Berechnung scheinbare Helligkeit von Kuipergürtel-Objekten im Sonnensystem

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

schon länger versuche ich, aus der absoluten Helligkeit von nicht selbst-leuchtenden Körpern die scheinbare Helligkeit zu errechnen. Was so trivial aussieht liefert immer wieder Fallstricke und jetzt gebe ich auf ...

Also: hier finden wir eine Formel dazu im Abschnitt "Solar System bodies (H)", wobei H ja die Bezeichnung für die absolute Helligkeit von Sonnensystem-Körpern ist, die man auch in den diversen Liste zu diesem Thema findet.

Ich erspare mir jetzt, das mit Latex schön darzustellen; die Formel lautet folgendermassen:

m = H + 2.5 * [sup]10[/sup]log( (d²[sub]BS[/sub]*d²[sub]BO[/sub])/(p(xi)*d[sub]0[/sub][sup]4[/sup]) )

Dabei sind:
H = absolute Helligkeit des Körpers ("body")
d[sub]BS[/sub] = Abstand "body-sun", also Körper zur Sonne
d[sub]BO[/sub] = Abstand "body-observer", also Körper zum Beobachter (Erde)
d[sub]0[/sub] = 1AU (1 astronomische Einheit)
p(xi) das Phasen-Integral, eine Zahl zwischen 0 und 1, die in der Praxis durch 2/3 abgeschätzt werden kann.


Ich möchte das für den Zwergplaneten Pluto berechnen.

Ich forme wie folgt um, da es mir im Moment um maximale Helligkeiten geht:
p(xi) < 1, d.h. der Bruch wird kleiner ("heller"), wenn ich den Nenner grösser mache, also setze ich den Nenner zum grösstmöglichen Wert, das ist 1.


Dann erhalten wir:
m = H + 2.5 * [sup]10[/sup]log( (d²[sub]BS[/sub]*d²[sub]BO[/sub]) )

Nun ziehen wir das Quadrat vor den Logarithmus (2. Logarithmensatz), d.h. da kommt ein Faktor 2 dazu, so dass 2.5*2 = 5 gilt:
m = H + 5 * [sup]10[/sup]log( (d[sub]BS[/sub]*d[sub]BO[/sub]) )

Wir setzen ein und schätzen dabei jeweils zum helleren ab; hierfür nehmen wir an, dass sich die Plutobahn in der Ekliptik befindet, also i=0° ist und der Pluto im Perihel und die Erde im Aphel ist.


Dann haben wir:
d[sub]BS[/sub] = 29.65 AU
d[sub]BO[/sub] = 29.65 AU - 1,02 AU = 28.63 AU

Wir lassen die Einheiten weg, das sind Potenzen von AU, die sich herauskürzen:

=> d[sub]BS[/sub] * d[sub]BO[/sub] = 29.65 * 28.63 = 848.8795

=> [sup]10[/sup]log( (d[sub]BS[/sub]*d[sub]BO[/sub]) ) = [sup]10[/sup]log( (30.243) ) = 2.929

=> m[sub]Pluto[/sub] = H + 5 * [sup]10[/sup]log( (d[sub]BS[/sub]*d[sub]BO[/sub]) )
=> m[sub]Pluto[/sub] = -0.4 + 5*2.929

=> m[sub]Pluto[/sub] = 14.245 mag

und dabei habe ich überall zur helleren Seite hin abgeschätzt, d.h. m[sub]Pluto[/sub] >= 14.245 mag

Wenn wir nun aber in der Wikipedia nachschauen, so finden wir als maximale Pluto-Helligkeit 13.65 mag, und diese bezieht sich auf das Pluto Fact Sheet der NASA.

Mir sind ja auf dem Weg zur Berechnung der scheinbaren Helligkeiten schon mehrere Fehler unterlaufen - erst fehlten 2 Potenzen, weil ja bei doppeltem Abstand ein nicht-selbstleuchtender Körper sein Licht von einer Quelle erhält, die ebenfalls doppelt so weit entfernt ist, dann hatte ich das p(xi) falsch geklammert, aber jetzt habe ich letzteres ohnehin zur helleren Seite hin durch 1 abgeschätzt.


Nun weiss ich wirklich nicht mehr, wo sich noch ein weiterer Fehler einbgeschlichen haben könnte. - Weiss jemand von Euch Rat ?


