Gravitationswellen: Kein Signal eines Gravasterns

astronews.com Redaktion

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Gravasterne sind hypothetische Objekte, die Schwarzen Löchern ähneln, aber mathematisch weniger bizarr sind. Nachweisen können müsste man sie anhand der von ihnen abgestrahlten Gravitationswellen. Nachdem diese nun erstmals beobachtet wurden, haben zwei theoretische Physiker untersucht, ob es sich bei der Quelle vielleicht auch um Gravasterne handeln könnte. (20. Oktober 2016)

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worlov

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"Gravasterne sind hypothetische Objekte..." - Damit wäre es schon alles gesagt. Ehrlich gesagt habe ich nicht verstanden, warum diese "Studie" so viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Nach welchen Kriterien werden die Pressemitteilungen hier als Artikel verfasst? Manche wirklich wissenschaftlich relevante Mitteilungen werden ignoriert, und so ein... Klaps für wichtig befunden.
 

MGZ

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Man könnte argumentieren, dass Gravasterne nicht mehr oder weniger hypothetisch sind als Schwarze Löcher ;). Ich fands interessant.
 

worlov

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Gerade das stört mich bei sogenannten Doppelten Beweisen. Man hätte nicht nur die Gravitationswelle direkt nachgewiesen, sondern gleichzeitig die Existenz von Schwarzen Löchern bestätigt...

Aus meiner Sicht handelt es sich aber bei einem Doppelten Beweis in bestem Fall um ein Halbes Beweis, weil jede Hälfe durch Vorhandensein anderer Hälfte bedingt ist.

Jetzt erfahren wir auf einmal, dass es außer Schwarzer Löcher noch Gravasterne in Frage kommen. Und wer weiß, wie viele anderen Gravamonster noch ausgedacht werden können. Dann bleibt der Beweis für wirkliche Existenz Schwarzer Löcher eben aus.
 

Dgoe

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Das ist doch kein Klacks, sondern eher Spitzenforschung, cuttig-edge research...
Topaktuell! Superspannend!
:)
 
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RPE

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Dann bleibt der Beweis für wirkliche Existenz Schwarzer Löcher eben aus.
worlov,
die Wörter mögen nahe beeinander liegen, aber ein experimenteller Nachweis ist kein Beweis.
Ein experimenteller Nachweis ist das Bestätigen von Annahmen, Hypothesen und darauf basierenden physikalischen Theorien, die vor oder nach dem Ausführen eines Experiments gemacht und aufgestellt wurden.
Eine solche Bestätigung heisst nicht, dass andere Annahmen und Theorien damit für immer ausgeschlossen sind. Im Gegenteil. Es ist ein wesentlicher Aspekt von Wissenschaft, dass sie lebt und immer weiter auf der Hut bleibt. Im Kleinen dient dies der stetigen Verbesserung, im gravierendsten Falle führt es zu regelrechten Revolutionen unseres Verständnises der Natur.

Im deinem konkreten Falle heisst das, dass mit der Messung der Gravitationswellen kein Widerspruch zur derzeit allg. akzeptierten Theorie zur Beschreibung von schwarzen Löchern festgestellt werden konnte. Es heisst aber eben nicht, dass per se keine andere Theorie zur Beschreibung der gemessenen Wellen existieren könnte. Da die derzeit bestehende Theorie allerdings nicht nur schwarze Löcher, sondern viele andere Dinge auch erstaunlich gut beschreiben kann, ist es lediglich sehr sehr schwierig, eine andere aber gleichwertige oder gar noch bessere Theorie aufzustellen.
 

worlov

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Schon gut: Nachweis ist abgeschwächte Version vom Beweis. Dann hat LIGO-Team eben einen doppelten Nachweis erbracht... Aus meiner Sicht gehört aber doppelt in beiden Fällen nicht in Zähler, sondern in Nenner.

Ein normaler (echter) Beweis bzw. Nachweis ist nicht durch die Glieder bedingt, die selbst erst bewiesen bzw. nachgewiesen werden sollen.
 

TomS

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In der Physik gibt es keine Beweise, lediglich experimentelle Nachweise mit einer gewissen Präzision und Signifikanz - oder Widerlegungen.

