Frage zu alternativem Expansionsmodell (Was spricht dagegen)

Skorpid

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Hallo Forenmitglieder,

ich bin mir nicht ganz so sicher, ob es hier rein gehört, aber ich dachte, weil es eine abstruse Idee/Frage von mir ist, passt es am besten hier rein.
(Für die, die mich nicht kennen, ich bin (absoluter) Physiklaie und arbeite mich in die Thematik ein, stoße aber immer wieder mal an Hürden, die mich gedanklich im Kreis laufen lassen, bis mir jemand den richtigen Weg zeigt.)

Aktueller Stand (wovon ich gerade ausgehen und den ich auch logisch größtenteils nachvollziehen kann) ist, dass sich das Universum bzw. der Raum überall gleichmäßig ausdehnt. Die Rotverschiebung weit entfernter Galaxien hat also nur bedingt etwas mit dem Dopplereffekt zu tun.

Mein Gedankenspiel:
Könnte sich das Universum nicht von einem Zentrum (sagen wir mal, dem Materieurknallpunkt) her wie eine ringförmige ungebremste Welle (evtl. ungleichmäßig) ausdehnen und die Materie mit sich mitziehen? Materie die auf dem "Wellenkamm" ist, wird stärker mitgezogen und Materie die vom Wellenkamm langsam abrutscht wird immer langsamer beschleunigt, bis es irgendwann nahezu bewegungslos liegenbleibt? Man stelle sich eine hohe stabile Wassersäule voll mit Schlammwasser (als Materie) auf einer absolut ruhigen und reinen Wasserfläche stehend vor. Plötzlich wird diese Wassersäule instabil und fällt in sich zusammen und ergießt sich in die Wasserfläche, es entsteht eine Art Tsunamiwelle, die das Schlammwasser mit sich reißt. Auf ihrem Weg werden immer wieder Schlammpartikel zurückgelassen, die sich immer langsamer mit der Welle fortbewegen, die Welle wird sozusagen ausgedünnt. Wenn man jetzt annimmt, die Erde ist ein Schlammpartikel irgendwo auf halber Strecke zwischen Ursprung und der Welle, würde die Welle (respektive ferne Galaxien) sich immer schneller wegbewegen, da wir selbst langsamer werden und Materie "hinter" uns, würde auch "rotverschoben", da wir immer noch schneller sind als die Materie die näher am Ursprung ist und die Materie links und rechts von uns würde sich aufgrund der ringförmigen Struktur der Welle auch von uns entfernen.

So, das klingt sicher in Expertenohren bescheuert aber ich hoffe ich konnte (zur Sommerzeit und Strandurlaub passend) meinen Gedankengang bildlich darstellen. Ich suche jetzt nach Antworten, die gegen diese Vorstellung sprechen, damit ich diese ad acta legen kann und meinen Kopf von Gedankenmüll entlasten kann.
 

mac

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Hallo Skorpid,

wenn ich Deine Beschreibung richtig verstehe, dann ist die Schlammschicht pro Flächenelement auf der gesamten Fläche nicht zu jeder Zeit homogen und gleich ‚hoch‘, sondern nach kurzer Zeit im Zentrum weniger hoch als in der sich ausbreitenden Schlammwelle und dort wo die Schlammwelle noch nicht hingekommen ist, ist gar kein Schlamm.

So sieht das Universum aber nicht aus. Es war (auf großen Skalen) zu jeder beobachtbaren Zeit gleich dicht mit Materie gefüllt und diese Dichte wurde im Laufe der Zeit für das gesamte beobachtbare Volumen gleichmäßig geringer. (Tatsächlich beobachtbar ist, daß zum Radius einer beobachtbaren Kugelschale eine spezifische Dichte gehört und so wie die Information aus den entfernteren Kugelschalen aus einer länger vergangenen Zeit stammen, nimmt die heute beobachtbare Materiedichte des Universums mit zunehmender Entfernung (= weiter in der Vergangenheit) zu. Sie war also zu einer gegebenen Zeit nach dem Urknall überall im gesamten Volumen des beobachtbaren Universums gleich)

Aber es kann ja sein, daß ich Dein ‚Bild‘ zu wörtlich nehme? Vielleicht willst Du es ja nochmal präzisieren?

