75 Jahre Weiße Rose

Bernhard

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Als ich etwa 18 Jahre alt war, hab‘ ich eine für das Fernsehen nachgestellte Dokumentation des Milgram-Experimentes gesehen. Auf Grund der statistischen Ergebnisse mußte ich für mich selbst davon ausgehen, daß ich ein potentieller Täter hätte sein können. Das hat mich nochmal heftig aus der Bahn geworfen.
Das hat mich in jungen Jahren auch recht unsanft auf den Boden der Realität fallen lassen. Es ist ein wirklich sehr aufschlussreiches und wegweisendes Experiment.
 

ralfkannenberg

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denn dann jährt sich zum 75.Male auch die Hinrichtung, die durch die Guillotine vollstreckt wurde.
Hallo zusammen,

zu diesem Anlass wird heute Nachmittag von der katholischen Hochschulgemeinde und der evangelischen Studentengemeinde der Ludwig Maximilians Universität München ein Gedenkanlass und am Abend auch ein Orgelkonzert durchgeführt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bernhard

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Grundsätzlich bestätigt ralfkannenberg mit seiner Befürchtung, meine Einschätzung, der Situation, nur schöner verpackt.
Meiner Meinung nach muss sich die jetzige Generation von ihren Kindern wohl eher vorhalten lassen, zu wenig gegen den Raubbau an der Natur getan zu haben.

Und nur zur Klarstellung, damit keine falschen Verdächtigungen aufkommen, ich bin karitativ engagiert, meine Frau sogar professionell.
Ich frage mich dabei nur, was das genau mit der "Weißen Rose" zu tun haben soll. Meines Wissens nach wurde diese Gruppierung nicht wegen herausragender sozialer Leistungen berühmt, d.h. zumindest nicht im direkten Sinn.
 

Protuberanz

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Ich frage mich dabei nur, was das genau mit der "Weißen Rose" zu tun haben soll. Meines Wissens nach wurde diese Gruppierung nicht wegen herausragender sozialer Leistungen berühmt, d.h. zumindest nicht im direkten Sinn.
Unmittelbar nichts, Bernhard. Wenn Du jedoch den kompletten Text anschaust, siehst Du, das ich zuvor einen Vergleich anstellte, auf den sich dieser Satz bezog. Mein vergleichender Erinnerungstrigger ist also die Verbindung, zwischen dem politischen und sozialen Engagement, nicht die Sache als solche.
 

Protuberanz

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Im nachhinein ärgere ich mich, das ich es kommentiert habe. Ich habe nur Verwirrung gestiftet und das eigentliche Anliegen Deines Threads ist ein wenig aus dem Focus geraten. Ich hätte wohl besser daran getan, mir auf die Zunge zu beißen und nix zu sagen. Ich bitte um Nachsicht.
 

Bernhard

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Ich hätte wohl besser daran getan, mir auf die Zunge zu beißen und nix zu sagen.
Ich hatte mich vor allem über den ziemlich allgemein gehaltenen Bigotterie-Vorwurf in Richtung Christentum von Dir geärgert. Aber man kann dem ja immer noch entgegenhalten, dass die offiziell gelisteten Christen immer zu einem großen Teil auch Steuerzahler sind und damit auch mehr als die benannte Tafel Schokolade beitragen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Protuberanz

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Ich werde das hier und jetzt an dieser Stelle nicht weiter aufblasen. Belassen wir es einfach dabei und kehren zu Deinem eigentlichen Anliegen zurück. Bist Du damit einverstanden?
 

ralfkannenberg

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Ich hatte mich vor allem über den ziemlich allgemein gehaltenen Bigotterie-Vorwurf in Richtung Christentum von Dir geärgert. Aber man kann dem ja immer noch entgegenhalten, dass die offiziell gelisteten Christen immer zu einem großen Teil auch Steuerzahler sind und damit auch mehr als die benannte Tafel Schokolade beitragen.
Hallo Bernhard,

leider trifft das, was Protuberanz in dieser Angelegenheit geschrieben hat, in zahlreichen Fällen zu. Ich muss einräumen, dass wenn ich in den Spiegel schaue, ich auch einen solchen Christen sehe. Und was soll ich denn auch tun: ich habe Weihnachten so viele Verpflichtungen, dass ich jedes Jahr nach Weihnachten froh bin, dass auch dieses Jahr alles gut gegangen ist.