In diesem Sinne wurde ein Phänomen direkt experimentell nachgewiesen, das im Rahmen der etablierten Theorie (ART) als Gravitationswellen bezeichnet wird. Als Quelle dieser Gravitationwellen kommen gem. dieser Theorie die Veschmelzung schwarze Löcher o.ä. Objekte in Frage; Gravastare als Alternative zu schwarzen Löchern scheiden aufgrund der Beobachtungen aus (wobei man die Annahmen hier noch kritischer hinterfragen sollte). Damit folgt aus dem direkten Nachweis der Gravitationwellen ein indirekter Nachweis der Veschmelzung schwarzer Löcher.

So besser?
 

Wolverine79

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Ich muss jetzt mal blöd nachfragen: Man kann in der Physik nichts beweisen?
Man kann also nicht beweisen, dass ein Glas, das ich über den Tischrand hinausbewege, immer gen Boden fallen wird?
Wieso nicht?

Viele Grüße
Jens
 

Dgoe

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Hallo Jens,

Du könntest auf einem Vulkan sitzen, der das Glas in diesem Moment kilometerweit nach oben befördert. :rolleyes:
Oder ein Zaubertrickkünstler spielt Dir einen Streich (etwas milder).

Gruß,
Dgoe
 

mac

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Hallo Jens,

vereinfacht gesagt: es geht darum, daß man nicht beweisen kann, daß eine Theorie wahr ist.

Theorien beschreiben das, was wir messen können.
Wir konnten z.B. so lange glauben daß die Lichtgeschwindigkeit unendlich groß ist, bis wir messen konnten daß Licht von a nach b eine Zeit > 0 braucht. Oder um es neutraler zu formulieren, wir konnten vorher nicht wissen, ob das Eine oder das Andere richtig ist. Beide Theorien waren so lange gleichwertig bis der messtechnische Nachweis gelang, daß die Lichtgeschwindigkeit eben nicht unendlich groß ist.

Man muß das natürlich im geschichtlichen Kontext sehen. Unsere heutigen Theorien bauen auf zahllosen Ausschlüssen solcher Art auf. Die zunächst mal nahezu beliebig große Freiheit sich die Welt vorzustellen, wurde durch immer genauere Beobachtung Stück für Stück eingegrenzt und gleichzeitig wurde die Anzahl der damit erkennbaren Verzweigungen Stück für Stück größer (Jede gefundene Antwort führt zu neuen Fragen).

Wir sind aber bei gleichwertigen Theorien so lange nicht in der Lage zu entscheiden welche davon richtiger ist, bis wir ihre unterschiedlichen Vorhersagen messen können.

Beispiel: Bis vor sehr grob 100 Jahren konnten wir messtechnisch nicht unterscheiden, ob ihre Lichtgeschwindigkeit größer oder kleiner wird, wenn wir uns auf eine Lichtquelle zu oder von ihr weg bewegen. Die Annahme daß es aber so sein müßte, war durchaus plausibel. Erst als man messen konnte, daß das eben nicht der Fall ist, mußte man diese Annahme fallen lassen und sich eine ‚genauere‘ Erklärung (Theorie) dazu überlegen. (in diesem Falle war das die Relativitätstheorie)

Bis heute versuchen die Physiker mit immer genaueren Messmethoden Abweichungen zu den Voraussagen dieser damals neuen Theorie zu finden – bisher erfolglos. Man könnte nun vielleicht meinen, daß damit diese Theorie die letzte Wahrheit sein muß. Aber das wäre eben eine nicht beweisbare Annahme, denn wir wissen nach wie vor nicht, ob wir in Zukunft mit noch genaueren Messmethoden nicht doch Abweichungen finden werden. Und genau diese Unsicherheit gilt immer, egal wie genau wir es messen können.

Herzliche Grüße

MAC
 

Wolverine79

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Hi mac,

vielen Dank für deine sehr ausführliche Antwort. Im Kontext der Relativitätstheorie versteh ich deine Ausführungen natürlich. Das ist aber im Vergleich zu meinem Beispiel ein viel komplexeres Thema.
Bleiben wir doch mal bei meinem Beispiel. Wieso kann man nicht beweisen, dass ein Gegenstand immer von der Gravitation der Erde angezogen wird (Glas fällt gen Boden)? Und um dgoes Einwand entgegen zu wirken: Die Rahmenbedingungen sind streng spezifiziert (also z.B. immer gleicher Raum, kein Zauberer oder ähnliches in der Nähe ;)).
Das kriege ich irgendwie noch nicht in Einklang mit deiner Erklärung.

Viele Grüße
Jens
 

Dgoe

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Hallo Jens,

ich hätte ansonsten noch eine starke Windturbine unter der Tischkante im Angebot gehabt, oder eine Drohne, die das Glas abfängt, bevor es "gen unten" geht (einen Vogel wird man wohl kaum dazu überreden können).

