Entstehung von Leben: Spielten Meteoriten die entscheidende Rolle?

astronews.com Redaktion

Registriertes Mitglied
Astronomen glauben, ein stimmiges Szenario für die Entstehung von Leben auf der Erde gefunden zu haben. Sie kombinierten dazu astronomische, geologische, chemische und biologische Modelle. Danach formte sich das Leben nur wenige hundert Millionen Jahre nach Entstehung der Erde. Meteoriten kam dabei eine besondere Rolle zu: Sie brachten die Bausteine des Lebens mit. (6. Oktober 2017)

Weiterlesen...
 

Dilatant

Registriertes Mitglied
Seit 30 bis 40 Jahren lese ich mit wachsender Begeisterung Artikel diesen, wie man den Schritt "vom Stein zum Sein" gefunden hat.
Mich begeister immer, wie einfallsreich dieses Thema angeboten wird. Beim Nachfragen kommt aber "immer" eine Kleinigkeit dazu,
die nicht im Artikel erwähnt worden ist, weil diese Kleinigkeit diese Theorie wieder zerbröseln lässt. Ich hab es inzwischen sein lassen nachzufragen.
Ich gebe den Lesern hier nur zu bedenken, dass es ca 250 verschieden Aminosäurearten gibt. 20 proteinogene Aminosäuren
sind in der Biologie zu finden. Diese 20 werden nochmal aufgeteilt: in Essentielle, Semiessentielle und Nichtessentielle.
Nur acht davon sind für das Leben eines Menschen essentiell, die berühmten Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phentylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin.
Diese müssen "zuerst" da sein, die kann der Körper nicht selbst erzeugen. Jetzt kommt noch dazu, dass "alle" die Chiralität-Eigenschaft haben.
Das heißt, diese Moleküle gibt es spiegelsymetrisch, wie unsere Hände. Bestrahlt man sie mit Elektro- "magnetischen" Feldern (Licht) weichen sie durch den Spinn
der Elektronen dem Magnetfeld links- oder rechtherum aus. Um nun den Schritt vom "Stein zum Sein" gemacht zu haben, dürfen sich nur geeignete
Aminosäuren mit der gleichen Chirialität verketten. Beispiel:Wenn man z.B. 98 Lottokugeln hat, also 49 Weisse mit schwarzer Schrift "und" 49 Negative
und nach jedem Zug wird die Kugel wieder zurück gelegt und man muss, im vorraus, (wie halt beim Lotto) eine "nur weisse" Zahlenreihe angeben und diese muss
auch so genau in dieser Reihenfolge gezogen werden. Wie groß ist die Gewinnwahrscheinlichkeit? Bei den Aminosäuren ist das noch viel Komplexer.
Der Lottohauptgewinn währe, wenn man auf einem Planeten oder Kometen kein Racemat vorfinden würde (eine unwillkürliche Mischung aus allen Elementen und Aminosäuren)
wie bisher überall, sondern eine signifikante Abweichung. Z.B. nur linksdrehende Aminosäuren, wie in der Biosphähre auf der Erde. Da würde zunächst zu allererst die Frage auftauchen: Warum ist das so? Was ist dafür die Ursache? Da führt ist aber noch lange, lange kein Weg zu einer Informationscodierten Verkettung mit Hilfe selbstreplizierender RNA-Moleküle hin. Weil es die ja noch gar nicht gibt. Ein RNA Molekühl ist eine an einem Zucker-Phosphatband aufgereiter Basencode keine Aminosärekette. Das ist sogar bei Archaeen so unglaublich komplex, dass es mich immer wieder wundert, solche Artikel vorzufinden. Das ist hier natürlich nur eine sehr unzureichende Erklärung. Es gibt dazu sehr viele Bücher, die man manchmal gut versteht manchmal garnicht. Ich rege mit diesem Beitrag nur an diese Bücher zu lesen, oder für den Einstieg im Youtube Filme zu diesem Thema zu suchen. Es gibt dort erstklassige Animationen (wenn man sie findet) die ein wenig Einblick geben wie unglaublich raffiniert das alles sein muss bis ein einfacher autonomer Stoffwechsel entseht genschweige denn ein Tier und ganz zu schweigen von einem Mensch. Wir bestehen aus 27hoch27 hoch organisierten Atomen.
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Dilatant,

Ich hab es inzwischen sein lassen nachzufragen.