Trotzdem muss die Frage erlaubt sein, ob es von mir als Christ erwartet werden darf, zu Weihnachten mehr als nur eine Tafel Schokolade einem Obdachlosen zu verschenken. Vorgestern am Freitag kam ein Penner vorbei und bat mich um ein Taschentuch. Ich frug ihn, ob er zwei will, und als er das bejahte habe ich ihm das ganze Päckchen mitgegeben. Natürlich ist das ebenso wie die Tafel Schokolade kein Wertobjekt und es ist nichts, womit ich prahlen kann oder prahlen will, aber ich bin froh, wenn ich ein kleines Loch, wo also etwas fehlt, stopfen kann. Dabei war es mir egal, dass vorgestern nicht Weihnachten war.

Aber alle Obdachlosen nachts bei mir aufzunehmen und ihnen täglich eine warme Mahlzeit zu offerieren fehlt mir irgendwie die Bereitschaft zu, auch wenn ich das vermutlich sogar ein Stück weit könnte. Aber meine eigenen vier Wände sind mein Zuhause, das ist irgendwie mein Rückzugsort und da haben Fremde nichts verloren, jedenfalls nicht dauerhaft.

Hartherzig und unchristlich ? Vielleicht.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bernhard

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Hallo Ralf,

Hartherzig und unchristlich ? Vielleicht.
ich denke, man sollte sich als Christ schon überlegen, in welcher Welt man eigentlich leben will, und wie diese angelegt sein sollte, weil man ja ein Teil davon ist.

Du könntest Dir also beispielsweise überlegen, wie Du gerne behandelt werden würdest, wenn Du unverschuldet (z.B. wegen einer langanhaltenden Krankheit) in Schwierigkeiten (Armut) oder sogar Obdachlosigkeit geraten würdest. Du wirst dabei hoffentlich schnell entdecken, dass hier insbesondere Kommunikation und finanzielle Unterstützung weiterhelfen können. Verweigert man diese Dinge prinzipiell muss man sich wohl oder übel als hartherzig bezeichnen lassen und im Neuen Testament gibt es dazu ja auch mehr als eine bildhafte und direkte Beschreibung. Es bleibt meiner Meinung nach trotzdem ein Gewissensentscheid.
 

ralfkannenberg

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Du könntest Dir also beispielsweise überlegen, wie Du gerne behandelt werden würdest, wenn Du unverschuldet (z.B. wegen einer langanhaltenden Krankheit) in Schwierigkeiten (Armut) oder sogar Obdachlosigkeit geraten würdest.
Hallo Bernhard,

wenn das passiert ist ohnehin sch**sse, dann ist eben der Abstieg in die Sozialhilfe mit allen Konsequenzen erfolgt. Dann hat man ein Leben lang gearbeitet und die Früchte davon ernten andere. Es macht aber meines Erachtens wenig Sinn, sich darüber den Kopf zu zermartern. Ich habe auch schon einmal die Stelle verloren, als mein Arbeitgeber von einer anderen Firma in den Ruin getrieben wurde, und die bevorstehende Arbeitslosigkeit fühlte sich wirklich sehr sehr schlecht an. Diese andere Firma hat 15 Betroffene übernommen, 2 weitere Betroffene wurden gruppen-intern übernommen, alle anderen mussten zur Regionalen Arbeitsvermittlung. Ich hatte Glück und war einer der beiden, die gruppen-intern übernommen wurden.


Du wirst dabei hoffentlich schnell entdecken, dass hier insbesondere Kommunikation und finanzielle Unterstützung weiterhelfen können.
Das sind schöne Worte, doch habe ich während meiner "christlichen Karriere" auch einiges erlebt. An Kommunikation ist eigentlich niemand wirklich interessiert, d.h. wenn die dann "kommunizieren", so dient das ausschliesslich dem Zweck "mehr Geld". Hier wiederum gibt es drei Typen Vorgehensweise: die einen nehmen jede Gabe dankbar an, Gruppe 2 nimmt nur Scheine, also keine Münzen, und Gruppe 3 will gar kein Geld, sondern dass man ihnen zuhört. Dieses "Zuhören" dient indes ausschliesslich dem Zweck, dass sie eine Story erzählen, die so schlimm ist, dass man sich sehr mies fühlt und die gewünschten 200 Franken aushändigt. Eine Freundin von mir aus dem Studentenheim ist diesem Typen auch begegnet und hat ihm ebenfalls die 200 Franken gegeben. Einige Monate später ist der Typ mir erneut begegnet und hat die identisch gleiche Story noch ein zweites Mal aufgetischt, an derselben Stelle hat er wieder geweint usw. Warum auch nicht: solange es für ihn keine Konsequenzen hat geht der ja kein Risiko ein.