Herzliche Grüße

MAC
 

Skorpid

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Hallo Mac und andere Forenteilnehmer,

danke, dass ich noch nicht auf den Scheiterhaufen für Schwachsinnige, Hornochsen und Blinde geschleppt wurde :) (Oder ist es noch zu früh für Inquisitionswitze?)

Ich füge mal ein (extrem professionelles mit Word und Paint erstelltes) zweidimensionales Schaubild hinzu, wie meine freien Gedankenelektronen sich den Ablauf der Expansion auch vorstellen können. Die Homogenität der Dichte rührt dabei auch von dem geringen Beobachtungsraum für uns her. Ein Beobachter, der viel früher von der Expansionskurve gerutscht wäre, sähe um sich herum auch eine fast gleichförmige Expansion, nur langsamer als wir sie sehen. Und könnten wir von der Mitte her (oder wo auch immer wir gerade sind) bis zum "äußeren Rand" (was auch immer der sein mag, das Entfalten unserer Dimensionen?) der Expansion schauen, wäre da die Materiedichte expotential dünner (wenn die Materiemenge im Universum endlich ist) und würde sich viel schneller entfernen.

Hier geht's zum Bild:


(Direkt ein Bild hier anzeigen lassen geht nicht, oder?)
 
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mac

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Hallo Skorpid,

danke, dass ich noch nicht auf den Scheiterhaufen für Schwachsinnige, Hornochsen und Blinde geschleppt wurde :)
Warum sollte man? Tatsachen nicht zu kennen ist etwas ganz anderes, wie Tatsachen zu ignorieren.



(Oder ist es noch zu früh für Inquisitionswitze?)
:confused:



… zweidimensionales Schaubild…
Ich rate mal, daß Du mit 1 bis 4, verschiedene Zeitpunkte unterscheiden wolltest.

Was ich nicht verstanden habe: Warum tauschen der blaue und der grüne Punkt von 1 nach 2 und dann nochmal von 2 nach 3 ihre Positionen?

Wo sollen wir heute in Deinen Bildchen sein?



Herzliche Grüße

MAC
 

Skorpid

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Nicht schlimm, war ein unlustiger Witz


mac schrieb:
Ich rate mal, daß Du mit 1 bis 4, verschiedene Zeitpunkte unterscheiden wolltest.

Ja genau, 1 ist praktisch im Moment vor der Inflation, das ganze zu dem Zeitpunkt recht kleine Universum ist mit Energie/Plasma/was auch immer gefüllt.
Zwischen 1 und 2 hat es "Puff" gemacht und die Expansion geht los und reißt das "Urmaterie" mit sich mit. Da es in dieser Vorstellung aber ein Zentrum der Expansion gibt, ist dort die Expansionsrate gleich 0 während der äußere Rand ungebremst sich ausdehnt und die ganze Urmaterie mitreißt. Aufgrund von Effekten, über die nachzudenken ich noch nicht genug Fachwissen habe, bleibt aber immer wieder mal etwas Urmaterial hängen, rutscht sozusagen den Expansionswellenkamm herab und expandiert nicht mehr so schnell vom Zentrum aus gesehen.

mac schrieb:
Was ich nicht verstanden habe: Warum tauschen der blaue und der grüne Punkt von 1 nach 2 und dann nochmal von 2 nach 3 ihre Positionen?
Wo sollen wir heute in Deinen Bildchen sein?

Tun sie doch garnicht? Die Reihenfolge ist immer blau expandiert am schnellsten (wird sozusagen noch voll mitgezogen), dann kommt rot, dann grün.
Naja, wir könnten der rote Punkt sein. Da wir eben nicht unendlich weit ins Universum schauen können, sehen/messen wir vielleicht eine nahezu gleichförmige Expansion (bessere Messmethoden merken vielleicht irgendwann einen Unterschied?).

