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XMM
Ein Schwarzes Loch speit Energie
von
Dominik Hezel
für astronews.com
23. Oktober 2001
Erstmals konnten Forscher nachweisen, dass Schwarze Löcher nicht
nur Materie und Energie verschlingen, sondern auch Energie abgeben können. Der
Nachweis gelang einem Astronomenteam unter Leitung des Tübinger Astrophysikers
Jörn Wilms mit dem europäischen Röntgenteleskop XMM Newton. Sie
beobachteten das 100 Millionen Lichtjahre entfernten, supermassereiche Schwarze
Loch in der Spiralgalaxie MCG-6-30-15.
So könnte das System MCG-6-30-15 aussehen.
Darstellung:
ESA/NASA |
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Schwarze Löcher sind gigantische Materieansammlungen auf kleinstem
Raum. Sie vereinigen die Massen von einhundert Millionen bis
einhundert Milliarden Sonnen in einem Bereich, der kleiner ist als
unser Sonnensystem. Diese enorme Masse übt eine gewaltige
Anziehungskraft in einem großen Bereich um das Schwarze Loch
aus. Für Sterne im Wirkungsbereich dieser Anziehung gibt es kein
Entrinnen: früher oder später stürzen sie in das Schwarze Loch - und
erhöhen dabei fort während dessen Masse. Bevor Materie für immer in
einem Schwarzen Loch verschwindet, sammelt sie sich auf einer so genannten Akkretionsscheibe
und spiralt von dort langsam
in das Schwarze Loch im Zentrum.
Die Astronomen vermuten, dass in den Zentren der meisten der etwa 100
Milliarden Galaxien unseres Universums ein Schwarzes Loch
existiert.
Um das komplexe Phänomen der Schwarzer Löcher besser zu verstehen, nahm die
Forschergruppe um den Astronomen Jörn Wilms von der Universität
Tübingen das Schwarze Loch in der 100 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie
MCG-6-30-15 genauer unter die Lupe. Mit dem Röntgensatellit XMM-Newton der
europäischen Weltraumagentur ESA nahmen die
Tübinger Forscher ein Spektrum des entfernten Objektes auf, das Auskunft über
die dort vorhandenen chemischen Elemente gibt. Besonders interessierte Wilms und
sein Team eine Röntgen-Emissionslinie des ionisierten Eisens in der Akkretionsscheibe
um das Schwarze Loch. Zu ihrer Überraschung stellten die Astronomen eine
deutlich höhere Intensität dieser Röntgenemission fest, als sie aus etablierten
Modellen für Akkretionsscheiben um supermassereiche Schwarze Löcher zu erwarten
wäre. "Für unser
Schwarzes Loch bedeutete das, dass etwas anderes dem Eisen zusätzliche Energie gibt, die in der Röntgenstrahlung sichtbar wird“, kommentiert Jörn
Wilms seine Beobachtung. Diese zusätzliche Energie muss das Eisen aus
dem Schwarzen Loch beziehen.
Eine ungewöhnliche Entdeckung, die der amerikanische Astronom Christopher Reynolds auf die prägnante Formel bringt:
"Bisher konnten wir niemals beobachten, dass Energie von einem
Schwarzen Loch abgestrahlt wird. Wir haben Energie immer nur hinein
gehen sehen, nie hinaus."
Um das seltsame Phänomen zu erklären, verweisen deren Entdecker auf eine 25
Jahre alte Theorie der zwei Astronomen Roger Blandford und Roman
Znajek von der Universität in Cambridge. Die beiden zeigten, dass ein rotierendes
Schwarzes Loch in einem starken Magnetfeld abgebremst werden
kann und dabei die frei werdende Rotationsenergie in
die inneren Bereich der Akkretionsscheibe transferiert wird. Genau in
diesem inneren Bereich entdeckten Wilms und seine Kollegen die
außergewöhnlich intensive Eisen-Emissionslinie. Deshalb
erklären sie die zusätzliche Energie für die Anregung des Eisens in
der Akkretionsscheibe durch den von Blandford und Znajek postulierten Prozess.
Zwar wurde diese Schlussfolgerung schon gleich nach der Veröffentlichung von
verschiedenen Seiten angezweifelt, doch ist sich Jörn Wilms sicher, dass
das Rätsel mit weiteren Beobachtungen bald eindeutig gelöst werden kann.
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