Lokale Blase: 16 Supernovae in 13 Millionen Jahren

astronews.com Redaktion

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Die Untersuchung des Vorkommens eines bestimmten Eisenisotops kombiniert mit theoretischen Modellrechnungen lieferte jetzt neue Informationen darüber, wo es in jüngerer Vergangenheit Supernovae-Explosionen in der Nähe der Sonne gab. Die nächstgelegenen Explosionen ereigneten sich danach vor über eine Million Jahren in mehr als 250 Lichtjahren Entfernung. (7. April 2016)

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UMa

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Hallo,

könnte es in der nächsten Zeit weitere Supernova-Explosionen in der Nähe der Sonne aus gleicher Quelle geben? Vielleicht waren ja die letzten vor ca 1-3 Millionen Jahren noch nicht die aller letzten dieser Sternentstehung?

Die Auswirkungen auf die kosmische Strahlung und damit die Erde und den erdnahen Weltraum könnten erheblich sein. Siehe z.B.
https://arxiv.org/abs/1605.04926
https://arxiv.org/abs/1702.04365

Was meint ihr?

Grüße UMa
 

Bynaus

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Die letzte Supernova in der Serie war auch die kleinste, mit "nur" 8.8 Sonnenmassen, während die vorherigen bis zu knapp 20 Sonnenmassen hatten (nach dem Breitschwerdt Paper). 8 Sonnenmassen am Ende der Evolution ist etwa die Grenze für Supernovae, alle Sterne darunter verlieren so viel Masse über ihre Lebenszeit dass sie nur zu Weissen Zwergen werden können. So gesehen scheint es dass alle potentiellen "Kernkollaps"-Supernovae der Gruppe durch sind.
 

UMa

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Hallo Bynaus,

wenn man die angegebenen Massen und Alter, für exakt annimmt und annimmt, das alle diese Sterne gleichzeitig entstanden sind, rechne ich eine Masse von etwa 8.4 bis 8.5 Sonnenmassen für einen Stern hoch, der potentiell heute explodieren könnte.

Das ist m.E. nicht sicher unter der Grenze, außerdem ist mir nicht klar, wie groß die Fehlerspannen für Alter und Massen sind.

Es kann also gut sein, dass die letzte vor ca. 1.5 Mio Jahren die letzte war. Oder eben auch nicht.
Wenn es noch einen Stern mit ca. 94 bis 97% der Masse des letzten Supernova-Vorgängers gibt, dann könnte er noch über der Grenze für Supernova liegen und irgendwann in den nächsten hunderttausenden von Jahren in relativ geringem Abstand explodieren.

Grüße UMa
 

Bynaus

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Hm, ja, wobei nicht ganz klar ist, wo die Grenze genau liegt (ich wollte die 8 Sonnenmassen nicht als 8.0 verstanden haben, wohl eher sowas wie 8-10).

Aber selbst dann scheint mir sie Distanz eher gross für effektive Auswirkungen. Ein bisschen höhere Strahlung dürfte wohl kaum ein kleines Massensterben verursachen.

Aber eigentlich müsste die Frage zu beantworten sein, denn die in Frage kommenden Sterngruppen sind bekannt und es gibt sicher irgendwo ein Inventar der Sternmassen darin...
 

UMa

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Hallo Bynaus,

ich habe mal nach Kandidaten gesucht, die ja sehr hell sein müssen. Selbst wenn sie knapp unter der Massengrenze liegen, müssten diese Sterne je zu den leicht mit bloßem Auge sichtbaren gehören.
Was sich trotzdem als unerwartet schwierig herausstellte, da ein relativ großes Areal am Südhimmel infrage kommt.

Die besten (und hellsten) Kandidaten sind soweit Alpha Crucis, Beta Crucis, Alpha Virginis (Spica) und Epsilon Centauri. Alle mit ca. 10 Sonnenmassen.
Es könnten mehr sein.

Grüße UMa
 

Bynaus

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Hm, das sind aber nicht alles Sterne der Sco-Cen Assoziation (oder täusche ich mich? Z.B. Spica ist weit weg).

