Was ist das Higgs-Boson?

Dgoe

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Was ist das Higgs-Boson?

Was (un)genau ist es? Vielleicht kann es jemand auch ohne Links kurz darstellen. Wenn nicht, auch ok.

Gruß,
Dgoe
 

ralfkannenberg

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Was ist das Higgs-Boson?

Was (un)genau ist es? Vielleicht kann es jemand auch ohne Links kurz darstellen. Wenn nicht, auch ok.
Hallo Dgoe,

ich schreibe nun etwas, was in dieser Form falsch ist, aber vielleicht hilft es zum besseren Verständnis.

Gemäss Standardmodell sind alle Elementarteilchen massefrei, was im Widerspruch zu den Beobachtungen steht. Damit die Teilchen zu Masse kommen gibt es den Higgsmechanismus und dieser wird vom Higgs-Boson (oder in anderen Modellen den Higgs-Bosonen) vermittelt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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TomS

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Ich verbessere das ein wenig:

Gemäss Standardmodell sind alle Elementarteilchen zunächst massefrei, was im Widerspruch zu den Beobachtungen steht. Damit die Teilchen zu Masse kommen, ohne dass dabei die mathematische Konsistenz zerstört wird, gibt es den Higgsmechanismus und dieser wird vom Higgs-Feld vermittelt; das Higgs-Boson (oder in anderen Modellen die Higgs-Bosonen) ist die elementare Anregung des Higgs-Feldes.
 

ralfkannenberg

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Ich verbessere das ein wenig:

Gemäss Standardmodell sind alle Elementarteilchen zunächst massefrei, was im Widerspruch zu den Beobachtungen steht. Damit die Teilchen zu Masse kommen, ohne dass dabei die mathematische Konsistenz zerstört wird, gibt es den Higgsmechanismus und dieser wird vom Higgs-Feld vermittelt; das Higgs-Boson (oder in anderen Modellen die Higgs-Bosonen) ist die elementare Anregung des Higgs-Feldes.
Hallo Tom,

danke schön :)


Freundliche Grüsse, Ralf


@Webmaster: ich bitte um Nachsicht, dass ich ausnahmsweise einen full-quote getätigt habe
 

Dgoe

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Oh ja,

Danke Ralf und Tom,

genau so eine eher übersichtliche und dennoch konkrete Antwort hatte ich mir gewünscht. Denn für gewöhnlich wird man entweder mit sehr viel, schwer nachvollziehbaren Text erschlagen oder völlig vage abgespeist.

Oder zum Beispiel mit Präsidenten, die einen menschengefüllten Raum betreten, die Aufmerksamkeit beim Durchschreiten zähflüssig an sich ziehen, und solche Bilder...

Gruß,
Dgoe
 

Bernhard

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Der Mechanismus haette nur kurz nach dem Urknall stattgefunden.
[strike]Es ist ein interessanter Vorschlag, die Inflation mit dem Higgs-Boson in Verbingung zu bringen[/strike]. Die aktuelle Notwendigkeit einer kosmologischen Konstante unterstützt das Modell des falschen Vakuums, über das wir uns hier ja auch schon mal ausgetauscht hatten. Inwieweit diese Vorstellungen dem Mainstream der Astronomen entsprechen, müsste wohl noch recherchiert werden.
 
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ralfkannenberg

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Es ist ein interessanter Vorschlag, die Inflation mit dem Higgs-Boson in Verbingung zu bringen. Die aktuelle Notwendigkeit einer kosmologischen Konstante unterstützt das Modell des falschen Vakuums, über das wir uns hier ja auch schon mal ausgetauscht hatten. Inwieweit diese Vorstellungen dem Mainstream der Astronomen entsprechen, müsste wohl noch recherchiert werden.
Hallo Bernhard,

zu Inflationszeiten gab es das Higgsfeld bereits. Zudem wird die Inflation mit den magnetischen Monopolen in Verbindung gebracht, nicht mit den Higgs-Bosonen.

Quelle: Alain Guth, "Die Geburt des Kosmos aus dem Nichts"


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bernhard

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Hallo Ralf,

Zudem wird die Inflation mit den magnetischen Monopolen in Verbindung gebracht, nicht mit den Higgs-Bosonen.
Danke für die Korrektur. Ich habe meinen Beitrag entsprechend nachträglich bearbeitet. Der erste Satz ist zu streichen, da ich den Link auf den Zeitungsartikel nicht gelesen hatte.
 
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Bernhard

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Hallo Ralf,

ich habe mir jetzt das Interview mit H. Lesch durchgelesen und möchte deswegen nochmal auf Deine Einwände etwas näher eingehen:

zu Inflationszeiten gab es das Higgsfeld bereits.
Das halte ich für erst mal für eine relativ gewagte These, weil die Inflationsphase in der GUT-Ära spielt. Wir befinden uns damit weit jenseits des Standardmodells. H. Lesch umgeht diese Problematik indem er sich auf die Zeit um 10-9s nach dem Urknall bezieht und damit mMn nur die Massenerzeugung der beiden W- und des Z-Bosons anspricht. Die Yukawa-Kopplung an die Fermionen des Standardmodells wird damit teilweise umgangen.