Ein anderer kam ins Büro eines etwas naiven Jesuitenpaters und sagte dem: "bitte erklären Sie mir das Evangelium". Begeistert hat der Jesuitenpater dies getan, Exegese betrieben mit allem Drum und Dran und ihm nach einer Stunde noch 20 Franken mitgegeben. Heute weiss ich, dass der Typ nur auf die 20 Franken aus war und den Rest halt hat über sich ergehen lassen. Ein älterer Jesuitenpater hat das geschickter angestellt: wenn der Typ kam – pro Woche einmal, dann hat er ihm die Hand gegeben mit den Worten "Schön dass Sie da sind" und sofort danach "Auf Wiedersehen"; und in seiner Hand war ein "Foifliber", also eine 5 Franken-Münze. Eine win-win-Situation: der eine hatte sein Geld und der andere konnte sich den Kommunikationsaufwand ersparen.

Einmal habe ich einem 50 Mark gegeben, worauf der mich sofort ausgelacht hat, wie dumm ich bin, das Geld hat er aber behalten.


Natürlich gibt es auch andere Erfahrungen; so habe ich einmal einen blutüberstömten Mann vor meiner Haustüre angetroffen, der offensichtlich stock-betrunken gestürzt und nicht mehr auf die Beine gekommen ist. Den hat dann die Polizei in die Obdachlosenunterkunft mitgenommen und dem habe ich auch 50 Mark mitgegeben, für den Fall, dass er die braucht. Das war noch zu Zeiten, in denen man für einen Polizeieinsatz nichts zu bezahlen brauchte, d.h. diese 50 Mark konnte der Mann für sich selber nutzen. Der wollte die übrigens gar nicht, aber ich konnte ihn überzeugen, dass er die vielleicht brauchen wird. Das waren 50 Mark, die ich auch nie bereut habe.

Und einmal habe ich bei der Wallfahrtskirche Birnau am Bodensee an einem Sonntag Abend zwei ältere Damen angetroffen, die eine schwer zu Fuss und die andere hat sie begleitet. Die beiden hatten mit einem Bus eine Reise dorthin unternommen und nun war der Bus ohne sie wieder zurückgefahren. Als "wandelnder Fahrplan" war mir sofort klar, was das bedeutet, und ich habe die sofort zur nahegelegenen Bushaltestelle gebracht und denen gesagt, die sollen nun nach Friedrichshafen und von dort mit dem Zug – vermutlich dem letzten - nach Stuttgart fahren. Und denen habe ich alles Geld mitgegeben, was ich bei mir hatte, damit sie die Tickets kaufen können, telefonieren und ggf. ein Taxi bestellen. Das war denen zwar sehr peinlich, aber ich habe denen gesagt, dass mein Geld jetzt nicht das Problem sei, sondern dass sie wieder nach Hause kommen. Zudem bestand natürlich keinerlei Zweifel, dass die mir das Geld wieder zurück überweisen würden, was dann verbunden mit einer sehr netten Dankeskarte sowie einem Telefonanruf der Tochter auch geschah.


Verweigert man diese Dinge prinzipiell muss man sich wohl oder übel als hartherzig bezeichnen lassen und im Neuen Testament gibt es dazu ja auch mehr als eine bildhafte und direkte Beschreibung. Es bleibt meiner Meinung nach trotzdem ein Gewissensentscheid.
Es gibt schöne Erlebnisse und das werde ich auch gerne weiterhin so handhaben, aber die meisten waren unschön. Ich denke, eine Einzelperson ist gar nicht in der Lage, sinnvoll zu helfen, d.h. ich habe mir angewöhnt, in der Kirche ein bisschen grosszügiger zu spenden und es der Kirche zu überlassen, wo sie die Spendengelder einsetzen möchte. Ein Bettler bekommt eine kleine Münze, aber mehr nicht, und falls er eine Story hat, so höre ich sie mir schon seit langer Zeit nicht mehr an.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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