Raketen für Dummies

void

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Hallo Astronewsler

ich muss mich mal wieder an euch wenden, da mir eine Sache unerklärlich und seltsam vorkommt,
aber ich halte es nicht für ganz ausgeschlossen, daß es eine natürliche Erklärung gibt.

Stichwort: Raketen.

a)
Die richtig großen, die Satelliten und Menschen in den Orbit schießen. Ich kenne davon nur TV-Aufnahmen, habe nie eine in echt
gesehen, daher besteht natürlich ein kleine, aber nicht wegdiskutierbare Möglichekeit, dass es Fake-Aufnahmen sind. Aber ich
vermute erst mal wohlwollend, dass alles seine Richtigkeit hat :)
Diese Raketen erzeugen ihren Schub am Ende. Damit meine ich, daß der gesamte Apparat und die gesamte zu beschleunigende Masse
vor dem schub-erzeugenden Triebwerk liegt.

b)
Die kleinen Feuerwerks-Raketen. Hier gibt es einen kleinen Unterscheid zu den Grossen: Untehalb des Antriebs ist immer ein langer
Holzstab. Der dient offenbar einzig dem Zweck, die Rakete in eine entleerte Startrampe (Sektflasche) zu stellen, aber meiner festen
Überzeugung nach ist da noch etwas: ohne diesen Stab läge der Schwerpunkt oberhalb des Triebwerkt, und das Ding würde wild
rotieren statt stracks gen Himmel zu streben.


Versuchsanordnung:
Man balanciere einen Bleistift auf den Zeigefinger und beschleunige Ihn nach oben. In den allerwenigsten Fällen gelingt dies.

Frage:
Waum klappt das bei den großen Raketen?

Vermutete Antwort:
Computergesteuerte Triebwerks-Korrekturen, mal etwas nach rechts, mal etwas nach links, um die Balance zu halten.

Antwort darauf:
schwer zu glauben, das Risiko wäre enorm, die Zahl der Unfälle wäre größer.

Auflösung:
?



Vielen Dank,
Grüße
Void
 

mac

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Hallo void,

alles richtig (bis auf den Schwerpunkt und die Statistik) Beim Schwerpunkt zählt nicht nur der statische Schwerpunkt, sondern auch die Kombination mit dem Luftwiderstand.

Die Steuerung konnte man schon lange vorher. Ich müßte nachlesen seit wann - spätestens aber bei der V2 und daß wohl hauptsächlich analog?

Bei manchen Raketenstarts, Demonstrationen kann man sehr gut sehen, daß die Austrittsdüsen beweglich gelagert sind. Sie werden motorisch, abhängig von der Lage und der Lageänderung der Rakete, entsprechend angesteuert, um sie auf Kurs zu halten.

Es gibt übrigens zahlreiche Filmaufnahmen von den ersten Startversuchen der Amerikaner - auch mit zahlreichen missglückten Starts - manche tatsächlich so, daß die Rakete gleich nach dem Start einen mehr oder minder 'geglückten' Vollkreis fliegt.

Herzliche Grüße

MAC

PS: Vor ein paar Jahren war ich in Penemünde und hab' in dem dortigen Museum die Brennkammern von ganz nahe sehen können. War sehr aufschlussreich und ich hab' erst dort verstanden, wie man das macht (die kontrollierte Verbrennung des Treibstoffes)
 

MGZ

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Die richtig großen, die Satelliten und Menschen in den Orbit schießen. Ich kenne davon nur TV-Aufnahmen, habe nie eine in echt
gesehen, daher besteht natürlich ein kleine, aber nicht wegdiskutierbare Möglichekeit, dass es Fake-Aufnahmen sind. Aber ich
vermute erst mal wohlwollend, dass alles seine Richtigkeit hat :)

Das ist auch kein Wunder. Es werden von Westeuropa aus keine Raketen ins Weltall geschossen. Die Bedingungen sind dafür hier ungünstig. Die meisten Starts brauchen Nähe zum Äquator und freie Bahn in östlicher Richtung, falls irgendwas explodiert. In Westeuropa gibt es weder das eine noch das Andere. Und da Raketen ohnehin teuer sind schickt man halt alles nach Korou, Baikonur oder Florida.
 

Protuberanz

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Hallo void,
zum einen gibt es auch Pyrotechnik ohne Holzstab. Diese Raketen haben meist Leitwerke, die den Flug stabilisieren. Zum anderen kannst Du auch zu Raketen-Modellflug-Veranstaltungen gehen und dort sehen, das die Dinger ganz ohne Stab fliegen. Auch militärische Raketen besitzen so etwas nicht, aber an die wirst Du zur Beobachtung auch nur sehr schwer rankommen.
Solltest Du jedoch einmal die Gelegenheit haben nach Schweden zu fahren, dann findest Du in der Nähe von Kiruna einen Startplatz für Höhenforschungsraketen. Das kommt einer Weltraumrakete schon ziemlich nahe und fliegt natürlich ebenfalls ohne Stab.
 