Wie gesagt, ich kenne grob die aktuell allgemein gültige Vorstellung der Expansion und diese leuchtet mir auch ein, aber könnte es nicht auch so sein, wie ich versuche darzustellen, dass die Expansion nicht gleichförmig abläuft oder sprechen dagegen bestimmte Beobachtungen?

In der ungleichförmigen Expansionsrate, sozusagen dem Expansionswellenmodell :D könnte es vermutlich (fällt mir gerade spontan ein) durchaus auch ein Gleichgewicht von Materie und Antimaterie geben, die Antimaterie wird vielleicht einfach nur etwas mehr von der Expansionswelle mitgezogen und befindet sich daher verhältnismäßig mehr im äußeren Bereich des Universums (ok, das führt jetzt vielleicht weg vom Thema). Ein Effekt des Expansionswellenmodells wäre es, dass ein fiktiver Blick auf das gesamte Universum zeigen würde (wenn wir davon ausgehen, dass die Materie im Universum begrenzt und nicht unendlich ist oder neu generiert wird), dass es im äußeren Bereich weniger Materie als im Inneren Richtung Expansionszentrum gibt.

Wie schon gesagt, dieser Gedankengang wird totaler Humbug sein, nur schwirren gerade meine Gedanken alle darum und es wäre schön, wenn jemand schreiben kann: "Nein, dass kann nicht sein, da wir dies und das beobachten und wir sonst das und jenes messen können müssten". Oder ist das ein Erklärungsmodell, das theoretisch möglich wäre, aber aufgrund unserer beschränkten Beobachtbarkeit des Universums nicht widerlegbar ist?

Viele Grüße und einen schönen Start ins Wochenende
 

mac

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Hallo Skorpid,

Tun sie doch garnicht? Die Reihenfolge ist immer blau expandiert am schnellsten (wird sozusagen noch voll mitgezogen), dann kommt rot, dann grün.
OK, das Durcheinander war also keine Absicht. (Du hast es offensichtlich noch gar nicht bemerkt. Kein Problem, ich wollte nur sicher sein, daß ich es richtig verstehe)



Naja, wir könnten der rote Punkt sein. Da wir eben nicht unendlich weit ins Universum schauen können, sehen/messen wir vielleicht eine nahezu gleichförmige Expansion (bessere Messmethoden merken vielleicht irgendwann einen Unterschied?).
Wir sehen den gesamten Verlauf der Expansion gleichzeitig, bis zurück zu dem Zeitpunkt/Ort wo das Universum für Licht durchsichtig wurde. Über die Zeit davor kann man, wenn man den messbaren Verlauf extrapoliert, einige weiter quantitative Aussagen machen, die sich durch Messungen überprüfen lassen. Siehe z.B. dazu: http://www.einstein-online.info/vertiefung/BBN. Durch die seit etwa 7 Milliarden Jahren wieder zunehmende Ausdehnungsgeschwindigkeit bildet sich für alle Beobachter im Universum ein von ihrem Standort aus gleich weit entfernter Ereignishorizont. Die Signale die uns von dort noch erreichen können, sind seit 13,8 Milliarden Jahren unterwegs und sind heute noch etwa 16 Milliarden Lichtjahre entfernt von uns. Ihre Quellen sind heute gut 60 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Die ältesten Photonen die uns heute erreichen und 13,8 Milliarden Jahre unterwegs zu uns waren, stammen aus einer Gegend, die heute gut 40 Milliarden Lichtjahre entfernt ist. Licht das heute in unsere Richtung aufbricht, muß von einer Quelle kommen, die heute näher ist als 16,1 Milliarden Lichtjahre, wenn es uns jemals erreichen soll.
Siehe auch: http://arxiv.org/pdf/astro-ph/0310808.pdf und http://www.astro.ucla.edu/~wright/CosmoCalc.html Hier kannst Du das z von 1,8, welches Davis und Lineweaver als heutige Entfernung für den Event-Horizon (Ereignishorizont) angeben, mit den derzeit geltenden Parametern als Entfernung ausrechnen lassen.