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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Dgoe

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Weiss jemand von Euch Rat ?
Hallo Ralf,

ich wahrscheinlich noch am Wenigsten. Mich wundert nur, dass Leuchtkraft der Sonne, deren Radius oder Durchmesser, sowie vom Objekt (Planeten, body) nicht auftauchen. Aber gut, wenn man mit diesem H die absolute Helligkeit (body) schon vorliegen hat (was auch immer das bedeutet, aus welcher Entfernung?), dann: wozu braucht man noch die Entfernung zur Sonne?? :confused:

Gruß,
Dgoe
 

Dgoe

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+
Etwas genauer:
Ich stelle mir das laienhaft so vor - ohne nachzublättern und ohne dem Link noch:

Die Sonne ist eine Scheibe. :D

Also wie eine Scheibe, deren Kreisfläche man kennt, da der Radius bekannt ist. Pro Quadratmeter oder ähnlichem leuchtet sie soundso stark (in Lumen? Candel?). Dann hat man eine coole Formel, die aussagt wieviel sich dies abschwächt, je nach welcher Entfernung, da die Scheibe aus der Entfernung ja geometrisch kleiner wird.

Der Sonnenscheibe steht die Planetenscheibe in dieser Entfernung gegenüber. Sie reflektiert soundso stark, also nicht 1 zu 1, sondern weniger und ist soundso groß (Fläche).

Diesen neuen Wert und die Entfernung zum Beobachter gibt man in die gleiche Formel ein. Et voilà ! :)

Ist natürlich etwas stilisiert und naiv, aber ist doch sonnenklar. Magic ;)

Gruß,
Dgoe


P.S.-Edit:
Die Größe der Abbildung auf unserer Netzhaut erscheint mir auch noch wichtig.
 
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Herr Senf

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Hallo Ralf, ist doch ok so:

warum so kleinlich, immer das Theater mit den Näherungsformeln.

Nimm die russische H = m[SUB]o[/SUB] - 2,5 lg A*r² :cool:

H absolute Helligkeit Pluto bei 1 AE ?
m[SUB]o[/SUB] Helligkeit der Sonne bei 1 AE -26,7
A geometrische Albedo Pluto ~0,6 laut wiki
r² Radius² Pluto, normiert auf 1 AE, also 63*10[SUP]-12[/SUP]

Du hast für H=-0,4 genommen und kommst auf die scheinbare Helligkeit von Pluto 14,25.
Möchtest aber 13,65 rauskriegen, dann mußt du aber H=-1 nehmen.

Nimmst du aus wiki A=0,6 kommt H=-0,7 raus, H=-1 fuktioniert nur mit A=0,8.

Du kannst auch den Asteroidenkalkulator nehmen http://www.physics.sfasu.edu/astro/asteroids/sizemagnitude.html
Passt zur russischen Formel, einsetzen H=-1 A=0.8 kommt raus für Pluto D=2355 km, nur 20 von 2374 weg.

Grüße Senf

PS: nimmt man dagegen H=-0.4 und A=0.6 kommt raus nur D=2063 km, es fehlen 300, die Formel scheint empfindsam zu sein
PPS: und Dgoe hat auch seine verschwundene Sonne wieder, die ist im Pluto-Aphel noch -18,2 "hell" , Pluto für uns dann 16,3
 
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Dgoe

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Hm,

Ich hab mir das nochmal vereinfacht vorgestellt. Als Trapez.


Man schaut seitlich auf die Scheiben, die dadurch Linien werden. Links eine senkrechte längere Linie, rechts davon eine kürzere senkrechte Linie, also parallel. Beide so angeordnet, dass die Verbindungslinie zwischen deren Mittelpunkte waagerecht verläuft.

Also Trapez, links groß (Sonne), rechts klein (Planet). Wie ein gleichschenkeliges Dreieck, oben abgeschnitten und dann um 90 Grad gedreht.

Jetzt zieht man von den Endpunkten der kleineren rechten senkrechten Linie/Strecke waagerechte Linien rüber, so dass in der Mitte ein Rechteck entsteht, oben und unten ein rechtwinkliges Dreieck (beide gleich, nur über die horizontale Mittepunkt-Achse gespiegelt).

Der Winkel des Dreiecks auf der rechten Seite wird immer kleiner, je weiter entfernt bzw. je länger die mittlere Achse oder die waagerechten Seiten des Rechtecks.

Licht ermüdet ja nicht, sofern ungestört. Wenn es nur das Rechteck gäbe, kommt rechts also genau soviel an, wie links versendet. Nur je nach diesem Winkel der Dreiecke (der oben und unten ja gleich ist) kommt mehr oder weniger dazu.
So zumindest meine Verbildlichung. Dass muss doch easy berechenbar sein.

