Mit Hilfe numerischer Simulationen auf den leistungsfähigsten
Rechnern der Welt, versuchen Astrophysiker der Universität von
Kalifornien in Santa Cruz einem Rätsel aus der Frühgeschichte unseres
Universums auf die Spur zu kommen: Woher stammen die vielen hellen
Galaxien, die man mit modernen Teleskopen zu einer Zeit sieht, in der
unser Universum nur zehn Prozent seines jetzigen Alters hatte.
Mit den modernen Teleskopen blicken die Astronomen in immer weitere
Entfernungen und damit auch zurück in eine Zeit, in der das Universum viel
jünger war als heute. So entdeckte man Anfang der 90er Jahre an den
Grenzen des beobachtbaren Universums sehr schwach leuchtende Galaxien,
deren geringe Leuchtkraft allerdings auf die enorme Entfernung von der
Erde zurückzuführen war. Denn Analysen zeigten, dass sie in Wirklichkeit
recht hell waren und hauptsächlich aus jungen, heißen Sternen bestanden.
Außerdem fand man heraus, dass diese Galaxien, die man
"hochrotverschobene Galaxien" oder "high-redshift galaxies"
nannte, im Vergleich zu ähnlich hellen Galaxien in unserer Umgebung
relativ klein waren.
"Das Rätsel ist, dass diese sehr leuchtstarken Galaxien so weit
entfernt sind, dass das Licht das wir heute sehen, seine Reise begann als
das Universum nur etwa zehn bis 15 Prozent seines heutigen Alters
hatte", erläutert Tsafrir Kolatt, Wissenschaftler an der
Universität von California in Santa Cruz. "Es ist unklar, wie in
dieser frühen Phase des Universums so viele so helle Galaxien überhaupt
entstehen konnten."
Kolatt und seine Kollegen glauben nun, diesem Rätsel mit Hilfe
aufwendiger Computersimulationen auf die Spur gekommen zu sein. In ihren
Modellen verglichen sie zwei verschiedene Szenarien: Im ersten Modell
befinden sich die Galaxien in einem Halo, also einer Art kugelförmigen Wolke, aus dunkler
Materie, die durch ihre Gravitationswirkung Gas in das Zentrum lenkt, wo
so Sterne entstehen können. Mit diesem Modell könnte man auf lange Zeit
in einer konstanten Rate Sterne entstehen lassen. Allerdings bräuchte man
eine riesige Menge Gas um die hohen Leuchtkraft der Galaxie erklären zu
können.
Die Alternative ist dramatischer: Kollisionen von Galaxien führen zu
kurzen aber sehr heftigen Sternentstehungsausbrüchen. Durch die Kollision
zweier Galaxien wird die Gaszufuhr ins Zentrum verstärkt. Durch
diesen Mechanismus ließe sich auch eine hohe Aktivität an
Sternentstehung in relativ kleinen Galaxien erklären.
Mit ihren Computersimulationen berechneten die Wissenschaftler nun, wie
unser Universum heute aussehen würde, wenn es das jeweilige Szenario
berücksichtigt. Das Ergebnis: Die Beobachtungen stimmen am besten mit dem
Kollisions-Szenario überein. Hier lieferten die Simulationen die korrekte
Anzahl der hochrotverschobenen Galaxien, zeigten die richtigen
Ansammlungen von Galaxien und die benötigte Helligkeit, um das zu sehen,
was man auch heute sieht. Das Alternativszenario konnte weniger
überzeugen, da es nicht die ausreichende Zahl von Galaxien
lieferte.
Doch noch ist nichts entschieden: Erst noch genauere Beobachtungen
dieser Relikte aus längst vergangener Zeit werden letztenendes den
Ausschlag geben können, wie diese Galaxien entstanden sind. Eine nicht
unwichtige Frage, denn schließlich könnten diese Galaxien den Schlüssel
zur wichtigen Frage der Strukturbildung im gesamten Universum liefern.