Man müsste das immer genauer spezifizieren, bis man jeweils ein neues Schlupfloch auftut und man wäre sich nie sicher deswegen.

Gemeinheiten wären noch:
  • Das Glas nicht genau definiert, könnte ein heliumgefüllter Ballon sein in Glasform.
  • Der Raum ist mit etwas gefüllt, was schwerer als das Glas ist.
  • Zeitrahmen: Was ist mit, bevor es Gläser, Tische oder die Erde gab, oder es diese nicht mehr gibt?
  • Ein winziges schwarzes Loch schießt durch die Erde durch und nimmt von unten kommend das Glas mit.


Davon abgesehen, sprichst Du sehr wohl von der Relativitätstheorie, wenn Du die Gravitation nennst.

Fiel mir dazu noch so ein. :)

Gruß,
Dgoe
 
Zuletzt bearbeitet:

Wolverine79

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Hi Dgoe,

ok, ich glaube, ich verstehe so langsam. Aber könnte man diesen Beweis dann nicht für GENAU DIESE Rahmenbedingungen vollbringen? Wenn ich sage, die Rahmenbedingungen x bis z nehmen immer die Werte a bis c ein und für genau diese Parameter wird dieses Ereignis eintreffen? Wäre das dann nicht beweisbar? Oder ist hier das Problem, dass ich eben die Rahmenbedingungen selbst gar nicht festlegen kann und mir immer etwas Unvorhergesehenes dazwischen kommen kann?

Davon abgesehen, sprichst Du sehr wohl von der Relativitätstheorie, wenn Du die Gravitation nennst.

Haha, stimmt eigentlich ;)

Viele Grüße
Jens
 

mac

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Hallo Jens,

Du hast in Deinem Beispiel eine unzulässige Einschränkung gemacht.

Im Kontext der Relativitätstheorie versteh ich deine Ausführungen natürlich. Das ist aber im Vergleich zu meinem Beispiel ein viel komplexeres Thema.
Ja, das ist wohl war.

Bleiben wir doch mal bei meinem Beispiel. Wieso kann man nicht beweisen, dass ein Gegenstand immer von der Gravitation der Erde angezogen wird (Glas fällt gen Boden)?
weil das kein Beweis ist. Es ist nur eine wiederholbare Beobachtung. Nimm einen Gasballon (auch ein Gegenstand) schon klappt es so nicht mehr. Warum? Geh auf die Ebene der Elementarteilchen. Wo ist das Teilchen wenn es fällt?

Und um dgoes Einwand entgegen zu wirken: Die Rahmenbedingungen sind streng spezifiziert (also z.B. immer gleicher Raum, kein Zauberer oder ähnliches in der Nähe ;)).
OK, aber was sagt Deine Beobachtung dann aus? Fällt der Gegenstand nur unter diesen Rahmenbedingungen immer runter?

Geh mal auf die Ebene der Mathematik: Du sagst mit Deinem Beispiel: man kann jede beliebige Zahl durch jede andere beliebige Zahl dividieren. Was ist aber, wenn sich Dein Divisor der 0 nähert und sie erreicht? Ist dann Deine ursprüngliche Aussage noch unter allen Umständen richtig? Hast Du mit der Beobachtung, daß Du jede Zahl durch die Mehrzahl aller Zahlen dividieren kannst schon bewiesen daß das mit jeder Zahl geht?

Du bringst eine Alltagsbeobachtung ins Spiel (Glas fällt runter) (man kann jede Zahl zum Divisor machen), beides sind aber keine Beweise für die Aussagen ‚immer‘ oder ‚jede‘ auch dann nicht, wenn sie fast immer zutreffen.

Herzliche Grüße

MAC
 
Zuletzt bearbeitet:

Dgoe

Gesperrt
Hallo Jens,

ja genau, so sehe ich das. Bei richtigen Experimenten sucht man ja auch nach Erklärungen, wenn Anomalien oder Ausnahmen auftreten. Entdeckt dabei durchaus auch große Dinge gelegentlich, wie die kosmische Hintergrundstrahlung zum Beispiel.

Gruß,
Dgoe

Jetzt habe ich Macs Beitrag noch nicht gelesen gehabt.
 

TomS

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Ich muss jetzt mal blöd nachfragen ...
Das ist keine blöde Frage.

Man kann in der Physik nichts beweisen?
Richtig, man kann in der Physik nichts beweisen.