Zum Beobachter doch nur eine Fortsetzung abzüglich Reflexionsverlust, welche allerdings zurück geht und im Weg steht. Der Beobachter sollte verschwindend klein sein. Falls er seitlich steht, dann gibt's auch Abzüge.

Gruß,
Dgoe
 
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Bernhard

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Hallo Ralf,

die angesprochene Differenz sieht für mich sehr verdächtig nach dem Farbindex von Pluto aus. Dieser liegt entsprechend dem der Sonne bei 0,65. Als Hobbyastronom stolpert man über diese Differenz auch gerne, wenn man sich als visueller Beobachter mit den Fotografen über Helligkeiten austauscht.

BTW: Deine Rechnung enthält einen unschönen (Tipp- oder Flüchtigkeits)fehler, der allerdings ohne Auswirkung bleibt:

=> d[sub]BS[/sub] * d[sub]BO[/sub] = 29.65 * 28.63 = 848.8795

=> [sup]10[/sup]log( (d[sub]BS[/sub]*d[sub]BO[/sub]) ) = [sup]10[/sup]log( (30.243) ) = 2.929
Das sollte besser [sup]10[/sup]log( d[sub]BS[/sub]*d[sub]BO[/sub] ) = [sup]10[/sup]log( 848,8795 ) = 2,929 heißen ;-) .
 

Herr Senf

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Hallo Ralf,

gestern abend (fast umsonst) Taschenrechner, Logarithmen und Helligkeiten geübt.
Wenn die "englische Formel" richtig ist, hatte ich ja vermutet, daß H=-1 sein muß.

Aufgrund Bernhards Hinweis "welche Helligkeit" habe ich jetzt mal in Pluto Fact Sheet nachgeguckt.
Dort steht doch "Visual magnitude V(1,0)=-1.0", hab gleich ein Bier getrunken ;) , woher hast du H=-0,4 ?

Problemchen, nach der "russischen Formel" ist die Albedo A=0,8 zu "Visual geometric albedo 0.5-0.7" höher.

Grüße Senf
 

Bernhard

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hab gleich ein Bier getrunken ;)
Das ist bei Helligkeitsangaben nie verkehrt, weil die verwendeten Detektoren bei dieser Thematik, wie Auge, chemische Photoplatte, Webcam oder auch mal ein CCD-Sensor eben recht unterschiedliche spektrale Empfindlichkeiten aufweisen. Eigentlich weiß jeder Hobbyastronom, der schon mal etwas lichtschwächere Objekte gejagt hat, dass man mit Helligkeitsangaben generell ziemlich vorsichtig sein muss. Nachkommastellen habe ich da noch nie besondes ernst genommen, denn da spielt dann auch der Beobachtungsstandort, das Seeing und auch das Wetter eine wichtige Rolle. Derart präzise Angaben machen nur dann Sinn, wenn man beispielsweise mit Aufsuchkarten arbeitet und kleinste Objekte per "Starhopping" sucht.

Ein Anlass mehr auch mal wieder auf die allgemeine "Lichtdurchseuchung" der Großstädte hinzuweisen und auf diese Thematik aufmerksam zu machen. Wenig befahrene Straßen in dünn besiedelten Gegenden sollten endlich mal mit Bewegungssensoren ausgestattet werden, so dass die Lampen automatisch abschalten, wenn sich "Has und Fuchs die Schnauze reiben".

Zuletzt wünsche ich schon mal erholsame Feiertage.
 
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ralfkannenberg

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BTW: Deine Rechnung enthält einen unschönen (Tipp- oder Flüchtigkeits)fehler, der allerdings ohne Auswirkung bleibt:
Hallo Bernhard,

das ist leider ein Copy/Paste-Fehler, den ich vollständig korrigiert zu haben geglaubt hatte; ich hatte zuerst versehentlich d[sub]BS[/sub] zur Periheldistanz des Pluto und d[sub]BO[/sub] zur Apheldistanz der Erde, also 1.02 AE gesetzt. Wenn man die beiden multipliziert, erhält man diese 30.243 AE und völlig absurde Helligkeiten; aber natürlich ist d[sub]BO[/sub] die Periheldistanz des Pluto minus die Apheldistanz der Erde.

Der Fehler blieb nur deswegen ohne Auswirkung, weil ich ihn ja in meinem Rechenprogramm korrigiert hatte, aber die Korrektur leider nur unvollständig im Beitrag nachgeführt hatte.

