Neutrinodichte im Universum

Jomi

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Die 1:1-Beziehung im Betazerfall suggeriert wohl zunächst, dass die mittlere Dichte von Neutrinos im Universum in der gleichen Größenordnung wie die der mittleren Dichte der Baryonen liegen sollte. Wäre es denkbar, dass – auch wenn dadurch noch nicht die Menge an dunkler Materie erklärt werden kann – die mittlere Neutrinodichte um mehrere Größenordnungen über der mittleren Baryonendichte liegt, das heißt, dass das Universum sehr viel mehr Neutrinos als klassische Elementarteilchen enthält?
 

Herr Senf

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Zählt man die Neutrinos, kommt man auf 337 pro cm³, manche Autoren nennen als Schätzwert 340 :D
Die Obergrenze der Neutrinomasse ist sehr gut bekannt, die Untergrenze ist bisher nur grob geschätzt.
Damit kommt man auf eine Gesamtneutrinomasse von 1-5 % der Dunklen Materie.
Es fehlt also mindestens der Faktor 20, der nicht mit Anzahl oder Masse erklärbar ist.

Grüße Senf
 

Jomi

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Lieber Senf,
vielen Dank für die rasche Antwort mit den Zahlen! Das bedeutet wohl offensichtlich, dass die mittlere Neutrinodichte nur etwas unterhalb der Photonendichte liegt. Woher kommen diese Neutrinos?
Viele Grüße
Jomi
 

pane

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Woher weiß man denn, dass es nur 337 pro cm³ sind? Es werden doch nur die hochgradig relativistischen von der Sonne, oder meinetwegen von einer Supernova gemessen. Ich schätze mal, dass man langsame Neutrinos gar nicht messen kann.

mit freundlichen Grüßen
pane
 

pane

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Wenn die sich auf einer Kreisbahn um den Erdmittelpunkt befinden, knapp 8 km/s

mit freundlichen Grüßen
pane
 

Herr Senf

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Gomisch,
können die aber nicht.
Wie groß ist die kleinstmögliche Geschwindigkeit von Neutrinos bei 5,3*10^-4 eV?
Das sind in Temperaturen bei 1,95 K, der CMB hat 2,7 K als Schwarzkörper!

Und warum - Senf
 

Herr Senf

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Also pane hat für die langsamen Neutrinos 8 km/s vorgeschlagen, so daß sie sich im Erdorbit halten könnten.

Ich komme mit der Masse-Obergrenze von 0,2 eV für die langsamen Neutrinos auf 4 km/s, stürzen ab, auf die Erde und durch.

Wer bietet mehr oder weniger - Senf

PS: ein SN-Neutrino hat um und über 10 MeV, es ist dann nur 0,00005 mm/s langsamer als Licht, also unmeßbar
Frage: wie oft hab ich mich wohl verrechnet :eek:

PPS: die Diskusion gab's schon mal http://www.astronews.com/forum/show...nos-Was-verschwindende-Antineutrinos-verraten
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

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können die aber nicht.
Warum?

Wie groß ist die kleinstmögliche Geschwindigkeit von Neutrinos bei 5,3*10^-4 eV?
Das sind in Temperaturen bei 1,95 K, der CMB hat 2,7 K als Schwarzkörper!
Diese Temperaturen sind für Neutrinos mMn nicht entscheidend, weil Neutrinos keine elektrische Ladung tragen und deswegen nicht mit em-Strahlung wechselwirken.

Denkbar wären elastische Streuprozesse mit Atomkernen, wo die kinetische Energie eines Neutrinos auf den Atomkern übertragen wird. Sollte es da passende Streuprozesse geben, sind sogar ruhende Neutrinos denkbar.

Richtig bleibt natürlich die relativistische Energie-Impuls-Beziehung, die dafür sorgt, dass Neutrinos auch mit sehr kleinen Energien bereits nahe an die Lichtgeschwindigkeit kommen. Die große Masse der existierenden Neutrinos wird also recht fix unterwegs sein.
 

pane

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Die 8 km/s habe ich natürlich gewählt, weil sie, wären sie langsamer zur Erdmitte abstürzten. Es gibt ja nichts, was sie aufhält. Es mag ja sein, dass sie auch bei kleinen Energien fast Lichtgeschwindigkeit haben. Es bleibt aber dabei, dass sie nur sehr kleine Energien haben und daher doch nicht gemessen werden können.

Mit freundlichen Grüßen
pane
 

Herr Senf

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Hallo Bernhard,

vielleicht war mein Steno aus post #7 mißverständlich.
Ich meine das superheiße Neutrinogas aus der ersten Urknall-Sekunde, jetzt 337 Stück pro cm³.
Das hat sich ähnlich dem CMB durch die Expansion noch darunter auf heute 1,95 K abgekühlt.
Damit dominiert ihre Ruhemasse 0,2 eV, ihre kin Energie 0,0005 eV ist fast weg und sie sind gemütlich langsam.

