MOLEKÜLWOLKEN
Wie süß:
Zucker im Weltraum
von Stefan
Deiters
astronews.com
19. Juni 2000
Eine süße Überraschung erlebten Astronomen bei ihren
Beobachtungen mit einem 12 Meter Radioteleskop auf dem Kitt Peak: In einer
Gaswolke nahe des Zentrums unserer Galaxis entdeckten sie Zuckermoleküle.
Der Fund könnte auch Auswirkungen auf die Theorie haben, wie Leben auf
der Erde entstand.
So sieht die Riesenmolekülwolke Sagittarius B2 (Nord) mit dem
Very Large Array aus. Foto:
R. Gaume, M. Claussen, C. De Pree, W.M. Goss, D. Mehringer,
NRAO/AUI/NSF |
"Die Entdeckung dieser Zuckermoleküle in einer Wolke in der gerade
neue Sterne entstehen bedeutet, dass es immer wahrscheinlicher wird, dass
sich die chemischen Vorläufer von Leben schon lange vor der eigentlichen
Entstehung von Planeten um einen Stern bilden", erläutert Jan M.
Hollis vom NASA Goddard Space Flight Center die Bedeutung der
Entdeckung. Zusammen mit seinen Kollegen hatte er die Beobachtungen aus
dem Mai ausgewertet und seine überraschenden Ergebnisse unlängst bei der
angesehenen Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters
eingereicht.
Die Entdeckung, da ist sich das Team sicher, könnte ein wichtiger
Schritt sein, um die Entstehung von Leben in der frühen Entwicklungsphase
der Erde zu verstehen. Die Bedingungen in diesen interstellaren Gaswolken
dürften unter bestimmten Umständen den Gegebenheiten auf der frühen
Erde gleichen, so dass ihr Studium den Wissenschaftlern verraten könnte,
wie sich komplexe Moleküle gebildet haben. Darüber hinaus wird von
einigen Astronomen die These vertreten, dass einige dieser Moleküle von
vorbeifliegenden Kometen stammen könnten, die auch aus einer
interstellaren Wolke entstanden sind - aus der nämlich, aus der sich
unser Sonnensystem gebildet hat.
Das achtatomige Molekül aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff
kann sich mit weiteren Molekülen zu komplexeren Molekülen verbinden, die
als Grundbausteine für RNA und DNA gelten - die Träger der
Erbinformationen. Die Zuckermoleküle wurden in einer Gaswolke
aufgespürt, die rund 26.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist und in
der Nähe des Zentrums unserer Galaxis liegt. In diesen Gaswolken, die oft
einen Durchmesser von mehreren Lichtjahren haben, finden komplizierte
chemische Reaktionen statt. So fand man in den letzten Jahren schon über
120 verschiedene Verbindungen. Komplexere Moleküle mit acht oder mehr
Atomen waren allerdings nur recht selten darunter.
Moleküle verraten sich durch ihre - wenn auch äußerst schwachen -
Emissionen im Radiobereich. Wie bei einem Fingerabdruck kann man jedes
Molekül an seinen Frequenzen erkennen. Das Zuckermolekül verriet sich
den Astronomen durch Emissionen in sechs verschiedenen Frequenzen, die
alle im sogenannten Millimeter-Wellenlängenbereich lagen und damit
zwischen der Mikrowellen- und Infrarotstrahlung.
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