Was darüberhinaus aber doch stark auffällt ist die große Ähnlichkeit des Higgs-Potentials (s. Phi-4-Theorie) und des Potentials des Inflatonfeldes. Ich frage mich dabei nun, ob das Zufall sein soll oder nicht?
 
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Herr Senf

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Gehe ich recht in der Annahme, daß jetzt der Moment des aneinander_vorbei-Redens gekommen ist.

Die Meinung von Lesch aus 2012 ist plausibel, darf nur nicht mißverstanden werden, siehe nachfolgend.
Ich hab meinen Senf aus dem Pauldrach "Das dunkle Universum" nagelneu 24.06.2015 Springer 527 S und 29,99 €.

1. Big Bang, die große Unklarheit bis 10^-35 s , an die wir ohne Quantengravitation nicht rankommen
2. aber Bang mit Abspaltung der Gravitation von den 3 noch vereinten Grundkräften, existenziell für den Erhalt des Universums
3. das Higgsfeld mit seinen Fluktuationen (diese kleiner als ein heutiges Proton) verhält sich wie ein Vakuum, ist
3a. im Anfangszustand ein falsches Vakuum mit extremer Energiedichte und negativem Druck gegen die Gravitation
4. das Higgsfeld selbst löst die Inflation aus (ein Inflatonfeld wird machmal noch "hinzugedacht", so bei Rebhahn, vlt unnötig)
5. in der Inflationsphase kommt es bei 10^-32 s zu einem Phasenübergang, die Energie des falschen Vakuums wird freigesetzt,
5a. dabei wird die massebehaftete Materie gebildet bzw. die vorher masselosen Teilchen haben ab hier Masse, die Inflation klingt ab

Im Ergebnis ist das "Uruniversum" um den Faktor 10^50 flach gemacht worden, das wegen Symmetriebruch des Higgsfeldes.
Etwaige magnetische Monopole die in der Abkühlungsphase der Inflation entstanden sein sollten, wurden unauffindbar verdünnt.

Grüße Senf
 

RPE

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Ich habe leider noch nicht verstanden, ob sich die Relevanz des Higgsmechanismus seit einer Milliardstel Sekunde nach dem Urknall verglichen mit heute verändert hat, oder nicht?
Mit anderen Worten war das ein abgeschlossener Prozess "damals" oder wirkt es heute noch (dass die Teilchen auch ihre Masse weiterbehalten)?
 

Bernhard

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Mit anderen Worten war das ein abgeschlossener Prozess "damals" oder wirkt es heute noch (dass die Teilchen auch ihre Masse weiterbehalten)?
Hallo RPE,

sobald das Higgs-Feld mal da ist, haben die zugehörigen Elementarteilchen (Elektronen, Neutrinos, W- und Z-Boson) ihre Masse. So gesehen wirkt das Higgs-Feld auch heute noch. Wie gesagt: Lesch meint mit der Millardstel Sekunde nach dem Urknall wohl die "Abspaltung" der elektroschwachen Kernkraft von der starken Kernkraft (Symmetriebruch).
 

TomS

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Lesch sagt ... der Mechanismus haette nur kurz nach dem Urknall stattgefunden. Seitdem haben alle Elementarteilchen ihre Masse, und der ganze Mechanismus ist pase?

Ich habe leider noch nicht verstanden, ob sich die Relevanz des Higgsmechanismus seit einer Milliardstel Sekunde nach dem Urknall verglichen mit heute verändert hat, oder nicht?
Mit anderen Worten war das ein abgeschlossener Prozess "damals" oder wirkt es heute noch (dass die Teilchen auch ihre Masse weiterbehalten)?

Nein, so ist das nicht.

Der Higgsmechanismzs funktioniert energieabhängig. Bei extrem hohen (mittleren) Energien ist der Vakuumerwartungswert des Higgsfeldes Null, daraus resultieren auch Teilchenmassen Null. Wenn sich das Universum abkühlt, findet ein Phasenübergang statt, der Vakuumerwartungswert ist dann größer Null, daraus resultieren dann auch Teilchenmassen größer Null.

Richtig ist, dass der Phasenübergang kurz nach dem Urknall stattfand. Seither wechselwirken die Felder (Leptonen, Quarks, W- und Z-Bosonen) mit dem Vakuumerwartungswert des Higgsfeldes und erhalten dadurch ihre Masse. Das ist kein einmaliger Vorgang.
 

RPE

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Danke, Bernhard und Tom!