Das ist schade, denn durch gezieltes Nachfragen ergeben sich gerade bei diesem Thema oftmals die Schwachstellen bei einem hypothetischen Ansatz.

Diese 20 werden nochmal aufgeteilt: in Essentielle, Semiessentielle und Nichtessentielle.

Das bezieht sich allerdings auf Metazoen - also Tiere - die nicht in der Lage sind, alle 20 (bzw. 22) proteinogenen Aminosäuren über ihren Stoffwechsel zu produzieren. Pflanzen hingegen können das, so dass es bei denen keine essentiellen Aminosäuren gibt, die von außen über die Nahrung zugeführt werden müssten.

Jetzt kommt noch dazu, dass "alle" die Chiralität-Eigenschaft haben.

Richtig. Alle proteinogenen Aminosäuren sind "linksdrehend" - also L-Aminosäuren.

Wie groß ist die Gewinnwahrscheinlichkeit?

1 zu 2^98 - also etwa 1 zu 10^30.

Bei den Aminosäuren ist das noch viel Komplexer.

Wenn es nur die Chiralität betrifft, ändert sich an der Eintrittswahrscheinlichkeit nichts. Allerdings muss man hier in Betracht ziehen, dass mineralische Oberflächen selektierend auf die Chiralität wirken, so dass sukzessive eine Anreicherung der L-Formen erfolgt. Bedenkt man weiterhin, dass durch polarisiertes Licht in interstellaren Staubteilchen die L-Variante angereichert wird, ergibt sich ein weiterer Faktor, der selektierend zum Tragen kommt, wenn Aminosäuren über Meteoriten oder Kometen auf die Erdoberfläche gelangen. In der Frühzeit der Erde wird dies den Ausschlag gegeben haben, hier eine Alles-oder-nichts-Entscheidung herbeizuführen, so dass heute nur noch die L-Aminosäuren verwendet werden, um Proteine zu bilden.

Warum ist das so? Was ist dafür die Ursache?

Wie gesagt: Die polarisierte Sternstrahlung selektiert bereits in der protoplanetaren Scheibe, aus der sich später Planeten sowie Asteroiden und Kometen entwickeln. Später erledigen Mineraloberflächen die weitere Selektion chiraler Moleküle in Richtung Homochiralität.

Weil es die ja noch gar nicht gibt.

Ich denke, es könnte hier durchaus eine parallel verlaufende Entwicklung geben, die zum einen Aminosäuren und nachfolgend Peptide hervorbringt sowie RNA-Basen und RNA-Nucleotide, die sich zu RNA-Strängen verketten. Was Du vielleicht meinst, ist die codierte Proteinsynthese. Die hatte es zu diesem frühen Stadium noch nicht gegeben, das ist richtig.

Das ist sogar bei Archaeen so unglaublich komplex, dass es mich immer wieder wundert, solche Artikel vorzufinden.

Der Artikel behandelt nur die frühesten Schritte der chemischen Evolution, aber nicht die Evolution der Archaeen oder anderer Organismen. Insofern wundert mich Deine Verwunderung etwas. Und ja, auch Archaeen haben mehr als drei Milliarden Jahre Evolution hinter sich gebracht, wo sich diverse Komplexitäten anreichern, die man heute staunend beobachten kann.

Ich rege mit diesem Beitrag nur an diese Bücher zu lesen, oder für den Einstieg im Youtube Filme zu diesem Thema zu suchen.