Wir sehen also einen beträchtlichen Teil unseres Universums schon heute und dort gibt es keinen Hinweis auf Deine Vorstellung zur Inhomogenität der Expansion. Wenn Du jenseits dieser Grenzen Vorstellungen unterbringen willst, die sich aus den möglichen Beobachtungen nicht unterscheiden lassen, dann sind diese Ideen eben nicht überprüfbar und damit sowas ähnliches wie der Glaube.



Wie gesagt, ich kenne grob die aktuell allgemein gültige Vorstellung der Expansion
OK.



und diese leuchtet mir auch ein, aber könnte es nicht auch so sein, wie ich versuche darzustellen, dass die Expansion nicht gleichförmig abläuft oder sprechen dagegen bestimmte Beobachtungen?
zu einer gegebenen Zeit war und ist die Expansionsgeschwindigkeit des beobachtbaren Universums immer und überall gleich gewesen. Die Expansionsgeschwindigkeit hat sich aber durchaus dynamisch entwickelt (überall im Universum gleichzeitig) Zunächst die Inflationsphase, dann für rund 7 Milliarden Jahre immer langsamer werdend, seit etwa 7 Milliarden Jahren wieder schneller werdend, also beschleunigt. Siehe auch: https://en.wikipedia.org/wiki/Universe#Chronology_and_the_Big_Bang



In der ungleichförmigen Expansionsrate, sozusagen dem Expansionswellenmodell :D könnte es vermutlich (fällt mir gerade spontan ein) durchaus auch ein Gleichgewicht von Materie und Antimaterie geben, die Antimaterie wird vielleicht einfach nur etwas mehr von der Expansionswelle mitgezogen und befindet sich daher verhältnismäßig mehr im äußeren Bereich des Universums (ok, das führt jetzt vielleicht weg vom Thema)
Dir fehlen Informationen um zu erkennen, daß das so nicht sein kann. Siehe dazu: http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_a04.html#antim



Ein Effekt des Expansionswellenmodells wäre es, dass ein fiktiver Blick auf das gesamte Universum zeigen würde (wenn wir davon ausgehen, dass die Materie im Universum begrenzt und nicht unendlich ist oder neu generiert wird), dass es im äußeren Bereich weniger Materie als im Inneren Richtung Expansionszentrum gibt.
ein solcher Verlauf wäre überall, nicht nur am ‚Rand‘, ist er aber nicht. Siehe dazu auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hintergrundstrahlung#Anisotropien_im_Mikrowellenhintergrund
http://www.einstein-online.info/vertiefung/kosmischerSchall
http://www.astro.ucla.edu/~wright/CMB-DT.html
http://www.astro.ucla.edu/~wright/nocenter.html

Ende Teil 1
 

mac

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Teil 2

Noch ein paar Worte zu ‚Deinem‘ Zentrum.

Es gibt im Universum kein Zentrum, auf das man mit den drei Raumkoordinaten ‚zeigen‘ könnte. Jedes Voxel (sowas wie Pixel, aber als Volumen)des Universums war und ist das Zentrum. Jedes Voxel ist vom Zentrum gleich weit entfernt.


Mit großer Vorsicht zu gebrauchende Hilfskrücke. Sie ist außer für die folgende Erklärung fast immer unbrauchbar:
Wir reduzieren die drei Dimensionen des Raumes auf zwei und stellen uns vor, daß wir und unsere Sonnensysteme und Galaxien, als Flächenlebewesen, respektive Flächen, auf der Oberfläche eines gigantischen ‚Luftballons‘ existieren. Dieser Ballon wird ‚aufgepustet‘. Was passiert? Jeder Punkt der Oberfläche entfernt sich von jedem anderen Punkt, ohne sich notwendigerweise relativ zur Oberfläche zu bewegen. Als Flächenlebewesen können wir nicht auf das Zentrum zeigen, weil für uns nur die Ebene als Richtung existiert, ‚oben‘ oder ‚unten‘ aber nicht.

