Teleskop im Gravitations-Fokus der Sonne

Bynaus

Registriertes Mitglied
Hier kommt ja immer wieder mal das Thema eines "Gravitationslinsen-Teleskops" auf, das im Gravitations-Fokus der Sonne (jenseits von 550 AU Entfernung) eingesetzt werden könnte, weil da die Gravitation der Sonne das Licht ferner Sterne (oder Exoplaneten) fokussiert, so dass enorme Vergrösserungen (Faktor ~1000 für Ziele in 10 LJ Entfernung) möglich werden. Soweit ich das sehen konnte, gibt es bisher keinen separaten Thread dazu.

Hier gibt es einen interessanten Einführungsartikel zum Thema von Geoffrey Landis, in dem er auf einige Probleme des Konzepts eingeht: https://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/1604/1604.06351.pdf

Eine interessante Idee ist, statt die Sonne den Jupiter als Linse zu benutzen. Dessen Fokus ist zwar etwa 10 mal weiter weg (ca. 6000 AU), dafür fallen Beschränkungen wie Korona-Helligkeit weg.
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

so dass enorme Vergrösserungen (Faktor ~1000 für Ziele in 10 LJ Entfernung) möglich werden.
das ist etwa missverständlich. In der konventionellen Optik ist dieser Vergrößerungsfaktor der Quotient aus dem Sehwinkel mit Teleskop/Fernglas/Mikroskop dividiert durch den Sehwinkel ohne Teleskop/Fernglas/Mikroskop.

Beim Gravitationslinsenteleskop ist mit dieser 'Vergrößerung' etwas ganz anderes gemeint. Es ist das Verhältnis der beiden Strecken Bildebene-'Linse' und Objekt-'Linse' Wenn also das Objekt 1000 mal so weit weg ist von der 'Linse' wie die Bildebene, dann wird das Objekt in der Bildebene um einen Faktor 1000 KLEINER dargestellt. Das hört sich zunächst mal nach einer Verkleinerung an, ist aber so gemeint, daß z.B. ein 10000 km durchmessender Planet in der Bildebene noch 10 km groß 'Abgebildet' wird, was wiederum mit einem geeigneten Empfänger (1Mikrometer große Pixel) zu einer 'Auflösung' von 1 cm der realen Planetenoberfläche führen würde (rein rechnerisch und auch nicht in jeder Richtung, wenn ich den Artikel richtig verstanden habe)

Herzliche Grüße

MAC
 

Major Tom

Registriertes Mitglied
Bedeutet das, wenn man statt eines Planeten eine Sonne anvisieren würde, hätte man ein Bild von 1500 km Durchmesser und einige hundert Watt pro Quadratmeter warm ?
Beeindruckend !
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Das hab ich mich auch gefragt... (insb in Bezug auf ferne Supernovae) Gut, die Chance, einen anderen Stern zu fokussieren (bzw, die Chance dass ein Objekt genau durch den Fokusbereich eines anderen Sterns fliegt...) dürfte recht klein sein, und die Dauer der so erreichten Heizung recht kurz, aber trotzdem...

EDIT: Allerdings: wie stark ist die Heizleistung denn wirklich?
 
Zuletzt bearbeitet:

Ich

Registriertes Mitglied
Die eingefangene Lichtleistung entspricht ja ungefähr dem, was auf einem Sonnenquerschnitt hier ankommt. Wenn du das auf 1500² km² verteilst, ist der Ausdruck "Heizleistung" nicht mehr angemessen.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Guter Punkt. Bei 1 AU leistet die Sonne (bzw. ein sonnenähnlicher Stern) ja 1364 W/m^2. Über 10 LJ = 630'000 AU wäre das dann natürlich 630'000^2 mal weniger. Aber natürlich wird die Leistung durch die Abbildung auch 1000^2-fach konzentriert, also (Sonnenquerschnitt / Abbildungsquerschnitt)^2. Also kommt man auf etwa 3 mW/m^2. Jetzt kann man sich ja wieder fragen, welcher Entfernung von der Sonne das nun wieder entspricht, und kommt auf 630 AU (nicht weiter erstaunlich: wie wir ja wissen, wirkt die Gravitationslinse von der Lichtleistung her so wie wenn der Quellenstern nur soweit entfernt wäre wie der Linsenstern). Aber effektiv heisst das, dass die Gravitationslinse immerhin zu einer Verdoppelung der "Heizleistung" sorgt, wenn der Quellenstern sonnenähnlich ist. Auf der Linsenlinie von, sagen wir, Deneb, der ~10^5 mal so hell wie die Sonne ist, sieht das dann aber ganz anders aus... (und erst recht auf der Linsenlinie einer Supernova...). Oder? Könnten wir die Linsenlinien als eine Art "Scheinwerfer" brauchen, durch die Objekte der Oortschen Wolke fliegen?
 
Zuletzt bearbeitet:

Ich

Registriertes Mitglied
Diese 1000²fache Konzentration war ein Beispiel für einen Planeten. Größere Objekte werden weniger verstärkt.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Diese 1000²fache Konzentration war ein Beispiel für einen Planeten. Größere Objekte werden weniger verstärkt.