Allerdings muss man da aufpassen, nicht an die falschen Autoren und Filmemacher zu geraten, die entweder vereinfachen und verflachen, so dass man zu Schlussfolgerungen gelangt, die dann ebenso vereinfacht und verflacht sind. Alternativ kann man sich auch hier grob informieren und dann den verlinkten Quellen folgen, um sich selbst ein Urteil zu bilden.

Wir bestehen aus 27hoch27 hoch organisierten Atomen.

Das erscheint mir ein bisschen zu viel. Ein Mensch wiegt etwa 70 kg, was einer Masse von ca. 10^29 u entspricht (1 u = 1 atomare Masse-Einheit). Da der Mensch zum größten Teil aus Wasser und Kohlenstoffverbindungen besteht, müssen wir diesen Wert noch einmal durch 11 teilen (arithmetisches Mittel von H, C, N und O mit 1, 12, 14 und 16 u pro Atom), so dass wir etwa auf 10^28 Atome kommen, die jedoch in Molekülform gebunden sind, so dass sich hier die Anzahl an molekularen Einheiten noch einmal reduziert. Es kommt allerdings nicht auf die Organisation der Atome an, sondern auf das organisierte Zusammenwirken der verschiedenen molekularen Komponenten im Rahmen des Stoffwechsels.

Viele Grüße!
 

Nathan5111

Registriertes Mitglied
Hallo Mahananda,

ich bewundere immer wieder, mit welcher Gelassenheit Du immer wieder auf jede geistige und formale Diarrhoe eingehst.

Ich könnte das nicht.
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Mahananda,

ich sehe das hier auch so, wie Nathan5111! :)


Eine Passage verstehe ich aber nicht:
Bedenkt man weiterhin, dass durch polarisiertes Licht in interstellaren Staubteilchen die L-Variante angereichert wird,
Daß man die Varianten z.B. durch polarisiertes Licht feststellen kann, wird ja in der Analytik schon recht lange angewandt. Warum aber polarisiertes Licht einen solchen Einfluss auf die Selektion haben soll, ist mir nicht klar bzw. könnte ich nur spekulieren?

Herzliche Grüße

MAC
 
Zuletzt bearbeitet:

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo MAC,

Warum aber polarisiertes Licht einen solchen Einfluss auf die Selektion haben soll, ist mir nicht klar ...

Ich beziehe mich dabei auf diesen Befund. Bereits im interstellaren Raum erfolgt durch den Einfluss polarisierter Strahlung ein Ungleichgewicht in der Verteilung der Chiralität bei den Aminosäuren. Sowohl während der Entstehung der Planeten des Sonnensystems als auch später war ein Übergewicht an L-Aminosäuren bereits vorhanden, so dass davon ausgehend die chemische Evolution startete. Im Zusammenhang mit diversen Kristalloberflächen führte dieser ursprünglich gegebene Überhang an L-Aminosäuren in der Folge dazu, dass später diese Variante zum Aufbau von Polymeren verwendet wurde.

Viele Grüße!

EDIT: In diesem Artikel zu meteoritischen Aminosäuren wird im Abschnitt "Enantiomeric Excesses" auf den festgestellten Überhang von L-Aminosäuren in verschiedenen Meteoriten verwiesen. Die beigefügte Abbildung 7 listet das am Beispiel von Isovalin auf. Die Überhänge erreichen z.T. 20 Prozent, was einem Verhältnis von 60 zu 40 Prozent entspricht - also doch schon recht deutlich und damit als Ausgangspunkt für nachfolgende Prozesse der chemischen Evolution durchaus von Relevanz für weitere selektive Anreicherungen.
 
Zuletzt bearbeitet:

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Mahananda,

vielen Dank für den Link!

Ich hab’ ihn nicht komplett gelesen,(geht nicht so flüssig, wie bei physikalischen Texten) aber einige interessante Passagen sind mir aufgefallen:
The origin of homochirality from presumably racemic mixtures in a prebiotic world is a major unsolved question and an area of intense research.