Im Breitschwerdt-Paper steht: "Thus we determined the present-day Galactic coordinates where the explosions occurred, with the two closest near l = 327°, b = 11° and l = 343°, b = 25° at distances of 90–100 pc" (die Koordinaten müsste man jetzt noch in Dec / Rec umwandeln).
 

UMa

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Hallo Bynaus,

Sterne unter 100pc Entfernung und mit mehr als 8 Sonnenmassen müssen zu den hellsten Sternen am Himmel gehören, so ca 1 bis 3mag.
Ich habe den Schwerpunkt der xyz Positionen aus dem Breitschwerdt-Paper linear auf die heutige Position extrapoliert. Annahme lineare Bewegung des Schwerpunktes und der Sonne über die letzten 13 Millionen Jahre. Das ist vermutlich einige pc entfernt, aber auf die Schnelle besser als nichts.
Ich bin auf l = 311.82°, b = 21.88° in 76.1 pc Entfernung für den Schwerpunkt der 16 Supernovae gekommen, das ist Re 13h34min, De -40°14'. Im einer Streuung von 23pc (1sigma). Um diesen Punkt herum bin ich die Liste der hellsten Sterne durchgegangen und habe die mit mehr als 8 Sonnenmassen gesucht.
Kannst du ja versuchen nachzurechnen.

Vielleicht habe ich ja was falsch gemacht oder die Positionen aus dem Breitschwerdt-Paper sind nicht so genau, oder die Annahme der linearen Bewegung ist nicht so gut über so lange Zeiträume.

Aber selbst wenn, ich habe ein paar Sterne mit mehr als 8 Sonnenmassen in ca 100pc Entfernung gefunden.

Grüße UMa

Update:
Es sind offenbar zwei Zentren.

Zentrum a bei l = 324.46°, b = 29.98° in 77.7 pc Entfernung für den Schwerpunkt von 10 der 16 Supernovae, das ist Re 14h17min, De -29°17'.
Der beste Kandidat ist immer noch Spica, wenn auch deutlich nördlich.
Vielleicht hatte ja Spica einen noch schwereren Begleiter, der als Supernova explodierte und Spica auf die Reise schickte. Man müsste Spicas Eigenbewegung prüfen um das zu testen.

Zentrum b bei l = 292.93°, b = 5.80° in 86.7 pc Entfernung für den Schwerpunkt von 6 der 16 Supernovae, das ist Re 11h40min, De -55°41'.
Das ist offenbar die Sco-Cen Assoziation (Lower Centaurus–Crux) mit Alpha, Beta Crucis und Epsilon, Eta, Zeta und Delta Centauri.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

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Ich habe den Schwerpunkt der xyz Positionen aus dem Breitschwerdt-Paper linear auf die heutige Position extrapoliert.

So wie das da im von mir zitierten Satz steht sind die Positionen bereits heutige, dh, du hättest nicht extrapolieren müssen, aber der Unterschied ist nicht riesig.

Aber wenn die Sterne, die du nennst, 10 Sonnenmassen haben, müssten sie dann nicht bereits explodiert sein wenn sie gleichzeitig mit den anderen entstanden sind? Sco-Cen produziert ja immer noch Sterne, dh, die von dir genannten könnten (müssten?) auch jünger sein.
 

UMa

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Hallo Bynaus,

die Sonne bewegt sich relativ zum Mittel der anderen Sterne (local standard of rest or LSR). Und die jungen Sterne bewegen sich im Mittel weniger.
Die Positionen sind offenbar relativ zur Sonne, da die mittlere Geschwindigkeit nahe der negativen Bewegung der Sonne zum LSR ist.

Die Gruppe a ist immer noch unklar. Besteht möglicherweise aus mindestens zwei Gruppen.

Zentrum b gibt quadratisch einen guten Fit, es gibt also eine relative Beschleunigung. Also
Zentrum b bei l = 298.75°, b = -3.42° in 112.1 pc Entfernung für den Schwerpunkt von 6 der 16 Supernovae, das ist Re 12h10min, De -65°58'. Nahe Alpha, Beta Crucis.

Ich frage mich ob die Annahme der gleichzeitigen Entstehung für die verschiedenen Gruppen gerechtfertigt war.


Ja vermutlich sind die Sterne nicht alle gleichzeitig entstanden, sondern in einzelnen Gruppen über mehrere Millionen Jahre. Da die Masse einiger Sterne der Sco-Cen Assoziation deutlich größer als 10 Sonnenmassen zu sein scheint, sind also einige jung genug. Damit sind weitere Supernova-Explosionen in den nächsten Jahrmillionen, auch in Entfernungen um 100pc, zu erwarten.

Man müsste herausfinden, welcher Stern als nächstes 'dran' sein könnte.

Grüße UMa
 

UMa

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Hallo Bynaus,

ich habe gestern Abend das Paper nochmal gelesen. Das hätte ich schon eher tun sollen, denn vieles steht schon drin. Die haben z.B. die Positionen zweier Gruppen der Sco-Cen Assoziation zurückgerechnet. Ich habe sie Quasi mit den Daten wiederentdeckt.

Trotzdem gibt es einige Erkenntnisse:
Da dort nicht alle Sterne gleichzeitig entstanden sind, gibt es auch jüngere Sterne als die, die die lokale Blase erzeugt haben sollen (23 Millionen Jahre alt, entsprechend einer Lebenszeit eines 8,2 Sonnemassensterns) nach Breitschwerdt-Papern).

Also ist mit weiteren Supernovae zu rechnen, selbst wenn nicht aus diesen Gruppen, dann von jüngeren Sternen.

Selbst die lineare Rechnung ist über einen so langen Zeitraum von über 12 Millionen Jahren zu ungenau. Die gekrümmten Bahnen der Sonne und der Sterne in der Galaxis machen sich deutlich bemerkbar.
Es gibt noch weitere junge, massive Sterne in Sonnennähe, die in den nächsten Millionen Jahren als Supernovae explodieren können. Z.B. Spica ist einer der nächsten.

Genaue Massen und Altersbestimmung dieser Sterne sind schwierig, die Angaben streuen stark, daher kann man nicht genau sagen, wie weit ein einzelner Stern vor einer Supernova steht.

Ich habe einfach mal versucht alle Sterne mit mehr als 8 Sonnenmassen in der Sonnenumgebung zu finden. Die nächsten sind Spica und Bellatrix mit 11 bzw. 8.6 Sonnemassen in ca 80 pc. Wenn die Alter gleichmäßig zufällig im Riesenstadium verteilt sind (ca. 50% des Gesamtdauer bei so schweren Sternen), steht insgesamt die Chance auf mindesten eine Supernova in den nächsten hunderttausend Jahren in einer Entfernung zwischen 77 bis 150pc bei 9% bis 10%.

Zeitlich am nächsten dran an einer Supernova ist vermutlich Gamma Velorum, eine Komponente ist ein Wolf–Rayet Stern, der steht aber in 336pc Entfernung.

Grüße UMa
 

Bynaus

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Also ist mit weiteren Supernovae zu rechnen, selbst wenn nicht aus diesen Gruppen, dann von jüngeren Sternen.

Ja, das macht Sinn. Trotzdem frage ich mich, warum es dann diesen klaren Trend von massereichen zu masseärmeren SN im Breitschwerdt-Paper gibt. Sollten dann nicht ständig irgendwelche SNs irgendwelcher Massen hochgehen? Oder ist das einfach die Abfolge der SN, die sie gerechnet haben? (ich sollte wohl nochmals genauer lesen)

Aus deiner Abschätzung scheint es durchaus so, dass die SN-Serie noch nicht "durch" ist.
 

UMa

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Hallo Bynaus,

die haben angenommen, dass alle diese Sterne gleichzeitig entstanden sind. Das angenommene Alter von 23 Millionen Jahren, entsprechend einer Lebenszeit eines 8,2 Sonnemassensterns ist jedoch zweifelhaft. Andere Altersbestimmungen kommen auf 16 bzw. 17 Millionen Jahre, was möglicherweise besser zu den Beobachtungen passt. Siehe z.B.
https://arxiv.org/abs/1112.1695

Grüße UMa
 
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