Danke schön für den Hinweis ! :)


Freundliche Grüsse, Ralf
 

ralfkannenberg

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gestern abend (fast umsonst) Taschenrechner, Logarithmen und Helligkeiten geübt.
Wenn die "englische Formel" richtig ist, hatte ich ja vermutet, daß H=-1 sein muß.

Aufgrund Bernhards Hinweis "welche Helligkeit" habe ich jetzt mal in Pluto Fact Sheet nachgeguckt.
Dort steht doch "Visual magnitude V(1,0)=-1.0", hab gleich ein Bier getrunken ;) , woher hast du H=-0,4 ?
Hallo Herr Senf,

die absolute Helligkeit habe ich von der Seite des Minor Planet Center: List Of Transneptunian Objects.

Eris und Sedna, Chiron und Chariklo sowie Echeclus und Asbolus & Co. findet man hier: List Of Centaurs and Scattered-Disk Objects

Und die Otrera findet man hier: List Of Neptune Trojans

Aber wir sind einen guten Schritt weiter; ich habe übersehen, dass im Pluto Fact Sheet H=-1 verwendet wird. Wenn man dies in die Formel einsetzt, wird auch die scheinbare Helligkeit um diesen Wert kleiner und wir erhalten das dort genannte Ergebnis.


Welcher Wert für H ist denn nun der richtige ?


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

ein weiteres Ärgernis seit Jahren ist der Kuipergürtel-Planetoid 2004 PC112, weil bei ihm irgendwie seine absolute Helligkeit verloren gegangen ist. Das hat zur Folge, dass beim Laden der Listen bei diesem KBO die Leerschläge zu numerisch H = 0.0 umformattiert werden, was ihn zum absolut vierthellsten KBO nach der Eris, dem Pluto und der Makemake, noch vor der Haumea, macht.

Seit Jahren streiche ich ihn manuell aus meiner Datenbank, aber das ist eigentlich gar nicht nötig, denn mit ein bisschen googlen kann man bei ihm eine Grössenangabe finden, nämlich 175 km im Durchmesser. Diese beruht auf dieser Liste:

List of Known Trans-Neptunian Objects

Nun kann man ja mal neugierdehalber schauen, ob man andere KBO mit 175 km Durchmesser findet und welche absoluten Grössenklassen ihnen beim Minor Planet Center in der List Of Transneptunian Objects zugewiesen sind. Ich habe mich auf die ersten drei 175 km-KBO beschränkt, das sind:

(19255) 1994 VK8
(59358) 1999 CL158
(69987) 1998 WA25

Netterweise haben alle drei H = 7.0, so dass ich in meiner Datenbank für 2004 PC112 ebenfalls H:= 7.0 gesetzt habe.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

nach den Überprüfungen, die Wotan dankenswerterweise mit dem Stellarium im Thread für Stellarium-Abfragengetätigt hat, haben wir nun die 16 von der Erde aus unter optimalen Bedingungen gesehenen scheinbar hellsten Kuipergürtel-Planetoiden beisammen:



Nr.Planet Datummag-Wert Stellariummag-Wert berechnetDifferenz[sup]1[/sup]
01Pluto 1990.05.1013,6514,24-00,59
02Chiron 1997.04.1815,0614,97+00,09
03Eris 1696.03.2015,1914,51+00,68
04Makemake 1880.04.1515,6015,52+00,08
05Haumea 1855.10.1015,6815,49+00,19
--Charon 1990.05.1016,5115,64+00,87
06Pholus 1991.07.15 16,8316,23+00,60
07Echeclus 2015.09.12 16,9016,83+00,07
08Orcus 1899.09.10 17,2217,02+00,20
09Asbolus 2002.07.20 17,4117,10+00,31
10 (468861) 2025.01.07 17,4117,14+00,27
11(342842)2011.01.25 17,5617,46+00,10
12SnowWhite1855.03.2017,7217,62+00,10
13Chariklo2007.04.22 17,8317,59+00,24
14Okyrhoe 2008.02.2218,1918,01+00,18
15Thereus 1999.07.2418,4618,15+00,31
16 (315898) 2009.10.1318,8718,22+00,65

[sup]1[/sup]: beim Pluto verwendet das Minor Planet Center vermutlich einen falschen Wert für die absolute Helligkeit (-0.4 mag statt -1.0 mag), der nicht mit den Beobachtungen konsistent ist.


Die Abweichung in der Reihenfolge bei der Snow White und Chariklo liegt das innerhalb der Messungenauigkeit, da die absoluten Helligkeiten vom Minor Planet Center nur auf 1 Kommastelle genau angegeben werden.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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