Laboratory experiments have shown that chiral amino acid symmetry breaking and enantiomeric enrichment of up to a few percent can be produced by exposure to ultraviolet circularly polarized light (UV CPL). However, polarized light cannot be the sole source of the large enantiomeric enrichments observed, since these enrichments would require photodestruction of ≫99% of the starting materials, requiring impossibly high initial concentrations

Probing how amplification of an initial enantiomeric excess in amino acids can occur is a topic of much research in biogenesis. Theoretical work from the mid-20th century proposed the purely chemical mechanism of autocatalytic reactions, but the only experimental corroboration of this concept involves chemistry that has no prebiotic relevance
Also, die Tatsache der ungleichmäßigen Verteilung existiert, aber Erklärungen dafür sind anscheinend immer noch Gegenstand der Forschung.

Zu meiner erwähnten Spekulation (ohne wirklich Hand und Fuß) Wenn die L-Formen sich besser an Kristalloberflächen halten können/katalytisch bevorzugt entstehen, dann könnten diese Verbindungen auch vor einer photochemischen Destruktion besser schützen? So etwas ähnliches wurde auch im Text erwähnt, aber nicht als brauchbare Ursache skizziert (wenn ich das alles richtig verstanden habe)

Herzliche Grüße und nochmal Danke

MAC
 
Zuletzt bearbeitet:

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo MAC,

Wenn die L-Formen sich besser an Kristalloberflächen halten können/katalytisch bevorzugt entstehen, dann könnten diese Verbindungen auch vor einer photochemischen Destruktion besser schützen?

Durchaus, denn die unterliegende Kristallstruktur stabilisiert die aufliegende Molekülstruktur, so dass aufbrechende Bindungen über elektromagnetische Wechselwirkungen mit dem Kristallgitter schneller wieder "repariert" werden als das bei den weniger gut aufliegenden D-Formen der Fall ist. Hier spielen die Lagebeziehungen der beiden polaren Gruppen (Aminogruppe - positiv geladen - und Carboxylgruppe - negativ geladen) eine Rolle, die mit dem unterliegenden Kristall - der ja ein Ionenkristall ist! - interagieren. Im Text ist als Referenz 92 ein Artikel aufgeführt, wo L-Aminosäuren durch Bestrahlung eines racemischen Gemisches auf einer Unterlage angereichert wurden, die interstellarem Eis nachempfunden wurde.

So etwas ähnliches wurde auch im Text erwähnt

Im Text steht, dass die Aminosäuren, die u.a. im Murchison-Meteoriten vorhanden sind, über "wässrige Veränderungen" im Innern des Mutterkörpers entstanden sein könnten, wo sie vor der Strahlung abgeschirmt waren.

Furthermore, molecular distributions and stable isotope ratios suggest that the α-amino acids in Murchison and other CM2 meteorites were likely produced during aqueous alteration in their parent body, when they would have been shielded from circularly polarized radiation.

Daher hat man nach anderen Mechanismen gesucht, die einen Überhang von L-Aminosäuren bewirkt haben. Interessanterweise haben strukturanaloge Moleküle, die ebenfalls einen chiralen Aufbau haben, keinen L-Überhang gezeigt, sondern sind racemisch geblieben:

Isovaline, 2-methylbutyric acid, and sec-butylamine contain analogous chiral centers; however, although isovaline has been found to contain an lee [lee = L-enantiomeric excess], only racemic compositions of 2-methylbutyric acid and sec-butylamine have been reported in Murchison, Orgueil, and various Antarctic carbonaceous chondrites.

Allerdings besitzen die beiden anderen Moleküle nur eine polare Gruppe (2-Methyl-Buttersäure nur eine Carboxylgruppe und sec-Butylamin nur eine Aminogruppe), während Isovalin BEIDE Gruppen enthält, so dass die Lösung für diesen merkwürdigen Befund möglicherweise darin zu finden ist, dass hier beide Gruppen mit unterschiedlicher Polarität den selektierenden Effekt verursachen. Man wird sehen ...

Viele Grüße!
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben