zwischen den chemischen Prozessen im Weltraum und dem Entstehen
von irdischem Leben auf der Hand.
Dennoch gibt es auch weiterhin zahlreiche offene Fragen: Ein zentrales Rätsel
der Natur betrifft die so genannten L- und D-Aminosäuren. Wenn Aminosäuren
entstehen, gibt es - so sieht es die Natur vor - stets L- und D-Aminosäuren, die
sich spiegelbildlich gleichen. Die Biologie verwendet aber ausnahmslos
L-Aminosäuren. Die Ursache dafür ist bislang nicht bekannt. Um der These, dass
das irdische Leben aus dem Weltraum kam, noch mehr wissenschaftliches Gewicht zu
geben, wollen die Forscher in ihrer Vakuum-Apparatur die Versuchsbedingungen so
verändern, dass überwiegend L-Aminosäuren entstehen. Statt des bisher im Labor
eingesetzten unpolarisierten Lichtes soll die Apparatur zirkular polarisierter
Synchrotonstrahlung ausgesetzt werden. Die Hoffnung von Meierhenrich: "Wir gehen
davon aus, dass sich durch dieses asymmetrische Energiefeld das bislang
beobachtete Gleichgewicht zwischen D- und L-Aminosäuren verschieben lässt.
Gelingt das Experiment, wäre das ein weiterer Meilenstein bei der Suche nach dem
Ursprung des Lebens".
Aber nicht nur im Labor, sondern auch im All wird nach den chemischen
Anfängen des Lebens gefahndet. Im Rahmen der Rosetta-Mission der
Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) soll eine Raumsonde in eine Umlaufbahn um
den Kometen Wirtanen gebracht und eine Landesonde auf der Oberfläche abgesetzt
werden. Die Wissenschaftler versprechen sich davon, den Aufbau des Kometen und
des interstellaren Staubes analysieren zu können. Rosetta wird im Jahre
2003 gestartet und soll 2011 den Kometen Wirtanen erreichen.