Natürlich ist es wie pane sagt, sie sind technisch für uns nicht detektierbar, weil sie nicht wechselwirken.
Man braucht z.B. bei Blei eine sichere Einfanglänge von 10 Mrd km, Pluto ist 6 Mrd km weg.
Zum Vergleich:
- von den "schnellen" Sonnenneutrinos haben wir in Erdferne 1 pro cm³, sausen aber mit 300.000 km/s durch,
das sind zwar im Fluß viel 10^10 pro cm²/s, aber nicht von der Dichte (wenn ich mich nicht vertue)
- eine Supernova mit Core-Kollaps "produziert" in 10-20 s etwa 10^57 Neutrinos, das passiert selten und die sind schnell weg,
wobei der dichte Fe-Kern nicht neutrinotransparent ist (Streuungen) und sie müssen erst zur Oberfläche diffundieren,
es entstehen aus Protonen gleichviele 10^57 Neutronen, die Neutrinos führen dann 99 % der Kollapsenergie ab

Grüße Senf

PS: die Neutrino-Detektoren liegen alle über 100 keV in der Staffelung >100 keV - MeV - GeV
und ein 100 keV-Neutrino ist nur knapp 1 mm/s langsamer als LG
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

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Hallo Herr Senf,

vielleicht war mein Steno aus post #7 mißverständlich.
Danke für die nachfolgende Erklärung.

Natürlich ist es wie pane sagt, sie sind technisch für uns nicht detektierbar, weil sie nicht wechselwirken.
Neutrinos wechselwirken schwach und zwar mit einem vergleichsweise kleinen Streuquerschnitt. Deshalb ist der Nachweis zwar schwer, aber ganz und gar nicht unmöglich ;) .
 

Jomi

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Es fällt mir sehr schwer, mir die elastischen Streuprozesse zwischen Neutrinos und Atomkernen vorzustellen, bei denen die Neutrinos zur Ruhe kommen. Nach meiner naiven Vorstellung müssten die superleichten Neutrinos einerseits - als Punktmasse vorgestellt - bei einer elastischen Wechselwirkung fast ideal reflektiert werden, falls es zur Wechselwirkung kommt. Andererseits stelle ich mir die Neutrinos wegen ihrer geringen Masse sehr groß vor - vielleicht so ungefähr 30 Mikrometer, was wohl heißt, dass ein Neutrino beim Durchtritt durch Atome Millionen von Atomkernen und Elektronen gleichzeitig umfließt und wohl deswegen auch so selten wirklich wechselwirkt.
Viele Grüße Jomi
Warum?


Diese Temperaturen sind für Neutrinos mMn nicht entscheidend, weil Neutrinos keine elektrische Ladung tragen und deswegen nicht mit em-Strahlung wechselwirken.

Denkbar wären elastische Streuprozesse mit Atomkernen, wo die kinetische Energie eines Neutrinos auf den Atomkern übertragen wird. Sollte es da passende Streuprozesse geben, sind sogar ruhende Neutrinos denkbar.


Richtig bleibt natürlich die relativistische Energie-Impuls-Beziehung, die dafür sorgt, dass Neutrinos auch mit sehr kleinen Energien bereits nahe an die Lichtgeschwindigkeit kommen. Die große Masse der existierenden Neutrinos wird also recht fix unterwegs sein.
 

Bernhard

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Es fällt mir sehr schwer, mir die elastischen Streuprozesse zwischen Neutrinos und Atomkernen vorzustellen, bei denen die Neutrinos zur Ruhe kommen.
Dann schau dir die Prozesse in den Detektoren an, wo Elektron-Neutrinos an Elektronen elastisch gestreut werden. Dabei gibt es immer einen gewissen Energieübertrag, so dass Neutrinos dadurch kinetische Energie verlieren können.

Nach meiner naiven Vorstellung müssten die superleichten Neutrinos einerseits - als Punktmasse vorgestellt - bei einer elastischen Wechselwirkung fast ideal reflektiert werden, falls es zur Wechselwirkung kommt. Andererseits stelle ich mir die Neutrinos wegen ihrer geringen Masse sehr groß vor - vielleicht so ungefähr 30 Mikrometer, was wohl heißt, dass ein Neutrino beim Durchtritt durch Atome Millionen von Atomkernen und Elektronen gleichzeitig umfließt und wohl deswegen auch so selten wirklich wechselwirkt.
Der Grund für die geringen Streuquerschnitte liegt in der äußerst geringen Reichweite der schwachen Wechselwirkung. Ansonsten würde ich auf Neutrinos weder das Teilchen- noch das Wellenbild anwenden wollen. Es sind Quantenobjekte und müssen auch als solche beschrieben werden.
 
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