Bernhard

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zum einen gibt es auch Pyrotechnik ohne Holzstab. Diese Raketen haben meist Leitwerke, die den Flug stabilisieren.
Leitwerke entfalten ihre stabilisierende Wirkung erst ab einer gewissen Geschwindigkeit. Ist die Startrampe lang genug und die Rakete kräftig genug, reicht ein Leitwerk, um die Rakete halbwegs auf Kurs zu halten.

Die ganz großen Raketen sind dafür bereits zu langsam und müssen auch zielgenau in den richtigen Orbit beispielsweise um die Erde gebracht werden. Bei denen ist ein bewegliches Triebwerk zwingend erforderlich. Es gibt zur Steuerung der Triebwerke alte Aufnahmen aus dem Apollo-Programm. Man muss dazu nur den Anfang des Filmes Koyaanisqatsi von G. Reggio anschauen. Dort sieht man die Bewegung der Triebwerke überdeutlich.
 

Protuberanz

Registriertes Mitglied
Die pyrotechnischen Erzeugnisse, sowie auch die Modellraketen und viele Höhenforschungsraketen, verwenden Leitwerke. Das hat aber wohl auch den Grund, weil sie sich noch innerhalb der Atmosphäre bewegen. Ein Leitwerk ohne ein Gasmedium drumherum ist relativ sinnfrei.
Ich wollte damit letztendlich auch nur eine andere Art der Stabilisierung aufzeigen. void selbst argumentierte mit den Feuerwerkraketen.
Die Regelung über die Triebwerke hatte mac ja bereits beschrieben. Es gab für mich keinen Grund dies zu wiederholen. mac hat sozusagen auf Punkt a) geantwortet und ich auf Punkt b).
Aber davon mal abgesehen, ist es nur zum Teil richtig, was Du sagst. Ein bewegliches Triebwerk ist zwar hilfreich und modern, aber nicht "zwingend" erforderlich. Bei der Sojus und einigen anderen älteren Raketenmodellen, werden Steuerungstriebwerke zum Steuern verwendet. Die Haupttriebwerke sind dabei starr.
Davor gab es auch noch die Variante mit einem Strahlruder die Steuerung zu übernehmen. Aber das wird heute glaube ich nicht mehr verwendet.
 

joeydee

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Hm, die Vergleiche mit Bleistift/Besenstiel hinken an einer entscheidenden Stelle: Die Drehkraft kommt ja daher, dass der Finger praktisch immer am Schwerpunkt vorbeizielt und die Rotation sich dadurch auch noch selbst verstärkt.

Bei der Rakete bleibt der Antriebsvektor aber (idealerweise) immer senkrecht zum Schwerpunkt. Allein durch den Antrieb und eine (gewollte oder ungewollte) Schräglage zum Gravitationsvektor ergibt sich also im Gegensatz zum Besenstil gar nicht diese sich selbst verstärkende Drehkraft wie man sie intuitiv erwarten würde. Höchstens eine gleichmäßige wenn das Triebwerk nicht exakt in Schwerpunktrichtung feuert, aber das wäre ja marginal. Oder bin ich da total auf dem Holzweg?

(Anders natürlich im Atmosphärenflug, bei Störungen und unterschiedlichem Anströmverhalten vor/hinter dem Schwerpunkt. Aber das ist eigentlich ein davon unabhängiges Problem (Pfeilflug-Dynamik). Den eingangs gefragten Effekt muss man dagegen schon direkt aus dem Stand oder auch beim Start von der Mondoberfläche unabhängig von irgendwelchen Anströmungen erwarten).
 

joeydee

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Eine Rakete hat meiner Meinung nach nicht sehr viel mit einem zu balancierenden Pendel oder Besenstiel gemein:
http://www.phoximages.de/uploads/2018/02/i47550b91g0z.jpg

Gleiche Ausgangsbedingungen: Der Antriebsvektor zielt leicht am Schwerpunkt vorbei, es wird während des Fluges nicht korrigiert.
Der große Unterschied: Bei der Rakete rotiert der Antriebsvektor mit (unbeweglich gegenüber Schwerpunkt), beim Besenstiel nicht (schert gegenüber Schwerpunkt aus).
Beim Besenstiel verstärkt sich der Effekt von selbst, bei der Rakete nicht.

Demnach wäre eine Rakete keinesfalls mit einem Balanceakt zu vergleichen und notwendige Korrekturen dürften deutlich unkritischer sein im Vergleich zum Besenstiel.
Selbst ungesteuert dürfte eine Raketenbahn nicht völlig außer Kontrolle geraten (Modell-, Silvester- und Wasserraketen, ungesteuerte ballistsiche Raketen, ...)
 
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void

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Hallo Forum

danke für die vielen Erklärungen.
Offenbar geht alles physikalisch korrekt zu.

Grüße
void
 
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