Aaber wir wissen, daß jedes Pixel vom Zentrum gleich weit weg ist und daß jedes Pixel aus dem Zentrum stammt.

Ende des Vergleichs.


Wir besteigen unser fiktives Raumschiff und begeben uns ausreichend weit weg von jeder Schwerkraftquelle. Sind wir dort, öffnen wir die Schleuse und setzen eine Boje aus, die sich nun gleichförmig mit unserem Schiff mitbewegt. Wir messen mit unserer reichhaltigen Bordausstattung alle physikalischen Parameter innerhalb des Raumschiffes. (z.B. Lichtgeschwindigkeit in allen drei Raumrichtungen) und notieren diese. Anschließend beschleunigen wir das Raumschiff so lange, bis es 0,5 c schneller ist als zum Zeitpunkt des Aussetzens der ersten Boje (technisch auf un/absehbare Zeit unmöglich) wir hören auf mit Beschleunigen, gehen also in den freien Fall über und werfen einen Blick zurück auf unsere ausgesetzte Boje. Sie entfernt sich mit 0,5 c von uns. Wir setzten die nächste Boje aus. Diese entfernt sich von der ersten Boje, genau wie wir zurzeit, mit 0,5 c. Wir machen unsere Messungen und notieren diese. Nun beschleunigen wir wieder (in die gleiche Richtung wie vorher), bis wir wieder 0,5 c schneller sind als die zweite Boje. Wir gehen in den freien Fall über, machen unsere Messungen, notieren sie und messen die Geschwindigkeit zur zweiten Boje – 0,5 c und zur ersten Boje – 1c?
Nein!

Verblüffender Weise weniger als 1c, 0,8 c!

Egal wie oft wir das wiederholen, die Geschwindigkeit der ersten Boje kommt c zwar immer näher, aber bleibt immer kleiner als c. Die Signale aller ausgesetzten Bojen kommen zwar unterschiedlich rot verschoben, aber immer, jedes einzelne, mit c an. Dieselben Signale sind vorher an jeder Boje an der sie vorbei kamen von ihr aus zwar unterschiedlich rotverschoben, aber immer mit c vorbeigekommen. Und unsere Notizen zu allen gemessenen physikalischen Größen innerhalb des Raumschiffes unterscheiden sich an keinem Bojenaussetzort und zu keinem Zeitpunkt voneinander. Innerhalb des Raumschiffes können wir unsere Geschwindigkeit mit keiner Methode feststellen. Außerhalb können wir nur unsere Geschwindigkeit relativ zu den Bojen, nicht aber relativ zum Raum feststellen.

Welche Boje ruht nun im Raum und welche bewegt sich relativ zum Raum? Wie stellst Du das fest? Im Moment des Aussetzens ruhte jede Boje relativ zum Raumschiff. Jede Boje hat sich, ununterscheidbar so verhalten. Wie willst Du feststellen, wo der Raum ruht und wo nicht? Du kannst immer nur relativ zu einem Objekt feststellen wie schnell Du Dich dazu bewegst. Du kannst aber weder von Deinem Raumschiff noch von Deinen Bojen, noch von sonst irgendeinem Objekt im Universum sagen, ob es relativ zum Raum ruht. Da Du das weder entscheiden noch unterscheiden kannst (es gibt keine Möglichkeit die eigene Geschwindigkeit, relativ zum Raum zu bestimmen. Jede Messung, egal wie sie auch immer ausgestaltet wird, bringt in Deinem Raumschiff bei jeder Geschwindigkeit dieselben Resultate. Nur die Bojensignale und alle Photonen von überall, kommen zwar unterschiedlich rotverschoben, aber alle mit c vorbei.

Wozu suchst Du dann das ruhende Raumvoxel? Wenn die sich alle miteinander nicht voneinander unterscheiden, dann wäre eine solche Festlegung immer willkürlich und jedes Raumvoxel hätte das gleiche Recht sich als Zentrum zu deklarieren. (mal abgesehen davon daß Du es eben wegen dieser Eigenschaften gar nicht lokalisieren kannst, weder seinen Ort noch seine Geschwindigkeit, noch nicht mal relativ zu irgendeinem Objekt)

Für uns ist diese Vorstellung relativ fremdartig, weil wir ja von je her die ‚ruhende‘ Erde als Anker brauchten, um die Jagdgründe und nach Hause zu finden. Aber auch die Erdoberfläche ruht nicht, sie dreht sich um die Erdachse, die Erdachse ruht nicht, sie fällt um die Sonne herum, die Sonne ruht nicht, sie fällt um das galaktische Zentrum herum. Das galaktische Zentrum ruht nicht, es fällt auf Andromeda zu, oder auch ununterscheidbar umgekehrt. Es bewegt sich auch noch relativ zur Hintergrundstrahlung. Nun könntest Du auf die Idee kommen die Hintergrundstrahlung als Anker zu definieren. Das wäre zwar eine ‚demokratische‘ Entscheidung, sie würde Dir aber die Frage nach dem ruhenden Pol nach wie vor nicht beantworten.

Warum? Nun, jeder Beobachter, egal wo immer er sich im Universum befände, käme zu einem anderen Ort als Ergebnis, nämlich seinem ‚Standort‘, bereinigt um die Geschwindigkeit zur Hintergrundstrahlung und alle würden sich dabei, abhängig von ihrer Entfernung zueinander, mit unterschiedlicher Geschwindigkeit voneinander weg bewegen.

Ununterscheidbar könntest Du jede Deiner Bojen oder Dein Raumschiff oder was auch sonst Dir immer noch dazu einfällt, als den Gegenstand deklarieren, der im Raum ruht. Es gibt keine Möglichkeit, für keine von denen, zu unterscheiden wer sich bewegt und wer ruht. Die Entscheidung wäre immer willkürlich und immer falsch und immer richtig.



Alles bloße Theorie?
Falsch!
Die ersten Messungen die die von mir beschriebenen Ergebnisse hatten, waren vor der Theorie da und erzwangen erst diese Theorie.
Zu Beginn wurde sie von einigen Zeitgenossen massiv angefeindet. Solche Zeitgenossen gibt es auch heute noch, aber die verstehen inzwischen so wenig von Physik, daß sie sich nur noch lächerlich machen, auch wenn sie das selber nicht erkennen wollen/können.

Sie konnte trotz Verfeinerungen um teilweise sehr viele Größenordnungen, auch in Aspekten deren Messung damals noch völlig illusorisch war (z.B. Framedragging), immer nur bestätigt und niemals widerlegt werden. Ja, man hat bis heute keine Abweichungen gefunden, die analog zu den damals gerade erkannten Abweichungen von der newtonschen Theorie, einen Hinweis auf eine notwendige Verfeinerung der derzeit geltenden Theorien liefern würde.


Auch wenn wir kein Raumschiff auf solche Geschwindigkeiten beschleunigen können, können wir das z.B. mit Elementarteilchen in den Beschleunigern (LHC im CERN z.B.) Man kann all diese Effekte bei den unterschiedlichsten Geschwindigkeiten hoch präzise messen und hat, wie schon gesagt, bis zum heutigen Tage keinen noch so kleinen Widerspruch gefunden, zu den vor rund hundert Jahren formulierten Theorien, die eben unter Anderem die Vorstellung eines absoluten Raumes und einer absoluten Geschwindigkeit in ihre Schranken gewiesen haben - sprich, sie haben sie widerlegt.

Herzliche Grüße

MAC
 

Skorpid

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Hallo mac,

vielen Dank für die ausführliche Rückantwort und die vielen Links. Ich werde mir das ganze in den kommenden Tagen nochmals (mehrmals) zu Gemüte führen und schauen, das ich schlauer werde und nebenbei meine Fragen sachlich relevanter werden :)
 

Dgoe

Gesperrt
Hallo Mac,

vielen Dank auch von mir, als Mitleser, für die anschaulichen Worte! :)

Gruß,
Dgoe
 

Dgoe

Gesperrt
Hallo Skorpid,

hier F0o7xwH.gif (700×511) ein sehr anschaulich animiertes GIF, in Sachen Zentrum der Expansion. Das gibt es irgendwo auch interaktiv, ich konnte es nur nicht wiederfinden.

Gruß,
Dgoe
 
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void

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Hallo,

ich weiss nicht, ob es schon beantwortet wurde, aber bzgl. Mittelpunkt und Gekrümmtheit des (sichtbaren?) Universums ist mir auch etwas unklar.
Wenn das dreidimensionale Universum räumlich gekrümmt ist, analog zur zweidimensionalen Ballonoberfläche ohne Rand, dann hat es keinen Mittelpunkt, ok.

Nun meine ich aber schon öfters gelesen zu haben, das Universum sei nicht gekrümmt, sondern 'flach'. Die Analogie wäre nun nicht eine Ballonoberfläche, sondern ein ebenes Gummituch, welches in alle Richtungen der Ebene gestreckt (gezogen) würde. Dann gäbe es den Mittelpunkt doch, ausser wenn das Universum (Gummituch) unendlich groß wäre.

Kann mich jemand schlau machen?

Danke und Gruß
void
 

FrankSpecht

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Moin void,
Die Analogie wäre nun nicht eine Ballonoberfläche, sondern ein ebenes Gummituch
Doch, die Analogie zum Ballon besteht weiterhin, nur dass der Ballon sehr - wirklich sehr - viel größer ist als im Modell mit einem Luftballon.
Es ist vergleichbar damit, wie wir Menschen die Bewegungen auf der Erdoberfläche empfinden: geradlinig, also flach.

Um dieses Flachheitsproblem zu lösen, wurde u.a. eine inflationäre Ausdehnung bemüht.
Um nicht zu wiederholen, was Andere schon zu diesem Thema geäußert haben, hier nur ein paar Links dazu:
1.) Das Flachheitsproblem
2.) Kosmologie ohne Urknall?

PS: Zusammenfassend kann mal wohl sagen: Unser Universum, das mit dem Urknall entstand, ist sehr viel größer, als die Reichweite der Information, die uns mit Lichtgeschwindigkeit erreicht.
 
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TomS

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Doch, die Analogie zum Ballon besteht weiterhin, nur dass der Ballon sehr - wirklich sehr - viel größer ist als im Modell mit einem Luftballon.
Das ist so klar nicht, denn es handelt sich nicht mehr um die Frage der Geometrie, sondern der Topologie. Diese ist aus begrenzen geometrischen Informationen nicht ermittelbar. Es gibt durchaus unterschiedliche Topologien, die zutreffen könnten: R[SUP]3[/SUP], S[SUP]3[/SUP], T[SUP]3[/SUP], Poincare dodecahedral Space, Horn Space.

Man versucht, aus den Moden der kosmischen Hintergrundstrahlung auf die Topologie des Universum zurückzuschließen; das ist jedoch aufgrund der Datenqualität schwierig, sowie mathematisch überhaupt nicht eindeutig möglich (d.h. dass theoretisch zwei verschiedene Topologien das selbe Modenspektrum aufweisen können).
 
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TomS

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Allerdings war mir auch nicht bewusst, dass es so viele davon gibt :cool:
Für den Raum M[SUP]3[/SUP] gibt es abzählbar unendlich viele. Ich hatte nur die aufgezählt, die ich schon mal im Zusammenhang mit der Topologie des Universum gesehen habe.

Wenn man sinnvollerweise davon ausgeht, dass die Raumzeit die Topologie M[SUP]3[/SUP] * R hat, dann überträgt sich die Abzählung auf die Raumzeit. Dabei werden dann pathologische Raumzeiten wie der Gödel-Kosmos nicht betrachtet.
 

void

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Hallo Frank,
danke erst mal für's Antworten, naja, der Hinweis, daß das Universum größer als ein Luftballon ist, den hätte es nicht wirklich gebraucht. Ich fragte nicht, wie Menschen den Raum empfinden, sondern nach dem tatsächlichen Sachverhalt.
Eine klare Aussage, ob das Universum räumlich gekrümmt ist oder nicht (flach), der fehlt irgendwie. Was sagt die Mainstream-Physik darüber aus? Da du sagst, die Analogie stimmt, gehe ich von einem Ja aus: der Raum ist gekrümmt - nicht nur lokal wegen Masseansammlungen, sondern insgesamt - d.h. das Raum-Volumen ist endlich.

Grüße


Nachtrag:
hmm, nach Lesen von "Das Flachheitsproblem" muss ich etwas zurückrudern... also die Krümmung hat auch etwas mit der Expansion zu tun. D.h. der Begriff der "Krümmung des Raums des Universums" an sich ist nicht statisch zu sehen, sondern dynamisch?
Die Analogie mit dem Ballon gilt also nur während des Aufblasens oder Zusammenschrumpfens...? Weil ja gesagt wird, die Krümmung des Raums ist gegeben durch die Dynamik der Expansion: "Diese Raumkrümmung ergibt sich aus der Materie- und Energiedichte des Alls im Verhältnis zur Expansion." (ewige Ausdehnung = negative Krümmung, Big Crunch = positive Krümmung). Also ist eine Aussage über die Krümmng des Universums als Momentaufnahme gar nicht gültig, sondern nur in Zusammenhang mit der Expansion? Also mal wieder laienhaft gefragt: beim Betrachten eines Fotos des Ballons könnte man, bliebe man bei der Analogie, überhaupt nicht sagen, seine Oberfläche sei gekrümmt? Sondern nur, wenn man den ganzen Film sieht, oder die Expansionsrate des Ballons kennen würde?

Danke für eure Geduld, Grüße
void
 
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TomS

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Eine klare Aussage, ob das Universum räumlich gekrümmt ist oder nicht (flach), der fehlt irgendwie. Was sagt die Mainstream-Physik darüber aus?
Nach aktuellem Kenntnisstand ist das sichtbare Universum flach. Allerdings kann diese Frage für das gesamte Universum nicht endgültig beantwortet werden.

... der Raum ist gekrümmt - nicht nur lokal wegen Masseansammlungen, sondern insgesamt - d.h. das Raum-Volumen ist endlich.
Das ist zu vorschnell gedacht.

Man setzt aufgrund des Gummituchmodell oder der FRW-Modelle allzuoft Krümmung und Form gleich. Das ist i.A. nicht richtig. Ersteres ist eine lokale, geometrische Eigenschaft, letzteres eine globale, topologischen. Außerdem müssen wir natürlich unterscheiden, ob wir von einer lokalen oder einer mittleren Krümmung reden.

Gehen wir mal von einer konstanten Krümmung aus. Diese kann positiv, negativ, oder Null sein.

positive Krümmung: m.W.n. ist der Raum dann immer kompakt, also "endlich"
negative Krümmung: hier sind sowohl endliche als auch unendliche Räume möglich
verschwindende Krümmg: dito (z.B. existieren für den kompakten 3-Torus flache Geometrien)

mMn sollte man den Kontext des kosmologischen Modells (FRW mit Lamda > 0) immer explizit erwähnen, wenn man Topologie und Geometrie (Krümmung) in Bezug setzt.
 
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