Sicher? Du selbst hast sie oben mit "1500^2 km^2" verwendet. So wie ich das Paper verstanden habe, hängt der Abbildungsfaktor vom Verhältnis der Distanz zum Linsenstern und zum Quellenstern ab - nicht aber vom Objekt selbst.
 

Ich

Registriertes Mitglied
Das habe ich unverändert einfach kopiert. Laut (7) hängt die Magnification (die dasselbe sein soll wie die Amplification) vom Winkeldurchmesser der Quelle ab - er hat ja als Aufhänger die laut Lehrbuch unendliche Verstärkung punktförmiger Objekte.
Wobei ich ganz unbedarft und nur nach Bauchgefühl den Lehrbüchern Recht geben würde: Wenn man besonders hohe Verstärkungen berechnet, stellt sich sicher die Frage, ob einem da nicht die geometrische Näherung einen Streich spielt. Ich würde solchen Zahlen nicht trauen.
 

Major Tom

Registriertes Mitglied
Frage: Wenn in dem Artikel gesagt wird:
“If we assume planetary albedo typical of Earth,
the amount of energy reflected will be about 400 watts/square meter.
The total energy flux from the planet received at the focal plane is thus about E-12 watts per square
meter

könnte man da nicht die Abstrahlung der Sonne (ca. 63 MW/m²) ins Verhältnis setzen?
Wäre tatsächlich nur sehr wenig.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Das habe ich unverändert einfach kopiert. Laut (7) hängt die Magnification (die dasselbe sein soll wie die Amplification) vom Winkeldurchmesser der Quelle ab - er hat ja als Aufhänger die laut Lehrbuch unendliche Verstärkung punktförmiger Objekte.
Wobei ich ganz unbedarft und nur nach Bauchgefühl den Lehrbüchern Recht geben würde: Wenn man besonders hohe Verstärkungen berechnet, stellt sich sicher die Frage, ob einem da nicht die geometrische Näherung einen Streich spielt. Ich würde solchen Zahlen nicht trauen.

Ich muss mir das mal in aller Ruhe ansehen.

Frage: Wenn in dem Artikel gesagt wird:
“If we assume planetary albedo typical of Earth,
the amount of energy reflected will be about 400 watts/square meter.
The total energy flux from the planet received at the focal plane is thus about E-12 watts per square
meter

könnte man da nicht die Abstrahlung der Sonne (ca. 63 MW/m²) ins Verhältnis setzen?
Wäre tatsächlich nur sehr wenig.

Die Sonne strahlt in dieser Distanz keine 63 MW/m^2 mehr ab... (ich nehme an, das ist die Oberfläche). Stattdessen beträgt die Leistung etwa 3 mW/m^3 wie in meinem Post vorher berechnet. Aber 3 mW ist natürlich immer noch sehr viel im Verhältnis zu 1e-12 Watt. Aber es ging ja nicht um Heizleistung eines Planeten, sondern um die eines (abgebildeten) Sterns.

400 W/m^2 an der Erdoberfläche (4e-5 AU) sind in 630 AU Entfernung eben genau jene 1.6e-12 Watt...
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Ach so - ja, das ist im Prinzip das gleiche, was ich gemacht habe. Statt der Sonnenoberfläche habe ich einfach die Solarkonstante genommen, aber es kommt am Ende aufs gleiche heraus (63 MW/m2 auf der Sonnenoberfläche = 1364 W/m2 in 1 AU Entfernung).
 

zabki

Registriertes Mitglied
in dem anfangs verlinkten Artikel wird ja auch das Problem der Bewegung des zu beobachtenden Planeten angesprochen (S. 8f.) Gäb's da nicht auch günstigere Szenarien? z.B. würde man einen Planeten, dessen Bahn man ungefähr von der Seite sieht, doch ohnehin günstig beobachten, wenn er in möglichst großem Winkelabstand zu seinem Zentralstern steht, und da wäre auch seine scheinbare Eigenbewegung besonders gering.

Vielleicht kann man das auch noch verfeinern: Man beginnt mit der Erfassung des Planeten, wenn dieser sich im maximalen Winkelabstand zum Zentralstern befindet. Der Planet bewegt sich dann zunächst relativ langsam nach innen, und eine gewisse Weile folgt das Teleskop dem. Dann, wenn die Eigenbewegung des Planeten größer wird, wird die Beobachtung abgebrochen, und das Teleskop hat ein knappes Jahr (wenn es sich um eine "Zwillingserde" handelt) Zeit, in Gegenrichtung zu beschleunigten. Wenn nach einem knappen Jahr der Planet den maximalen Winkelabstand noch nicht ganz erreicht hat, beginnt eine neue Beobachtungsperiode, und das Teleskop folgt dem Planeten in Gegenrichtung - usw.

Vielleicht muss man auch nicht mit der kompletten Sonde manövrieren, sondern kann eine leichte optische Apparatur abkoppeln.

Wäre so ein Szenario denkbar?



[...]was wiederum mit einem geeigneten Empfänger (1Mikrometer große Pixel) zu einer 'Auflösung' von 1 cm der realen Planetenoberfläche führen würde (rein rechnerisch und auch nicht in jeder Richtung, wenn ich den Artikel richtig verstanden habe)

wenn wir da mal Aliens ins Teleskop bekommen, ist das ein Potential für Probleme mit dem Datenschutz!:)
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben