Auf jedes vermutete Schwarze Loch könnten zehn weitere kommen,
die durch Staub und Gas verdeckt sind. Diese Theorie stellte unlängst ein
Wissenschaftler der Universität Cambridge auf, um so den
Röntgenstrahlungshintergrund im Universum zu erklären. Nach dieser Theorie könnten
Schwarze Löcher sogar für rund die Hälfte der Strahlung verantwortlich sein,
die seit dem Urknall im Universum frei wurde.
Bei einem Treffen von Röntgenastronomen im italienischen Bologna
präsentierte Andrew Fabian, Professor am Institut of Astronomy in
Cambridge, eine Theorie, die den massereichen Schwarzen Löchern eine
erheblich wichtigere Rolle im Strahlungshaushalt des Universums zuteilt.
Bisher hielt man diese im Vergleich zu normalen Sternen für relativ
unbedeutend. Die Schwarzen Löcher, die nach seiner Theorie bis zu 50 Prozent aller bisher ausgesandten
Strahlung produziert haben könnten, werden in den Zentren der meisten
Galaxien vermutet. Sie sollen Massen vom Millionen bis zum Milliardenfachen
der Masse unserer Sonne haben bei einer Größe kleiner als unser
Sonnensystem.
Für den Laien scheint es zunächst ein Widerspruch zu sein, dass
Schwarze Löcher, die ja bekanntlich ihren Namen der Eigenschaft verdanken,
dass sie sämtliche Strahlung verschlucken, überhaupt irgendetwas
aussenden sollen. Verantwortlich für die Strahlung
ist allerdings die Materie, die vom Schwarzen Loch angezogen wird und mit
hoher Geschwindigkeit in das Schwarze Loch hineinspiralt. Dieses
heiße und extrem schnelle Gas sendet eine sehr starke Strahlung in einem
großen Bereich des elektromagnetischen Spektrums aus - vom sichtbaren Bereich des Lichts bis hin zum Röntgenbereich - bevor es schließlich
hinter dem Ereignishorizont des Schwarzen Loches verschwindet. Aus dem
Bereich hinter dem Ereignishorizont kann nichts, nicht einmal Licht,
entweichen.
Doch jenes Material, was sich zwar schon im Einflussbereich des
Gravitationsfeldes des Schwarzen Lochs befindet, aber noch nicht hinter
dem Ereignishorizont verschwunden ist, könnte für einen großen Teil der
Strahlung im Universum verantwortlich sein. So erklärt man sich
beispielsweise die oft extrem hellen Zentren entfernter Galaxien, die man
als Quasare bezeichnet. Doch die allein genügen nicht: "Den
Hintergrund an Röntgenstrahlung, den man im Weltall gefunden hat, kann
man nicht normalen Sternen oder Quasaren erklären", erläutert
Fabian. "Dazu benötigt man, wie schon früher vorgeschlagen wurde,
eine Familie von verdeckten Quasaren. Für jeden sichtbaren Quasar sind
zehn weitere verdeckte nötig, was bedeuten würde, dass die meisten
massereichen Schwarzen Löcher, die durch das Verschlucken von Materie
immer weiter anwachsen, dem Beobachter im sichtbaren Licht, im
Ultravioletten oder nahem Infrarotbereich verborgen bleiben."
Diese Strahlung könnte nämlich vom Staub und Gas in der Nähe des
Schwarzen Loches verschluckt werden. Röntgenstrahlung hingegen ist davon nicht
betroffen und würde daher eines korrektes Maß für die wahre
abgestrahlte Energiemenge liefern. Der Beitrag der Schwarzen Löcher zum
Strahlungshaushalt wurde unterschätzt, da Röntgenobservatorien
bisher, so Fabian, die Röntgenstrahlung die durch den Staub und das Gas
dringt, nicht messen konnten. Hinzu kommt, dass das verschluckte Licht in
anderen Wellenlängenbereichen wieder ausgesandt werden dürfte und hier
deuten jüngste Messungen darauf hin, dass an Fabians Theorie durchaus
etwas dran ist.
Genaueres über die Strahlungsleistung eines Schwarzen Lochs wird man
aber erst durch die neue Generation von Röntgenteleskopen erfahren. Das
NASA-Teleskop Chandra und auch das europäische Teleskop XMM
können nämlich auch die verdeckten Röntgenquellen aufspüren und so
wichtige Daten zur Bestätigung von Fabians Theorie liefern.