Ein Beweis im mathematischen Sinn ist eine logisch zulässige Kette von Schlüssen, die von letztlich unbeweisbaren (!) Axiomen zu einen Theorem führt; dieses Theorem ist wahr, unter der Voraussetzung, dass die Annahmen wahr sind - was aber eben nicht beweisbar ist.

Ein Beweis (A) im Rahmen der theoretischen Physik würde z.B. von den Newtonschen Gesetzen ausgehend beweisen, dass das Glas zu Boden fällt, wenn die Newtonschen Gesetzen wahr sind - was aber eben nicht beweisbar ist.

Ein Beweis (B) im Rahmen der experimentellen Physik müsste z.B. auf Basis des zuvor diskutierten Beweises (A) belegen, dass immer wenn die Newtonschen Gesetzen wahr sind, jedes Glas (Vase, Bierkrug, ...) in jedem beliebigen Experiment zu jeder Zeit und an jedem Ort im Universum zu Boden fällt. Das ist aber offensichtlich nicht durchführbar.

Die einzigen Beweise, die im Rahmen der Physik möglich sind, sind Beweise, dass eine physikalische Theorie nicht zutrifft, entweder weil die zugrundeliegenden Annahmen nicht gelten, oder weil die Kette von Schlüssen nicht korrekt ist. Der Beweis selbst erfolgt durch ein experimentelles Gegenbeispiel.

Dies ist der Grund, warum die Falsifikation einer Theorie bzw. die Widerlegung einer Hypothese im Rahmen der Wissenschaftstheorie eine zentrale Rolle spielt, auch wenn das im praktischen Vorgehen und im Sprachgebrauch nicht Einzug findet. Z.B. spricht man beim Nachweis der Gravitationswellen von einer Bestätigung der ART (einer von unendlich vielen möglichen, die notwendig wären, um die Theorie tatsächlich zu bestätigen), nicht von einer gescheiterten Widerlegung (wobei eine einzige genügt, um die Theorie zu Fall zu bringen).
 

Hirschi

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Ist denn ein beobachteter Nachweis nicht auch Beweis für Existenz?
Als Beispiel mal unser zentrales SL Sagittarius A*. Die beobachteten Sterne drumherum bewegen sich so, als ob sie um ein Objekt kreisten, dass ca. 4 Mio m0 haben muss. Nun sieht man weder die 4 Mio Sonnen dort noch wäre überhaupt Platz für diese auf so kleinem Raum. Diese Beobachtung kombiniert mit Vorhersagen der ART lassen doch nur diesen Schluss zu oder mache ich es mir da zu einfach?

Gruß
Hirschi
 

TomS

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Ist denn ein beobachteter Nachweis nicht auch Beweis für Existenz?
Als Beispiel mal unser zentrales SL Sagittarius A*. Die beobachteten Sterne drumherum bewegen sich so, als ob sie um ein Objekt kreisten, dass ca. 4 Mio m0 haben muss. Nun sieht man weder die 4 Mio Sonnen dort noch wäre überhaupt Platz für diese auf so kleinem Raum. Diese Beobachtung kombiniert mit Vorhersagen der ART lassen doch nur diesen Schluss zu oder mache ich es mir da zu einfach?
Diese Beobachtung beweist die Existenz eines schwarzen Lochs, unter der Annahme, die Allgemeine Relativitätstheorie würde gelten.

Es ist jedoch möglich, dass die ART nur näherungsweise zutrifft und im vorliegenden Fall nicht mehr angewandt werden darf. Streng genommen ist dies sogar gesichert der Fall, denn ein schwarzen Lochs, d.h. eine Singularität besagt, dass die Theorie hier zusammenbricht und ungültig wird. Eine Modifikation wäre z.B. eine Theorie der Quantengravitation; ob diese dann ein schwarzen Lochs enthält oder was an dessen Stelle tritt, ist jedoch offen.

Es wäre sogar möglich, dass eine "Modifikation" nicht ausreichend ist und man eine vollständig neue Theorie benötigt.

Darüberhinaus wäre es möglich, dass die ART zwar im Falle des schwarzen Lochs gültig oder näherungsweise gültig ist, jedoch für andere Phänomene vollständig versagt. Damit wäre sie letztlich falsch und könnte nicht durch dieses Phänomen bewiesen werden, wenn sie doch durch andere Phänomene widerlegt wird.

Die Beobachtung eines Phänomens beweist also immer nur die Existenz des Phänomens, nie die Korrektheit einer zugrundeliegenden Theorie zu dessen Beschreibung.
 
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