Eine Frage hätte ich noch:
Die Wichtigkeit der Masse, die aus dem Higgsmechanismus resultiert wird ja oftmals (stark) relativiert, dass sie nur ein paar Prozent der Gesamtmasse (eines Atoms z. B.) ausmacht, und der Löwenanteil aus Der Bindungsenergie (starke WW) stammt.
Ist es bei dieser Sichtweise jetzt so, dass man den Higgsmechanismus im Grunde auch weglassen könnte, und die Gesamtmasse im Universum "nur" um eben diese paar Prozent absinken würde, oder steht und fällt jegliche Masse mit dem Mechanismus und alle Masse wäre komplett 0?
 

Herr Senf

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Ich denke mal an folgende Erklärung,

die higgsgesponserte Masse im Prozentbereich gilt nur für die elementaren Teilchen.
Masselos wären sie bis zum Symmetriebruch mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs gewesen. Das Higgsfeld wirkt auch noch als Bremse, nur Licht darf noch mit c.
Bei weiterer Abkühlung des Urplasmas konnten sich dann die zusammengesetzten Teilchen bilden und es enstand Masse durch Bindungsenergie E=mc².
Damit ist das Higgsfeld auch noch "verantwortlich", daß Atome usw. enstehen konnten. Das Universum war nicht "energielos", Materie mußte sich bilden können.

Grüße Senf
 

TomS

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Die Wichtigkeit der Masse, die aus dem Higgsmechanismus resultiert wird ja oftmals (stark) relativiert, dass sie nur ein paar Prozent der Gesamtmasse (eines Atoms z. B.) ausmacht, und der Löwenanteil aus Der Bindungsenergie (starke WW) stammt.
Ist es bei dieser Sichtweise jetzt so, dass man den Higgsmechanismus im Grunde auch weglassen könnte, und die Gesamtmasse im Universum "nur" um eben diese paar Prozent absinken würde, oder steht und fällt jegliche Masse mit dem Mechanismus und alle Masse wäre komplett 0?
Wenn man kein Higgsfeld hätte, dann wäre die im Rahmen der QCD resultierende Masse der Nukleonen und Atomkerne tatsächlich zunächst mal nur um diese paar Prozent falsch (Masse Proton knapp 1000 MeV; Masse u- und und d-Quark ein paar MeV), die der Atome nochmal um weitere Bruchteile aufgrund der Elektronenmasse (511 keV).

Aber natürlich hätte dies weitere beobachtbare Konsequenzen.

1) Zunächst mal wären alle Baryonen (Proton, Neutron, weitere) und Mesonen (Pion, weitere) entartet, d.h. hätten alle identisch die selbe Masse. Als nächstes wäre alle pseudoskalaren Mesonen (Meson-Oktett) als Goldstone-Bosonen der sponaten Brechung der chiralen Symmetrie exakt masselos, d.h. sie würden durch die QCD keine Masse erhalten; bei diesen Mesonen ist der Beitrag der Quarkmassen also nicht vernachlässigbar klein wie bei allen anderen Hadronen, sondern groß. Als direkt Folge ware die Dynamik gebundener Zustände durchaus qualitativ anders, insbs. würde m.E. die (bei tiefen Energien sehr gute) Näherung des Yukawa-Potentials und dessen Reichweite über die Pionenmasse nicht mehr funktionieren; ich denke, dass Nukleon-Formfaktoren, -Streuphasen u.a. durchaus anders aussähen.

2) Die Symmerie der elektro-schwachen Wechselwirkung ware nicht gebrochen, d.h. W- und Z-Bosonen wären masselos, die entsprechenden Reaktionen wären nicht unterdrückt. Insbs. würde m.E. der Beta-Zerfall deutlich höhere Amplituden auweisen, die Lebensdauern radioaktiver Kerne (unter beta-Zerfall) wären kürzer. Das Z-Boson würde die Rolle eines zweiten, elektrisch neutralen Photons spielen, d.h., weitere Prozesse, die heute erst im GeV-Bereich merklich beitragen, wären bereits in der Atomphysik sichtbar! Z.B. gäbe es eine Art zusätzliches Coulomb-Potential.

3) Und nicht zuletzt würden wir natürlich die direkten und indirekten Nachweise der Higgsbosonen selbst nicht mehr sehen. D.h. bestimmte Reaktionen wie wir sie heute am LHC nachweisen wären nicht existent.

Ich bin kein Experte in Phänomenologie, aber ich denke, die Welt, so wie wir sie kennen, ware ohne Higgs so nicht existent.
 

Bernhard

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aber ich denke, die Welt, so wie wir sie kennen, ware ohne Higgs so nicht existent.
Die Experimente sprechen relativ stark für diese Sichtweise. Trotzdem erinnere ich hier nochmal an den extrem unrealtistischen Vakuumerwartungswert des Higgs-Feldes. Gerade die gravitative Wirkung des Higgs scheint also noch relativ unverstanden zu sein, so dass hier noch weitere Details zu erwarten sind.
 
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