Hoch im Norden der britischen Insel, an der schottischen
Universität von St. Andrews, planen Physiker ein Schwarzes Loch für den
Schreibtisch: Es soll Licht oder Schallwellen einsaugen können und den
Forschern einiges über die Grundlagen von Energie und Materie verraten.
Einziger Haken: Mit einem "echten" Schwarzen Loch hat die
Schreibtisch-Variante nicht ganz so viel zu tun.
Unterstützt vom britischen Engineering and Physical Sciences Research Council arbeiten Professor Ulf Leonhardt und seine Kollegen
von der Universität von St. Andrews gerade an den Grundlagen für das
Experiment, das zumindest einige Eigenschaften eines "echten"
Schwarzen Loches simulieren soll. Schwarze Löcher entstehen nach den
gängigen Theorien, wenn ein massereicher Stern am Ende seines nuklearen
Lebens kollabiert. Durch die konzentrierte Masse entsteht eine so gewaltige
Gravitationskraft, dass nichts - nicht einmal Licht - aus der Umgebung des
Schwarzen Lochs entkommen kann.
Für Physiker sind Schwarze Löcher aus einem ganz besonderen Grund
interessant: Diese exotischen Objekte stellen nämlich in mancherlei
Hinsicht einen Bereich dar, in denen sich zwei recht verschiedene
Methoden, die fundamentalen Vorgänge in unserem Universum zu erklären,
berühren: Zum einen die Quantentheorie, die gewöhnlich zur Beschreibung
von Energie und Materie im subatomaren Bereich Anwendung findet und die
Relativitätstheorie die für die großräumigen Entwicklungen zuständig
ist. Leider gibt es auch Konflikte zwischen den beiden Theorien und die
schottischen Wissenschaftler hoffen, dass ihr Experiment vielleicht helfen
könnte, diese Widersprüche zu lösen.
Und so wollen die Forscher ihr Schwarzes Loch bauen: In ihrer
Versuchsanordnung sollen Licht- oder Schallwellen in bestimmte
Flüssigkeiten eingebracht werden, die sich schneller bewegen als die
Wellen und diese somit einfangen. "Ein gute Analogie dafür wäre ein
Fisch, der in einem Fluss auf einen Wasserfall zuschwimmt",
erläutert Leonhardt. "Je näher der Fisch dem Wasserfall kommt,
desto schneller wird der Strom des Flusses. Irgendwann ist der Punkt
erreicht, in dem das Wasser schneller ist als der Fisch schwimmen kann und
dann gibt es für den Fisch nur noch eine Richtung. Er ist gefangen und
hat keine Chance zu entkommen."
Der hauptsächliche Trick bei dem Experiment ist es, die
Geschwindigkeit der Wellen zu verringern. In gewissen Dämpfen könne man,
so die Forscher, die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts auf einige
zehn Zentimeter pro Sekunde reduzieren, berichtet Leonhardt. "Wenn dieser Dampf nun mit einer größeren Geschwindigkeit fließt als sich das
Licht darin fortbewegen kann, haben wir eine ähnliche Situation wie die
des Fisches im Fluss", erklärt Leonhardt. "Das Licht ist
gefangen." In einer anderen Versuchsanordnung wäre auch ein
Schwarzes Loch für Schallwellen vorstellbar.
"Das Ziel der Experimente ist es, die Quanteneigenschaften von
Licht oder Schallwellen in diesen künstlichen Schwarzen Löchern zu
studieren", sagte Leonhardt. "Die Beobachtungen könnten helfen
den bestehenden Konflikt zwischen allgemeiner Relativitätstheorie und
Quantentheorie zu lösen. Weltweit arbeiten ein oder zwei weitere Gruppen
an ähnlichen Experimenten. Es könnte sein, dass das hier der Anfang
eines ganz neuen Bereichs der Physik ist."